Ursula Frohner, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes, Peter McDonald, Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Clemens Martin Auer, Sektionsleiter im Gesundheitsministerium, Karl Forstner, Vizepräsident der Ärztekammer, Max Wellan, Präsident der Apothekerkammer und Gerald Bachinger, Sprecher der PatientenanwältInnen, diskutierten das Thema „Gesundheit“.

Neuausrichtung der Primärversorgung

17. September 2015
Die Spitzen der Gesundheitsinstitutionen in Österreich sind sich einig über den notwendigen Wandel, aber uneins über dessen Ausgestaltung.





Bachinger richtete einen Appell an die Bürgermeister Österreichs. Sie mögen eine Resolution verabschieden, die die Umsetzung des bereits im Juni beschlossenen „Konzepts zur multiprofessionellen und interdisziplinären Primärversorgung in Österreich“ zum Ziel habe. Dieses sei inhaltlich hervorragend, laufe aber Gefahr, niemals umgesetzt zu werden.



McDonald wünscht sich mehr Präventionsarbeit, denn „bei Reperaturmedizin sind wir in Österreich sehr gut aufgestellt“. Mit seinem Ziel, die durchschnittliche Gesundheitsdauer zu erhöhen, stimmte Ursula Frohner (Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes) überein. Darüber hinaus fordert sie die (Wieder-)Einführung der „Gemeindeschwester“ in modernisierter Form.



Von Seiten der Ärztekammer und des Bundesministeriums kam der Rat an die Gemeinden, gute Bedingungen für Gruppenpraxen zu schaffen. Diese, gemeinsam mit Erstversorgungszentren, würden die klassischen Einzelpraxen ablösen.



„Die Einzelordination am Land ist kein guter Business Case mehr“, sagt der Sektionsleiter im BM für Gesundheit Clemens Auer. Die Wohnort- und Bürgernähe sowie die Qualität stehen in einem Spannungsverhältnis. Nicht jede Ortschaft benötige einen eigenen Arzt. Auer kann sich die reine Einzelordination in 20 Jahren nicht mehr vorstellen. Stattdessen werde es Versorgungszentren geben. Schon jetzt gäbe es das Problem der fehlgeleiteten Patientenströme, das darin begründet liegt, dass die Patienten selbst lieber im Sinne eines One-Stop-Shops eine Krankenhausambulanz aufsuchen, selbst wenn sie dort stundenlang warten müssen, dafür aber das Gefühl haben, dort eine Konzentration an Profis vorzufinden. Auer ist der Meinung, dass die Hausärzte nicht erkennen, dass die Kunden an ihnen vorbeilaufen und zu anderen Dienstleistern gehen. Auch deshalb, da man bei Ambulanzen vierundzwanzig Stunden am Tag, an sieben Tagen in der Woche jemanden antreffe, während ein praktischer Arzt zu unregelmäßigen Tageszeiten nur 20 Stunden pro Woche erreichbar sei. Ein Wandel in der Ärztelandschaft könnte sich zudem schneller vollziehen, da knapp die Hälfte aller praktischen Ärzte in Österreich schon über 55 Jahre alt sind.