Migrationsmanagement: Vorbild Italien

Wer hätte das gedacht: Ein vom Österreichischen Gemeindebund organisiertes Netzwerktreffen der europäischen Gemeindeverbände zum Thema Migration und Flüchtlingskrise förderte zutage, dass Italien bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme vorbildhaft agiert.

Zwar wurde eingeräumt, dass die bekannten Bilder aus den staatlichen Erstaufnahmezentren durchaus der Realität entsprechen, andererseits werden Flüchtlinge nach Einleitung des Asylverfahrens in möglichst kleinen Einheiten untergebracht.



Leonardo Domenici, Präsident des italienischen Kommunalverbandes ANCI, wies darauf hin, dass bereits vor über zehn Jahren ein Paradigmenwechsel stattfand: Anstatt Migrationsmanagement im Krisenmodus zu betreiben, wurde im Jahr 2002 ein System etabliert, das in enger Kooperation zwischen Zentralregierung, Regionen, Kommunen und NGOs eine gerechte Aufteilung von Asylwerbern zum Ziel hat. SPRAR (Sistema die Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati) finanziert maßgeschneiderte Projekte von Gemeinden, Gemeindeverbänden oder Provinzen. Der Gemeindeverband ANCI ist stark involviert und sorgt für die nötige Information der Kommunen. Die Zentralregierung stellt einen Fördertopf zur Verfügung, der 95 Prozent der kommunalen Projektkosten für die Aufnahme und Integration von Hilfesuchenden finanziert. Das heißt, Kommunen können so die Zahl der Aufzunehmenden, aber auch die lokalen Hilfsangebote beeinflussen und vorhandene Ressourcen optimal nutzen.



Es ist also nicht nur für die Unterbringung zu sorgen, Projektanträge müssen Integrationskonzepte enthalten, die vor allem darauf abzielen, die soziale Integration und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Antragsteller zu fördern. Projekte umfassen daher soziale und rechtliche Unterstützung, Sprachkurse und Bildungsangebote, Praktika, multikulturelle Aktivitäten und Ähnliches.



In Anbetracht des jüngsten Anstiegs der Flüchtlingszahlen wurde der Fördertopf für die Jahre 2014 bis 2016 deutlich aufgestockt. Gab es im Jahr 2013 12.631 Plätze, standen 2014 bereits 22.961 Unterkünfte zur Verfügung. Die Ausschreibung für 2016/2017 soll weitere 10.000 Plätze schaffen. Denn die Zahlen zeigen deutlich, dass auch in Italien ein Großteil der Asylwerber in staatlichen Einrichtungen unterkommt, das SPRAR-Projekt trägt zur Unterbringung und Versorgung von rund 26 Prozent der Hilfesuchenden bei.



Da aber auch das italienische Innenministerium eigenmächtig Plätze schaffen kann, versucht ANCI nun weitere Gemeinden von den Vorteilen einer freiwilligen Beteiligung (kleine Einheiten, Management der auf lokaler Ebene umzusetzenden Hilfsangebote, finanzielle Unterstützung aus dem Projektbudget, Mitspracherechte) zu überzeugen. Immerhin scheint in Italien die Zusammenarbeit der einzelnen staatlichen Ebenen gut zu funktionieren; regelmäßig stattfindende Rundtischgespräche sorgen für einen partnerschaftlichen Umgang.



Die Evaluierung der kommunalen Integrationsprojekte erfolgt übrigens mithilfe von ANCI, wodurch der Verband einen guten Überblick über Best Practices hat. Gerade in ländlichen Kommunen wird die Aufnahme von Flüchtlingen mittlerweile als Chance begriffen, um vorhandene Infrastruktur wie Dorfschulen oder Postämter zu erhalten. Und es gibt auch Beispiele von Gemeinden, die einen Teil des Taschengelds in Gemeindewährung auszahlen, die nur von der lokalen Wirtschaft akzeptiert wird – auch das ist eine Möglichkeit zur Belebung.