Scheibe wird gereinigt
Gemeinden sind keineswegs gegen Transparenz, sehr wohl aber gegen überbordende Bürokratie, die dann aufkommt, wenn gleichzeitig alle, teils im Widerspruch stehende Pflichten beachtet werden müssen.
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Transparenzpaket auf Schiene

Seit vielen Jahren gibt es Bestrebungen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen und anstelle der Pflicht der Behörde auf Geheimhaltung das Recht des Bürgers auf Information zu stärken. Nun soll es so weit sein.

Amtsverschwiegenheit, Geheimhaltungspflichten, Auskunftspflichten, Datenschutz, Transparenz- und Meldepflichten: Schon derzeit sind die Regelungen über Transparenz und Verschwiegenheit nicht nur verwirrend, sondern auch belastend. 

Da gibt es auf der einen Seite das Amtsgeheimnis gemäß Art. 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG). Demnach sind unter anderem Organe der Gemeindeverwaltung – soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung

  • im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, 
  • der umfassenden Landesverteidigung, 
  • der auswärtigen Beziehungen, 
  • im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, 
  • zur Vorbereitung einer Entscheidung oder
  • im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist.

Auf der anderen Seite gibt es die ebenso verfassungsrechtlich verankerte Auskunftspflicht gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG. Demnach haben – soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht – unter anderem Organe der Gemeindeverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs Auskunft zu erteilen, wobei die nähere Ausgestaltung der Auskunftspflicht je nach Kompetenzverteilung dem Bund (Auskunftspflichtgesetz des Bundes) bzw. den Ländern (Auskunftspflichtgesetze der Länder) obliegt.

Neben dem Amtsgeheimnis und der Auskunftspflicht gibt es eine Fülle weiterer gesetzlicher Grundlagen, die Verschwiegenheitspflichten einerseits und Auskunftspflichten andererseits regeln (Datenschutzgesetz, Umweltinformationsgesetz, Verwaltungsverfahrensgesetze etc.).

Transparenz- und Einmeldepflichten

Auch eine Rolle spielen die vielen Transparenz- und Einmeldepflichten. Man denke etwa an die zahllosen statistischen Einmeldepflichten, an die Veröffentlichungspflichten nach VRV 2015, an das Bundesvergabegesetz (Baustellendatenbank), an das Wirtschaftliche Eigentümer-Registergesetz oder an das Medienkooperations- und förderungs-Transparenzgesetz, aufgrund dessen sogar (Leer-)Meldungen erfolgen müssen, wenn gar keine Medienkooperationen stattfinden.

Gemeinden verwalten eine große Menge an Daten und Informationen. So umfangreich die Aufgabenpalette der Gemeinden ist, so umfangreich ist auch deren Bestand an Daten und Informationen. In Anbetracht der Unzahl an Regelungen, die gegenläufige Interessen verfolgen (Transparenz und Auskunft versus Geheimhaltung und Datenschutz) befinden sich Gemeinden immer auf einer Gratwanderung, gleich ob Informationen offengelegt oder zurückbehalten werden (müssen).

Symbolbild Transparentpaket

In Anbetracht der Unzahl an Regelungen, die gegenläufige Interessen verfolgen (Transparenz und Auskunft versus Geheimhaltung und Datenschutz) befinden sich Gemeinden immer auf einer Gratwanderung, gleich ob Informationen offengelegt oder zurückbehalten werden (müssen). Bild: stock.adobe.com/icomaker

Virulent wird das Problem überall dort, wo unterschiedlichen Pflichten aufeinandertreffen oder einander gar diametral gegenüberstehen. Denn auf der einen Seite sollen Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse nachvollziehbar und transparent sein, gleichzeitig müssen aber Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Datenschutz beachtet werden. Will eine Gemeinde Sitzungsprotokolle im Sinne der Transparenz öffentlich im Internet abrufbar halten, muss sie all diese Regularien einhalten. Eine Prüfung der Vorgaben und Abwägung der einzelnen Interessen ist dabei mit hohem Aufwand verbunden.

Kommunale Behördenstruktur ist mit anderen Ebenen nicht vergleichbar

Vergessen wird nicht selten, dass die kommunale Ebene mit anderen Behörden(-strukturen) nicht vergleichbar ist, die jeweils nur für ihre einzelnen Agenden Transparenz-, Geheimhaltungs- und Informationspflichten zu berücksichtigen haben.

Gemeinden sind keineswegs gegen Transparenz, sehr wohl aber gegen überbordende Bürokratie, die dann aufkommt, wenn gleichzeitig alle, teils im Widerspruch stehende Pflichten beachtet werden müssen.

Dass die derzeitigen Regelungen alles andere als zufriedenstellend sind, liegt auf der Hand. Es sollte daher danach getrachtet werden, dass aus dem Vorhaben des Regierungsprogramms, das sich intensiv dem Thema Informationsfreiheit widmet, das Beste gemacht wird, der Aufwand in Grenzen gehalten und ein Nutzen im Verhältnis zum Aufwand für alle erkennbar wird.

Positionspapier legt Forderungen offen

Der Österreichische Gemeindebund hat gemeinsam mit dem Städtebund und dem Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft ein Positionspapier erarbeitet, das die wesentlichen Forderungen, Bedenken und Anregungen determiniert (Auszug):

  • Widerspruchsfreie Regelungen hinsichtlich der Veröffentlichung von Informationen und Daten sowie klare Vorgaben, welche Daten und Informationen nicht veröffentlicht oder beauskunftet werden dürfen (Datenschutz, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse). 
  • Die Erfüllung der Informationspflichten muss ohne Beiziehung juristischer Fachexpertise, ohne Benennung eines Informationsbeauftragten sowie ohne Beiziehung von externen Beratern möglich sein. 
  • Unmissverständliche Abgrenzung zwischen vorliegenden/bekannten Tatsachen (Auskunfts- bzw. Veröffentlichungspflicht) und Meinungen, Einschätzungen, Beurteilungen zu Sachverhalten (keine Auskunfts- bzw. Veröffentlichungspflicht).
  • Keine Auskunfts- bzw. Veröffentlichungspflicht hinsichtlich nicht vorliegender bzw. erst zu recherchierender Tatsachen.
  • Einschleifregelungen bei Veröffentlichungs- und Auskunftspflichten (Schwellenwerte, Betragsgrenzen, Bagatellgrenzen).
  • Keine Auskunftspflicht bei schikanösen, rechtsmissbräuchlichen bzw. mutwilligen Begehren.
  • Keine Auskunftspflicht, wenn Daten und Informationen öffentlich zugänglich sind (Register, Homepage).
  • Die Auskunfts- bzw. Veröffentlichungspflicht darf nicht die Aufbereitung von Daten und Informationen (Statistiken, Zusammenstellungen etc.) umfassen.
  • Kein Erfordernis bzw. keine Pflicht der Einholung von Einwilligungen von Betroffenen; keine Anonymisierungspflichten.
  • Begründungen, weshalb ein Informationsbegehren abgelehnt wurde, dürfen zu keinem ausufernden Verwaltungsaufwand führen. 
  • Zugänglichmachung von bislang nicht öffentlichen Datenbanken und Registern, deren Geheimhaltung nicht erforderlich ist.
  • Zusammenführung von bestehenden Registern und Datenbanken zu einer übersichtlichen Informationsplattform.
  • Abschaffung von Doppel- bzw. Mehrfachmeldungen, Abschaffung von Leermeldungsverpflichtungen.

Resümee und Forderung

Der Gemeindebund steht dem Transparenzpaket grundsätzlich offen gegenüber. Allerdings unter der Voraussetzung, dass sich der Aufwand in Grenzen halten muss und ein Nutzen zum Aufwand erkennbar ist.

Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl: „Wir haben in den Gemeinden nichts zu verbergen und unterstützen das Transparenzpaket. Was wir aber nicht brauchen, sind zusätzlicher Verwaltungsaufwand oder Diskussionen, ob wir zu viel oder zu wenig Information herausgeben.“

Man sollte sich im Klaren sein, dass man nicht Datenschutz und Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen haben und gleichzeitig eine Offenlegung aller Informationen und Daten fordern kann.