Tafel "LANDARZT GESUCHT!"
Im ländlichen Raum ist die Versorgung mit niedergelassenen Kassenärzten in akuter Gefahr.
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Programm für „Sichere Gesundheit im ländlichen Raum“

27. Oktober 2020
Niederösterreich hat ein Acht-Punkte-Programm vorgestellt, mit dem man die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen sicherstellen will. Als größte Handlungsfelder sieht man die bevorstehende Pensionierungswelle von niedergelassenen Ärzten, das Fehlen von Kassenärzten, den Trend zum Wahlarzt sowie die veränderten Erwartungen von Jungmedizinern. Um dagegenzuwirken brauche es die gezielte Zusammenarbeit mit Ärztekammer, Österreichischer Gesundheitskasse und dem Gesundheitsministerium.

Ein engmaschiges Netz an niedergelassenen Kassenärzten in ganz Österreich ist einer der wesentlichsten Grundpfeiler des heimischen Gesundheitssystems. Gerade im ländlichen Raum ist diese Versorgung bereits auf die Probe gestellt und in akuter Gefahr. Aktuell sind 35 Kassenstellen für Allgemeinmediziner und 22 Facharztstellen in Niederösterreich unbesetzt.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: „Unser Anspruch im Land muss sein, die beste Gesundheitsversorgung von der Geburt bis in das hohe Alter sicherzustellen. Das betrifft sowohl den stationären als auch den niedergelassenen Bereich. Im stationären Bereich haben wir uns mit der Gründung der Landesgesundheitsagentur bereits zukunftsfit aufgestellt, wo Kliniken und Pflege- und Betreuungszentren unter einem gemeinsamen Bereich geplant und gesteuert werden. Besonders im niedergelassenen Bereich und in den ländlichen Regionen gibt es aber große Herausforderungen, auf die es konkrete Antworten braucht.“

Folgende acht Punkte seien daher rasch zu lösen:

  • Erstens gehe es darum, mehr Medizin-Studienplätze zur Verfügung zu stellen, so wie es auch im Regierungsprogramm des Bundes verankert ist. Der hohe Anteil international Studierender und die kommende Pensionierungswelle im niedergelassenen Bereich verlange eine rasche Erhöhung der Studienplätze.
  • Als zweiten Punkt fordert die Landeshauptfrau eine Aufwertung der „Allgemeinmedizin“. Die Ausbildungsinhalte im Rahmen des Studiums müssen viel stärker den Bereich „Allgemeinmedizin im ländlichen Raum“ beinhalten. Darüber hinaus soll die Allgemeinmedizin zukünftig dem Facharzt gleichgestellt werden. Bei der Zulassung zum Studium und den damit verbundenen Aufnahmetests müsse auch die soziale Kompetenz ein wichtigeres Kriterium werden. Der aktuelle Aufnahmetest selektiert beinhart „High Potentials“. Zahlreichen jungen Menschen, die in ihren Heimatregionen als Mediziner tätig werden wollen, wird dadurch ein Zukunftstraum verwehrt.
  • Als dritten Punkt führt Mikl-Leitner die Landarztquote bei Studienplätzen an. Nach dem Vorbild von Bayern solle ein Teil der Studienplätze für Studierende reserviert sein, die sich in Folge verpflichten, mindestens fünf Jahre in einer Bedarfsregion tätig zu sein.
  • Ein weiterer Ansatzpunkt liege etwa bei Landarzt-Stipendien. Studierende, die sich dazu verpflichten, nach der Universitätsausbildung in einer Bedarfsregion tätig zu sein, sollen mit einem eigenen Landarzt-Stipendium unterstützt werden.
  • Fünftens gehe es um die Sicherstellung der Versorgung mit Kassenärzten. Die Österreichische Gesundheitskasse und Ärztekammer müssen ein Konzept vorlegen, um die Versorgung mit Kassenärzten im ländlichen Raum zu sichern. Sollten offene Stellen nicht binnen Jahresfrist besetzt werden, müssen zur Überbrückung Hilfssysteme eingerichtet werden. Zum Beispiel direkte Verrechnungsstellen mit Klinikbetreibern oder die Forcierung mobiler Ordinationen.
  • Als sechsten Punkt brauche es weiters eine Niederlassungs-Förderung. Nach internationalen Vorbildern solle es eine Unterstützung für die Niederlassung in einer Bedarfsregion in der Höhe von 60.000 Euro durch die ÖGK geben, die Gründung einer Filialpraxis mit 15.000 Euro gefördert werden.
  • Siebtens verlangt Mikl-Leitner, dass unbesetzte Kassenstellen der ÖGK in Zukunft keine finanziellen Vorteile mehr bringen. Die ersparten Mittel durch unbesetzte Kassenstellen sollen direkt in einen Länder-Fonds zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum fließen.
  • Anreize für Gesundheitszentren sieht Mikl-Leitner als achten Punkt. Denn Kassenärzte bräuchten Anreize, um sich dieser modernen Versorgungsform anzuschließen. Die Trägerschaft für Gesundheitszentren solle dazu erleichtert werden.

„Eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik muss jetzt in der Gegenwart die richtigen Entscheidungen treffen, damit wir in Österreich auch morgen über eine erstklassige, sichere Gesundheitsversorgung - egal ob in der Stadt oder am Land – verfügen“, appelliert Mikl-Leitner.