Wirtschaftsförderung
Die Gemeinden haben unterm Strich immer weniger Mittel für gestalterische Ausgaben übrig, auch wenn die Prozentsätze der Budgettöpfe annähernd gleichbleiben.
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Welche Wirtschaft fördern Gemeinden?

Die eigene Wirtschaft zu fördern liegt im Interesse der öffentlichen Hand. Auf Bundesebene, auf Landesebene und auf kommunaler Ebene. Doch was genau fördern Gemeinden eigentlich? Und wohin wandert das Geld tatsächlich? Ein ernüchternder Blick auf die Details.

Wirtschaftsförderungen sind nichts anderes als ein materielles, personelles oder finanzielles Unterstützen von Vorhaben, die die Wirtschaft einer bestimmten Region oder Branche stärken sollen. Sind sie erfolgreich, so amortisieren sich die Fördermaßnahmen durch Beschäftigungszuwachs, Steuermehreinnahmen und Attraktivitätsgewinn des Standorts.

In Österreich werden Wirtschaftsförderungen von verschiedenen Stellen vergeben. Von Bundesstellen, von Landes-Förderstellen, und natürlich auch von Gemeinden. Weitere Förderungen vergeben die EU und noch einige weitere Stellen, wie beispielsweise die WKO oder das Sozialministerium. 

Wer fördert was?

Die Antwort auf diese Frage ist simpel und komplex zugleich. Sieht man sich die Bundesebene an, sind die Aufgaben recht klar zugeordnet.

  • Die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (AWS) beispielsweise unterstützt durch die Vergabe von zinsgünstigen Krediten, Zuschüssen und Garantien alle Unternehmen mit Ausnahme jener, deren Tätigkeit in den Bereich Tourismus und Freizeitwirtschaft fällt.
  • Letztere gehören dafür zur Förder-Zielgruppe der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT), die Zuschüsse und Kredite vergibt und Haftungen gegenüber Kreditinstituten übernimmt.
  • Die Kommunalkredit Public Consulting (KPC) fördert Maßnahmen, die zu einer Verringerung der Umweltbelastung führen – meist in Form von Zuschüssen. Ihre Schwerpunkte sind Energiesparen, Energieversorgung und Mobilität.
  • Und während die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) die unternehmensnahe Forschung und Entwicklung fördert, konzentriert sich
  • das AMS auf Förderungen für die Aufnahme und die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern.

Soweit zur Bundesebene.

Auf Landesebene bieten alle Bundesländer in Ergänzung zu den Bundestellen weitere Förderungen an, die entweder von der jeweiligen Landesregierung selbst oder von ausgegliederten Gesellschaften administriert werden. Die Bezeichnungen der Stellen sind unterschiedlich, so gibt es unter anderem die Steirische Wirtschaftsförderungsgesellschaft, den Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds, oder die Wirtschaftsagentur Wien. 

Großer Handlungsspielraum für Gemeinden

Auf Gemeindeebene ist die Frage, wer was fördert hingegen schwieriger zu beantworten. Tatsächlich haben Gemeinden einen großen Handlungsspielraum, auf welche Art und Weise sie die eigene Wirtschaft ankurbeln und unterstützen möchten. Einheitliche Förderprogramme oder überregionale standardisierte Programme gibt es nicht.

Die Gemeinden fördern lokal, situations- und bedarfsbedingt, flexibel, mitunter recht ideenreich und unkonventionell. Genauere Betrachtungen oder gar ein Gesamtüberblick fehlen jedoch und sind schwierig zu erlangen. Ein Versuch, sich dem Thema über eine Datenanalyse mithilfe der Zahlen der Gebarung zu nähern, kann jedoch zumindest teilweise Klarheit schaffen. Um sich in diesem Datenkonvolut zu fokussieren, sei daher explizit nicht nach dem „Wie“, sondern nach dem „Was“ gefragt: Nicht wie fördern Gemeinden, sondern was fördern sie? 

Gebarungsanalyse liefert überraschende Ergebnisse

Die Ergebnisse der Gebarungsanalyse sind teilweise überraschend und werfen neue Fragen auf. Vorweg aber noch der Hinweis: Die Datengrundlage umfasst die ordentlichen Ausgaben aller Gemeinden außer Wien.

Zu erklären, wie es um die kommunal gesteuerte Wirtschaftsförderung in Österreich bestellt ist, wäre nun ein Paradebeispiel dafür, wie man etwas in gutem oder aber in einem schlechten Licht darstellen kann.

Wirtschaftsförderung als Teil der ordentlichen Ausgaben

Positiv zeigt sich etwa die erste Grafik (siehe oben), die die absoluten Zahlen ausweist. In Euro gerechnet geben Österreichs Gemeinden von Jahr zu Jahr konstant ein bisschen mehr Geld für die Wirtschaftsförderung aus. Der gesamte untersuchte Zeitraum zeigt ein kontinuierliches Wachstum der ordentlichen Ausgaben von 2001 bis 2018.

Gute Nachrichten also für die Wirtschaftsförderung? Keineswegs, denn betrachtet man die Relation zu den anderen Ausgaben der Gemeinden stellt man schnell fest, dass diese in noch viel stärkerem Maße zunehmen, und das wiederum bedeutet, dass für die Wirtschaftsförderung von Jahr zu Jahr ein geringerer Budgetanteil für die Förderung eingesetzt wird. Dieser Anteil sank von zwei Prozent der ordentlichen Ausgaben im Jahr 2001 auf nur noch 1,4 Prozent im Jahr 2018, was einen durchschnittlichen Rückgang von 0,03 Prozent pro Jahr bedeutet.

Wirtschaftsförderung als Anteil der ordentlichen Ausgaben der Gemeinden

Bemerkenswert ist der zeitliche Verlauf der Fördervolumina

Die Gemeinden gaben von 2001 bis 2019 durchschnittlich jedes Jahr 250 Mio. Euro für die Wirtschaftsförderung aus, wobei diese Ausgaben stark von der Region abhängig sind, wie sich zeigen wird. Während bis zum Jahr 2008 ein stetiger Anstieg der Förderungen zu verzeichnen war, ging das Fördervolumen seitdem tendenziell zurück. Insbesondere in der Zeit der Wirtschaftskrise ist ein signifikanter Rückgang feststellbar.

Wirtschaftsförderung der Gemeinden

Dem Gebot, dass gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten die öffentliche Hand investieren sollte, wurde hier offenbar nicht Folge geleistet. Oder trifft es in diesem Fall gar nicht zu, und zielen die Förderungen der Gemeinden auf wirtschaftliche Umstände ab, die von der weltwirtschaftlichen Krise verhältnismäßig unabhängig sind? Auch könnte dieser rapide Rückgang nötig gewesen sein, um etwa Ausgaben für Dienstleistungen oder soziale Wohlfahrt kurzfristig erhöhen zu können.

Womöglich reicht ein genauerer Blick auf die unterschiedlichen Arten der Förderungen, um das zu verstehen. Dabei hilft, dass sich die Förderungen nach der Art des unterstützten Bereichs aufschlüsseln lassen.

Die VRV97 sieht eine Einteilung der Förderungen in sechs Abschnitte vor. Vier dieser Abschnitte sind im Untersuchungszeitraum relativ konstant: Die Grundlagenverbesserung in der Land- und Forstwirtschaft sowie sonstige Förderungen in selbiger, Förderungen in der Energiewirtschaft und die gesonderte Verwaltung. Beim Fremdenverkehr – noch mehr allerdings bei Handel, Gewerbe und Industrie – zeigen sich hingegen Fluktuationen, zuletzt in einem spürbaren Anstieg seit 2017.  

Wirtschaftsförderung nach Abschnitten der Voranschlagsgruppe

Den größten Anteil an der Wirtschaftsförderung nimmt die Förderung des Fremdenverkehrs ein – von 2001 bis 2018 zwischen 100 und 120 Mio. Euro jährlich. Das entspricht über den gesamten Zeitraum allein rund der Hälfte aller Förderausgaben. Dem Tourismus, der ohne Ausnahme die Top-Position einnimmt, folgt ebenso unangefochten auf Platz zwei die Förderung von Handel, Gewerbe und Industrie. Den kleinsten Teil stellt die Förderung der Energiewirtschaft dar, vermutlich da diese Förderungen bereits von Bund und Ländern zu einem großen Teil abgedeckt werden.

Anteil der Abschnitte an der Wirtschaftsförderung
Die Anteile der einzelnen Sektoren („Ansatzabschnitt“), die gefördert wurden, blieben die letzten 20 Jahre über weitgehend konstant.

Genauere Einblicke gewährt eine weitere Aufschlüsselung, und zwar nach Bundesländerzuordnung.

Burgenländische Gemeinden fördern am stärksten

Der Anteil der kommunalen Wirtschaftsförderung an den ordentlichen Ausgaben in den jeweiligen Bundesländer-Gemeinden beläuft sich zwischen gerade einmal 0,5 Prozent in Oberösterreich bis hin zu vier Prozent im Burgenland. In keinem Bundesland steigt der Anteil der Wirtschaftsförderung über den gesamten Zeitraum.

Wirtschaftsförderung in den Bundesländern

Auch zeigt sich, dass die Gemeinden jener Bundesländer, die vor allem Handel, Gewerbe und Industrie fördern (NÖ, OÖ, Stmk.), im Schnitt einen geringeren Anteil der gesamten ordentlichen Ausgaben in die Wirtschaftsförderung investieren, als jene Bundesländer, in denen die Gemeinden vor allem den Fremdenverkehr fördern (Ktn., Sbg., Vbg.).

Die größte Abnahme des Wirtschaftsförderungsanteils lässt sich in Kärnten erkennen. Hier fällt er von knapp vier Prozent im Jahr 2001 auf nur noch 1.5 Prozent in 2018. Den höchsten Wirtschaftsförderungsanteil an den gesamten ordentlichen Ausgaben haben die burgenländischen Gemeinden mit durchschnittlich 3,6 Prozent, wiederum über den gesamten Zeitraum betrachtet. Das Burgenland stellt ohnehin einen Spezialfall dar, da das meiste Geld für Wirtschaftsförderung zwischen 2001 und 2018 unter Grundlagenverbesserung in der Land- und Forstwirtschaft verbucht wurde.

Wirtschaftsförderung pro Bundesland

Südwest-Nordost-Tendenz in der Struktur der Wirtschaftsförderung

Noch eine Ebene tiefer, wenn man die Gemeinden nach Bezirkszugehörigkeit zusammenfasst, zeigen sich weitere Auffälligkeiten. Zum einen ist aus diesen Ergebnissen eine klare Südwest-Nordost-Tendenz in der Struktur der Wirtschaftsförderung zu erkennen.

Zum anderen wird wie schon erwähnt sichtbar, dass die Gemeinden im Südburgenland im Jahr 2018 die höchste kommunale Wirtschaftsförderung in 17 von 19 Jahren für Grundlagenverbesserung in der Land- und Forstwirtschaft vergaben. (Anm. in den beiden anderen Jahren für Förderung von Handel, Gewerbe und Industrie.) Damit stellen sie eine Besonderheit dar, denn in allen anderen Bezirken Österreichs fördern die Gemeinden entweder den Fremdenverkehr am meisten oder aber Handel/Gewerbe/Industrie. Wobei die Förderung des Fremdenverkehrs überwiegend in (Winter-)Tourismusregionen dominiert und Gewerbe-, Industrieförderung und Co. durchwegs in den restlichen Regionen.

Höchste Wirtschaftsförderung pro Bezirk

In den Landeshauptstädten dominiert die Förderung von Handel, Gewerbe und Industrie, wodurch sich eventuell ein positiver Zusammenhang zwischen Bevölkerungsgröße und dieser Förderung herstellen lassen könnte.

Wirtschaftsförderung ist meistens Tourismusförderung

Wenn man nun zur Ausgangsfrage zurückkehrt, was Österreichs Gemeinden zur Unterstützung ihrer Wirtschaft fördern, lassen sich doch anhand der Gebarungsdaten einige handfeste Aussagen treffen:

Trivial gesagt: Für halb Österreich heißt kommunale Wirtschaftsförderung in allererster Linie Tourismusförderung. Und ist es nicht in erster Linie, so ist es in zweiter.

Wenn es nicht Tourismusförderung ist, so stehen die Chancen gut, dass es sich um irgendeine Form der Unterstützung für Betriebe im Dienstleistungs- oder Produktionssektor handelt. Alle anderen Fördergebiete sind unter marginal einzustufen. 

Für Wirtschaftstreibende erfreulich: Die Gesamtsumme, die Österreichs Gemeinden in die Wirtschaftsförderung stecken, steigt in absoluten Zahlen. 
Für das Klima erfreulich: Obwohl der Anteil der Förderung äußerst gering ist, lässt sich doch eine Entwicklung weg von der Förderung von fossilen Brennstoffen und hin zu alternativen Energieträgern erkennen.

Anteil der Wirtschafsförderung am Gemeindebudget nimmt stetig ab

Ebenso Fakt: Der Anteil der Wirtschafsförderung am Gemeindebudget nimmt stetig ab. Prozentual wird auf Gemeindeebene immer weniger Geld in die Unterstützung der eigenen Wirtschaft gesteckt. 

Anteil der Wirtschaftsförderung

Ob das an einer ohnehin florierenden Wirtschaftslage bzw. erfreulicher Bettenauslastung liegt oder ob andere kommunale Aufgabengebiete noch viel dringendere Zuwendungen benötigen, sei dahingestellt. Auf eine Interpretation der Daten sei an dieser Stelle bewusst verzichtet.

Um seriöse Ableitungen anzustellen, gehört eine Vielzahl an Faktoren berücksichtigt, angefangen von den unterschiedlichen Fördermöglichkeiten auf Landesebene, die einen länderübergreifenden Vergleich – wie so oft – erschweren und verzerren. Weiters muss man abwiegen, inwieweit sich Förderungen, die unter „Fremdenverkehr“ verbucht werden, letztendlich von solchen unterscheiden, die andernorts womöglich als Unterstützung für Betriebsansiedlungen definiert werden. Letztendlich dienen die Maßnahmen in irgendeiner Form alle der Standortpolitik und werden je nach Absicht oder Blickwinkel womöglich unterschiedlich zugeordnet.    

Ernüchterndes Fazit

Ein Blick auf weitere Details der Gemeindefinanzgebarung wird vermutlich überall ein ähnliches Ergebnis bringen. Die Gemeinden haben unterm Strich immer weniger Mittel für gestalterische Ausgaben übrig, auch wenn die Prozentsätze der Budgettöpfe annähernd gleichbleiben. Und so kühn ist die Vermutung über den Grund nicht: Die Übertragung neuer Aufgaben ohne finanzielle Mittel..