Bürgermeisterin Sabine Dorner
Sabine Dorner: "Infrastruktur schaffen müssen wir sowieso. Doch eigentlich geht es um die Menschen, dass sie sich wohlfühlen. “
© Fotoatelier Fuchsluger

"Weil ich gerne unter Menschen bin"

Sabine Dorner ist seit Frühling 2018 Bürgermeisterin von Winklarn. Erfahrung in der Kommunalpolitik hat die stolze Mutter von drei Kindern allerdings schon weitaus früher zu sammeln begonnen. Mit festem Willen und großer Leidenschaft führt sie ihre Gemeinde durch eine Zeit großer Veränderungen. Ihren Bürgern bestmögliche Rahmenbedingungen zum Leben zu bieten ist ihre Pflicht, die Menschen zusammenzubringen ist ihre Kür.

Winklarn ist ein schönes Fleckchen Erde. Die prosperierende Gemeinde im westlichen Niederösterreich grenzt an die Bezirkshauptstadt Amstetten und kann mit ländlicher Idylle aufwarten. Trotz ihrer ruralen Strukturen ist die Gemeinde seit einigen Jahren eine Zuzugsgemeinde, und damit stellt sie die Bürgermeisterin vor Herausforderungen, die in Winklarn lange Zeit kein Thema waren.  

Von der „Zuagroasten“ zur Gemeindechefin

Diese Bürgermeisterin ist Sabine Dorner. Die 47-Jährige ist selbst eine „Zuagroaste“. Ursprünglich aus Krummnußbaum, kam sie vor 24 Jahren der Liebe wegen nach Winklarn und ist geblieben. Gerne erinnert sie sich an die Zeit zurück, als sie in ihrer neuen Heimat begonnen hat Fuß zu fassen. Die Einheimischen begegneten ihr offen, und wie man in den Wald hinein ruft, so kommt es zurück.

„Als ich gefragt wurde, ob ich einen Kuchen für den Pfarrkaffee machen könnte, hab’ ich natürlich ja gesagt. Das ist doch das Geringste, denn selbst hinstellen konnte ich mich eh nicht“, erzählt sie. Das war gerade jene Zeit, in der ihre Kinder zur Welt kamen und als Jungmutter ist man ziemlich gefordert.

Heute sind ihre drei Kinder erwachsen. Die Älteste hat Logistik und Transportmanagement studiert und spielt bei den Vienna Vikings Flag Football (die darin übrigens 2017 Europameister wurden). Der Jüngste ist ein Sonntagskind, tritt beruflich in die Fußstapfen des Vaters und spielt bei den Bundesligaaufsteigern aus Amstetten American Football. Und dann gibt es noch die Tochter dazwischen. Sie war eine Frühgeburt, der die Ärzte eine äußerst negative Prognose gestellt haben. Doch an die hat Dorner nie geglaubt.

Von klein auf hat ihr Vater sie gelehrt: „Wenn du an etwas glaubst, kannst du Berge versetzen!“ Und Dorner hat geglaubt: „Wenn ich alles gebe und tue, dann wird es so, wie ich es mir vorstelle. Ich hatte den festen Glauben, meine Tochter schafft das! Und sie hat es ins Leben geschafft. Sie hatte bereits 13 Operationen, doch mittlerweile ist sie 22 Jahre alt und steht im Berufsleben wie jeder andere Mensch auch.“ sieht sich Dorner bestätigt. „Oft glaubt man, jetzt geht es vor einem nur bergab, doch das darf man einfach nicht sehen. Es ist immer wichtig nach vorne zu schauen und nicht nach unten.“ Diese Einstellung begleitet Dorner ihr ganzes Leben und wird auch ihre Entscheidungen als Bürgermeisterin beeinflussen. Dorner machte viele Erfahrungen, die ihr Leben verändert, aber auch geprägt haben.

Post-Job war mit drei Kindern nicht mehr machbar

Vor dem Gemeindedienst hat sie viele Jahre bei der Post gearbeitet, mit großem Einsatz und Herz. Nachdem ihr Jüngster in den Kindergarten gekommen ist hat sie versucht, diese Arbeit wieder aufzunehmen. Doch einen 20-Stunden-Job zu bekommen war bei der Post ein Ding der Unmöglichkeit. Nachmittagsdienste standen auf der Tagesordnung. Nachmittagsbetreuung für die Kinder hingegen gab es kaum. Dorners Mutter und Schwiegermutter sprangen ein, doch Dauerlösung war das keine.

„Ich habe daher schweren Herzens gekündigt, immerhin war ich ja Beamtin.“ Als eine Stützkraft im nahegelegenen Kindergarten gesucht wurde, ergriff sie die Gelegenheit. „Und dann ist eine 20-Stunden-Stelle im Gemeindeamt frei geworden. Da hab ich überhaupt nicht überlegt. Das war optimal - 20 Stunden mit drei Kindern.“

Guter Start in die Politik

Ihre politische Laufbahn begann Dorner erst später, „als mich der Bürgermeister im Jahr 2005 angesprochen hat, ob ich in der Gemeinde mitarbeiten möchte. Nachdem meine Kinder zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Gröbsten heraus waren, war für mich klar, das ist jetzt die Chance, mehr in das Gemeindegeschehen hineinzukommen  und vor allem auch etwas bewegen zu können.“

Übrigens war schon ihr Vater Gemeinderat, „und irgendwo bin ich dadurch schon ein bisschen geprägt worden“, gesteht sie schmunzelnd.

So gut Dorner damals bei ihrem Zuzug nach Winklarn aufgenommen wurde, so gut war auch der Start in die Politik. „In der Zeit habe ich gesehen, die Menschen sind bereit, dir etwas anzuvertrauen, dir zu sagen ,Könn‘t ma nicht machen?‘ oder ,Machen wir!‘. Sie geben dir Ideen, sie geben dir Vorschläge und sie sprechen dir ab und zu ein Lob aus.“

Nachmittagsbetreuung durchgesetzt

Seit 2008 gibt es nun in Winklarn eine Nachmittagsbetreuung im Kindergarten. Kurz darauf ist auch die Nachmittagsbetreuung in der Volksschule eingeführt worden. Das wird sehr gut angenommen, geschätzt und ist mit ein Grund, warum viele junge Leute zuziehen. „Die Leute schauen sich vorher sehr genau an, welche Infrastruktur es gibt und wie es mit Kinderbetreuung aussieht. Meist haben sie nicht die Möglichkeit, auf Großeltern zurückzugreifen, noch dazu ist es in der heutigen Zeit überhaupt so, dass diese oft selbst noch im Arbeitsleben stehen“, erklärt Dorner.

Winklarn
Der Ortskern von Winklarn

Ein Herz fürs Zwischenmenschliche

Das Zwischenmenschliche, die Gemeinschaft und das soziale Miteinander in der Gemeinde sind für Sabine Dorner eine Herzensangelegenheit. Im Jahr 2013 wurde sie Vizebürgermeisterin und übernahm den Ausschuss für Kultur, Vereine, Familien und Soziales. Größtes und Dauerthema in einem: der permanente Platzmangel.

„Durch den starken Zuzug in Winklarn sind unsere Räumlichkeiten immer wieder zu klein geworden. Der Grundsatz für mich, wie auch schon für meinen Vorgänger aber war, dass alle Kinder hier eine Betreuung finden und auch hier in unsere Bildungseinrichtungen gehen können. Wir arbeiten permanent daran, zeitgerecht genug Platz zu schaffen.“

Architektenwettbewerb für Megaprojekt

Doch warum ist Winklarn eigentlich eine so starke Zuwanderungsgemeinde?

Dorner weiß es: „Wir hatten lange Zeit überhaupt keinen Baugrund. Die Baulandreserven sind in privater Hand, und deren Besitzer haben nicht verkauft. 2010 hat sich dann ein Megaprojekt ergeben, nachdem ein Landwirt acht Hektar Ackerfläche im Ortsteil Hart verkauft hat, in dem die meisten Gemeindebürger von Winklarn wohnen und der direkt an Amstetten grenzt – mittendrin also. Mit Hilfe eines Architektenwettbewerbs haben wir eine optimale Bebauung geplant, und mittlerweile sind 150 neue Wohneinheiten geschaffen. Wir sind aber eigentlich noch mittendrin und wachsen sukzessive.“ 

Hinzu kommt die gute Lage. Zu Fuß ist man in 20 Minuten in Amstetten, mit dem Fahrrad in zehn Minuten am Bahnhof.  Auch auf der Autobahn ist man ganz schnell. Trotz all dem ist Winklarn eine Landgemeinde, direkt an der Grenze der Bezirksstadt mit eigener Volksschule und eigenem Kindergarten. Das schätzen Jungfamilien.

Veranstaltungen verbessern Integration

Da aber jede Medaille zwei Seiten hat, weiß Sabine Dorner, dass das schnelle Wachstum und die Nähe zu Amstetten Vor- und Nachteile mit sich bringt: „Es ist schwierig, diese Menschen zu integrieren. Ein Großteil von ihnen kommt aus Amstetten, hat dort viele Bekannte und seine gewohnten Gesellschaftskreise. Deshalb müssen wir immer Aktivitäten setzen, Projekte schaffen,  Veranstaltungen, mit denen wir gezielt diese Gruppen ansprechen, damit sie sich auch bei uns integrieren und mitmachen. Das ist wirklich harte Arbeit.“

Doch darin haben die Winklarner Übung, und einen bewährten Trick. So wurden heuer die 30. Winklarner Ferienspiele gefeiert. Sie bestehen aus rund 25 Veranstaltungen, ausgerichtet von Organisationen, Vereinen, Privaten, der Pfarre - in Dorners Worten kurz gesagt: „Da veranstaltet jeder!“ Und genau das ist auch der Trick. Nicht nur als Besucher Kontakte zu knüpfen, sondern auch als Ausrichter. „Vereine machen genauso mit wie Senioren, und jeder spricht andere Kreise an. Da gibt es Landwirte, die einen Tag der offenen Tür machen, oder ein Kinderfest. So durchmischt es sich. Als Gemeinde könnte ich das nie so veranstalten. Es gibt Kinderwagenwallfahrten, oder rollstuhltaugliche Wanderungen im Gemeindegebiet, damit jeder die Chance hat mitzukommen“, freut sich Dorner, und man merkt ihr an, wie wichtig ihr diese Entwicklung ist.  

Bauausschuss statt Soziales und Familien

Ende April dieses Jahres wurde sie schließlich Bürgermeisterin.  Den Ausschuss für Soziales und Familie musste sie schweren Herzens abgeben, stattdessen übernahm sie den Vorsitz im Bauausschuss. Warum? „Bauausschuss und Finanzausschuss sind einer, und der Bürgermeister muss mit den Finanzen beschäftigt sein. Mein Vorgänger war auch Obmann dieses Ausschusses und mir wurde nahegelegt, das selbst zu machen. Deshalb der Wechsel.“ Die Wehmut in Dorners Stimme ist unüberhörbar.

Als Bürgermeisterin liegen aber noch viele andere Aufgaben vor ihr. Auch weil sie Arbeitskreisleiterin der Gesunden Gemeinde ist, ist Prävention für sie das Schlagwort. Jüngst wurde ein Generationenspielplatz geschaffen, der Jung und Alt fit halten soll. Der neue Kindergarten und das Betreute Wohnen, das die älteren Bürger im Ort halten kann, wird nebeneinander und in Gehweite (alles binnen 5000 m²) gelegt.  

Der Familienausschuss bleibt aber weiterhin Dorners Sehnsucht: „Irgendwann möchte ich da wieder hin, denn das ist der Ausschuss, der am meisten gibt. Da kannst du mit den Leuten reden, und bist viel näher bei ihren Anliegen. Das ist das, weshalb ich Bürgermeisterin geworden bin. Weil ich gerne mit Menschen zusammenarbeite, weil ich gerne unter Menschen bin, weil ich gerne zuhöre, und weil ich ihre Ideen einbringen und teilweise auch umsetzen kann.“

Besonders freut sich Dorner auf Weihnachten: „Wir gehen zu allen Gemeindebürgerinnen und -bürgern über 80 und bringen ihnen ein kleines Weihnachtspräsent. Wir reden mit ihnen, und dafür sind sie unglaublich dankbar. Das sind die Dinge, die das Bürgermeisteramt positiv mit sich bringt. Infrastruktur schaffen müssen wir sowieso. Doch eigentlich geht es um die Menschen, dass sie sich wohlfühlen.“ 

Sabine Dorner

Alter: 47

Gemeinde: Winklarn

Einwohnerzahl: 1.683 (1. Jänner 2018)

Bürgermeisterin seit: 3. Mai 2018

Partei: ÖVP