Katharina Wöß-Krall
„Ärztin zu werden, hat mich überhaupt nicht interessiert.“ Katharina Wöß-Krall zur Familientradition
© Marktgemeinde Rankweil

Ortschefin statt Notarin

Katharina Wöß-Krall hat eine illustre Karriere vorzuweisen. Während des Studiums arbeitet sie als Skilehrerin und ist auf dem besten Weg, Notarin zu werden. Dann kommt der Quereinstieg in die Kommunalpolitik. Heute ist sie Bürgermeisterin von Rankweil und dankbar für das ungewöhnlich gute Klima in der Gemeindevertretung.

Rankweil
Rankweil von Osten: 70 Prozent des Gemeindegebiets entfallen auf das flache Rheintal. Die Bergkette gegenüber befindet sich bereits in der Schweiz. Foto: Zairon

Rankweil ist eine der westlichsten Gemeinden Österreichs (und befindet sich somit naturgemäß in Vorarlberg). Genauer gesagt liegt es im dicht besiedelten Rheintal, im Zentrum der Region Vorderland. Rankweil ist als beliebter Ort zum Leben und Arbeiten und für sein reiches Freizeit- und Kulturangebot überregional bekannt. Dennoch ist der Wallfahrtsort keine Stadt, sondern mit seinen rund 12.000 Einwohnern eine Marktgemeinde. In ihrem Selbstverständnis sehen sich viele Rankweiler trotzdem eher als große Dorfgemeinschaft. Eben auf dieses gute Miteinander setzt auch Bürgermeisterin Katharina Wöß-Krall den Fokus ihrer Arbeit.

Vor mittlerweile zwei Jahren trat sie das Amt an. Die Gemeindepolitik kannte sie zu diesem Zeitpunkt schon bestens, da sie bereits seit 2010 als Vizebürgermeisterin arbeitete. Damals kam sie als Quereinsteigerin direkt in diese Position. Dabei hatte Wöß-Krall mit Parteipolitik zuvor eigentlich nichts am Hut- mit gesellschaftlichem Engagement und dem Ein- und Aufstehen für andere Menschen allerdings schon. Doch der Reihe nach. 

Die junge Katharina wird in den späten Siebzigerjahren in eine Rankweiler Ärztefamilie geboren, wie sie ärztlicher nicht sein könnte. Schon der Großvater war Arzt, und zwar Gemeindearzt. Genauso Katharinas Vater.

„Er war durch seine Aufgabe als Gemeindearzt sehr bekannt und auch sehr beliebt. Das hat mir wahrscheinlich auch für meinen jetzigen Beruf geholfen“, meint sie rückblickend.

Auch konnte sie durch ihren Vater bereits ein bisschen Politikluft schnuppern, denn Peter Wöß war über 25 Jahre Präsident der Ärztekammer in Vorarlberg. „Da habe ich schon von klein auf mitbekommen, wie das in der Politik läuft.“

Wöß-Krall engagiert sich in der Schülervertretung und wird Schulsprecher-Stellvertreterin. Im Gegensatz zu ihrer Schwester, die heute Vaters Praxis führt, interessiert sich Katharina Wöß-Krall überhaupt nicht für Medizin. Stattdessen beginnt sie in Innsbruck Jus zu studieren und sich in der Fachschaft als Studentenvertreterin zu engagieren. Ihr Einkommen bestreitet sie in dieser Zeit vor allem als Ski- und Snowboardlehrerin: „Ich war jeden Februar und immer zu den Weihnachtsferien im Montafon drinnen.“

Nachdem Wöß-Krall ihr Studium und das anschließende Gerichtsjahr in Feldkirch erfolgreich absolviert hat, bekommt sie die Gelegenheit, als Notariatskandidatin, zu arbeiten und ergreift sie. Während ihrer Ausbildung keimt in ihr der Wunsch, in der Gemeinde mitzureden und mitzugestalten.

„So hat es sich ergeben, dass ich bei den Wahlen 2010 kandidiert habe“, erinnert sich Wöß-Krall. Sie legt zwar noch die Notariatsprüfungen ab, aber „nach der Geburt meines ersten Sohnes bin ich zu Hause geblieben und hatte nebenbei als Vizebürgermeisterin mit den Ausschusstätigkeiten meine Abwechslung“, lacht sie.

Von „nebenbei“ kann heute keine Rede mehr sein

Das Bürgermeisterinnenamt ist ein Vollzeit-Job. Als ihr Vorgänger sich relativ kurzfristig zurückzog, war es für Wöß-Krall daher „nicht gleich ganz so klar, dass ich das Amt übernehme, weil ich noch drei kleine Kinder hatte. Die Jüngste war gerade mal ein Jahr alt. Wir haben uns aber schließlich getraut, das Amt anzutreten. Und ich sage bewusst ,wir‘, denn ohne die Unterstützung meiner Familie würde das nicht gehen. Insbesondere mein Mann ist beruflich zurückgetreten und jetzt mehr oder weniger zu Hause bei den Kindern.“

Lange Jahre leitete Wöß-Krall den Ausschuss für Gesellschaft und Soziales. „Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen, dennoch habe ich es im Herbst abgegeben. Ich hätte es gerne noch weiter gemacht, aber irgendwann merkt man: Alles ist nicht möglich.“

Beim baldigen Start zur Ausarbeitung eines neuen Sozialleitbilds („weil unseres mittlerweile auch schon zehn Jahre alt ist“) will sich Wöß-Krall wieder stärker einbringen. Zu tun gibt es aber auch so schon genug für sie. Ein großes Thema ist beispielsweise die Energieeffizienz: „Wir haben ein neues Bürgerbeteiligungsmodell mit einer PV-Anlage etabliert. Zudem überprüfen wir, welche gemeindeeigenen Gebäude noch für Photovoltaik in Frage kommen. Einige, wie unser Sozialzentrum zum Beispiel, haben das bereits.“

Ortskern-Entwicklungsprozess

Wichtig ist der Bürgermeisterin auch die Belebung des Ortszentrums. „Im Zuge eines Ortskern-Entwicklungsprozesses wurde eine Reihe an Maßnahmen erarbeitet, die jetzt beschlossen werden sollen.“ Eigentlich ist Rankweil mit einem ganz besonderen Ortskern gesegnet. Im Mittelpunkt liegt der Liebfrauenberg, auf dessen Felsen sich weithin sichtbar die Pfarr- und Wallfahrtskirche befindet, die vom Papst in den Rang einer Basilica minor erhoben wurde.

Um den Berg herum führt die Ringstraße und diese ist beim Dauerthema in Rankweil, der Verkehrssituation, das besondere Sorgenkind.

Rankweil von oben
Das Zentrum von Rankweil aus der Vogelperspektive. Gut zu erkennen ist der Liebfrauenberg in der Bildmitte samt der umlaufenden Ringstraße, die als verkehrstechnisches Sorgenkind gilt. Foto: Robert Knecht 

„Die Ringstraße ist eine Landesstraße und eine Durchzugsstraße. Wir werden also den Verkehr nie ganz wegbringen. Daher heißt es zu überlegen, wie man ihn möglichst erträglich machen kann. Wir sind jetzt schon einen Schritt weitergekommen, nachdem wir vor einem Jahr einen Bürgerbeteiligungsprozess über die Ortskern-Entwicklung gestartet haben, bei dem die Ringstraße ein eigenes Thema war. Unser großer Wunsch wäre, dass sie eine Begegnungszone wird. Das hängt aber auch stark vom Land ab. Mittlerweile hat aber auch das Land in das Budget aufgenommen, dass die Straße gestalterisch verändert werden soll. Runter mit dem Tempo, dafür rauf mit der Attraktivität“, erklärt die Bürgermeisterin.

Kirche Rankweil
Die Pfarr- und Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau Mariä Heimsuchung und 
Loretokapelle – oder einfach kurz und bündig Basilika Rankweil – wurde 1985 zur Basilica minor erhoben. Foto: Boehinger Friedrich (Fred)

Umstieg auf Fahrrad wird forciert

Der Verkehr ist generell ein Thema in der Region. Die Region Vorderland-Feldkirch ist mit 65.000 Einwohnern recht dicht besiedelt und „wir haben einige sehr große Unternehmen in Rankweil und viele Arbeitseinpendler“, erklärt Wöß-Krall und nennt als größte Betriebe die Firma Rauch (Fruchtsäfte) und den Autozulieferer Hirschmann.

„Allerdings haben die Analysen gezeigt, dass es nicht nur den Durchzugsverkehr, sondern auch sehr viel eigenverursachten Ziel- und Quellverkehr innerorts gibt. Viele nehmen aus Bequemlichkeit das Auto. Daher haben wir eine Mobilitätskampagne gestartet, die das Umsteigen auf das Fahrrad forcieren soll. Wir wollen das Zentrum auch für die Fahrradfahrer und Fußgänger attraktiver gestalten, sodass man auf Kurzstrecken nicht mehr das Auto verwendet“, schildert Wöß-Krall.

Auszeichnung als familienfreundlichste Gemeinde Vorarlbergs

Ein wieder aufblühender Ortskern wäre ein Lückenschluss in der über weite Strecken hervorragend aufgestellten Gemeinde. Letztes Jahr wurde Rankweil etwa als familienfreundlichste Gemeinde Vorarlbergs ausgezeichnet.

„Eine querdurch attraktive Wohngemeinde für Jung und Alt“, beschreibt Wöß-Krall die Vorzüge ihres Heimatorts. Von den Kleinsten bis zu den Senioren gibt es ein breites Angebot für alle und Arbeitsplätze sind ebenfalls keine Mangelware.

Bleibt nur der Ortskern: „Es haben einige kleine, alte Betriebe geschlossen, wir haben einige Leerstände und uns fehlt ein Nahversorger“, benennt Wöß-Krall die Schwachstellen unverblümt. Die Chancen stehen in Rankweil allerdings gar nicht schlecht, dass auch diese Herausforderungen bewältigt werden, denn in der Gemeindevertretung herrscht ein gutes Klima. Bei ihrer Wahl zur Bürgermeisterin durch die Gemeindevertretung erhielt sie keine einzige Gegenstimme, bei der Gemeinderatswahl im Herbst stimmte nur jeder fünfte Rankweiler nicht für Wöß-Krall. Sie weiß, dass das bemerkenswert gute und konstruktive Klima auch sehr personenabhängig ist und sich irgendwann einmal ändern könnte.

Rankweil
Am Marktplatz finden neben dem Wochenmarkt zahlreiche Veranstaltungen statt. Im Bild der Rankweiler Sommer mit Filmen unter Sternen. Foto: Dietmar Mathis

Wenn es ihr aber auch weiterhin so viel Spaß macht, kann sich Wöß-Krall das Amt auch für längere Zeit vorstellen, vorausgesetzt, die Wähler wollen das auch. Bereut hat sie bis jetzt jedenfalls noch keine Entscheidung: „Ich treffe die Entscheidungen nicht leichtfertig und wenn es um größere Sachen geht, hole ich mir Meinungen ein und berate mich mit dem Team.“ 

Zur Person

Katharina Wöss-Krall

Alter: 44

Gemeinde: Rankweil

Einwohnerzahl: 11.928 (2020)

Bürgermeisterin seit: 29. April 2020

Partei: ÖVP