Stromzähler
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So wird Energie billiger

Unser Energiebedarf steigt, doch das bedeutet nicht, dass auch die Energiekosten steigen müssen. Horst Pachler ist Experte für Energieeinkauf und erklärt in KOMMUNAL, wie Gemeinden am besten zu günstigen Lieferverträgen kommen können.

Unser Energiebedarf steigt. Der digitale Wandel, die totale Vernetzung durch das Internet of Things, die Umstellung der Mobilität von fossiler auf elektrische Energie, das ressourcenverschlingende Schürfen von Krypto-Coins und was noch alles kommen mag, benötigt Energie, und zwar vornehmlich elektrische Energie. Unsere Abhängigkeit von einer zuverlässigen Energieversorgung wird parallel dazu immer größer, und um diese langfristig gewährleisten zu können, sollte die Energie im Idealfall nachhaltig produziert und erneuerbar sein. Mehr Energie bedeutet auch mehr Energiekosten, sofern man dem nicht bewusst entgegenwirkt.

Gemeinden brauchen Energiedaten

Um die Energiekosten im kommunalen Umfeld zu reduzieren, kann die Gemeinde schon heute in drei wesentliche Bereichen Initiativen setzen. Erstens wäre das das energieeffiziente Bauen, das bei Neubauprojekten und Sanierungen unbedingt Beachtung finden sollte. Zweitens kann die Gemeinde die Nutzer der Gebäude dazu motivieren, weniger Energie zu verbrauchen, und drittens kann sie sich daranmachen, den Energieeinkauf zu optimieren. Für alle drei Bereiche braucht man Energiedaten, die am besten in einem Energie-Monitoring-System oder einer Energiebuchhaltung verwaltet werden.

Horst Pachler hat Erfahrung mit solchen Energiedatensystemen und dem Energieeinkauf. Seit 15 Jahren arbeitet er in der Energiewirtschaft, und hat unter anderem für das Beratungsunternehmen Pöyry Energy Consulting und die Energieversorger Verbund, Wien Strom bzw. Wien Energie gearbeitet. Seit 2013 ist er nunmehr bei der Gebäude- und Baumanagement Graz GmbH für den zentralen Energieeinkauf (für den Eigenverbrauch) der Stadt Graz zuständig und beschafft jährlich rund 72.000.000 kWh Strom und 10.000.000 kWh Gas. Für KOMMUNAL erklärt er am Beispiel Strom, wie man in sechs Schritten den Energieeinkauf für die Gemeinde optimiert.

Zuerst die Marktsituation betrachten

Vorab, warnt Pachler, sollte man keine falschen Schlüsse ziehen, sondern sich erst einmal die Marktsituation ansehen, bevor man Preisvergleiche mit anderen Stromverbrauchern anstellt.

Er veranschaulicht das am Beispiel der Entwicklung des Strompreises im nebenstehenden Diagramm. Beim Betrachten des Zeitraums von einem Jahr erkennt man sofort, dass der Strompreis von Mai 2017 bis Mai 2018 gestiegen ist. Die Situation scheint klar.

Geht man jedoch ein wenig weiter zurück und schaut sich einen größeren Zeitraum von mehreren Jahren an, bemerkt man, dass der Preis von Jänner 2014 bis Mai 2018 ein relativ gleichbleibendes Niveau beibehalten hat. Geht man noch ein Stück weiter zurück und sieht sich die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre an, stellt man fest, dass der Strompreis aktuell wesentlich günstiger ist als noch 2009 oder 2010.

Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist wichtig

Pachler macht mit diesen Beispielen zweierlei deutlich: Erstens, dass man abhängig vom herangezogenen Referenzzeitraum zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann, was die relative Höhe des Strompreises anbelangt, und zweitens, dass man, sofern man in Versuchung gerät den eigenen Strompreis mit Strompreisen ähnlicher Verbrauchsstellen zu vergleichen, zu allererst den Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses und somit des festgesetzten Strompreises beachten muss.

Dieser Zeitpunkt hat maßgeblichen Einfluss auf den Strompreis (zu ca. 80 Prozent). Lässt man dieses Kriterium außer Acht, was leider häufiger passiert als man glaubt, führt das unweigerlich zu falschen Schlussfolgerungen, und in Folge wahrscheinlich auch zu falschen Handlungen. Geht man bereits zu Beginn der eigenen Stromkostenrevision von falschen oder unklar definierten Prämissen aus, hat das meist fundamentale Folgen für die Zielsetzung und Optimierungsmaßnahmen. Kurz gesagt: Vergleiche immer gleiches mit gleichen, was hier bedeutet Strompreise die zu gleichem Zeitpunkt fixiert bzw. kalkuliert wurden.

Alte Verträge prüfen

Um den Energieeinkauf zu optimieren, muss man in einem ersten Schritt zunächst Vorbereitungen treffen. Hierzu organisiert man am besten alle Energierechnungen inklusive aller Beilagen eines Kalenderjahres. Man recherchiert, welche Energieträger in Verwendung sind (Strom, Gas, Fernwärme, Hackschnitzel, Pellets, etc.) und listet diese auf.

Am Beispiel Strom sei die weitere Vorgehensweise erklärt. Es gilt, die alten Verträge zu prüfen und zu eruieren, ob eine Bindung vorhanden ist und wenn ja, für wie lange. Sodann sollte man alle Energiedaten zusammenstellen, sodass man eine Liste aller Anlagen inklusive der notwendigen Informationen erhält. Liegen nämlich alle wichtigen Daten vor, können die Energieversorger einen günstigen Preis kalkulieren, da viele Unsicherheiten reduziert sind. Das Ergebnis dieser Recherche ist eine (Excel-)Liste mit allen Stromanlagen der Gemeinde. Neben den exakten Anlagenadressen aus den Energierechnungen sind die Zählpunktnummer (33-stellig), das Lastprofil, der Verbrauch und der Zeitraum des Verbrauchs wesentlich. Auch die Anlagennummer ist öfter nützlich.

Sehr energieintensiveren Anlagen, sprich jene Anlagen, die in der Regel monatlich verrechnet werden, haben nicht nur einen Verbrauchswert pro Jahr, sondern einen Verbrauchwerte für jede Viertelstunde und somit 35040 Werte pro Jahr. Diese Anlagen erkennt man am Lastprofil „LPZ". Das bedeutet „Lastgang gemessen". Für diese Anlagen können die Lastgangdaten beim Netzbetreiber angefordert werden. Diese Daten kann man als zweite „Liste mit Lastgangdaten" zusammenstellen.

Ökologischer Strom ist meist teurer

Im zweiten Schritt sind einige Entscheidungen zu treffen. In punkto Stromqualität stellt sich die Frage, wie ökologisch die Gemeinde sein will.

Ist Strom aus fossilen Energieträgern überhaupt eine Option? Oder will die Gemeinde Strom aus erneuerbaren Energieträgern, oder vielleicht sogar zertifizierten Ökostrom z.B. nach dem Standard UZ 46 vom Österreichischen Umweltzeichen?

In der Regel gilt: Je ökologischer der Strom produziert wird, desto teuer ist er. Auch die Regionalität ist für viele Gemeinden wichtig. „Je internationaler, desto günstiger" ist hier die Regel.

Variabler Preis oder Fixpreis?

Weiters ist zu entscheiden ob man einen variablen Preis oder einen Fixpreis bevorzugt, und so man einen Fixpreis bevorzugt, für wie viele Jahre er gelten soll. Je länger er fixiert ist, desto teuer wird der Strom, man erhält aber im Gegenzug die Preissicherheit. Hinsichtlich Rechnungslegung lautet die Frage: elektronisch als PDF oder in Papierform? Die elektronische Rechnung ist dabei billiger.

Will man wie gewohnt eine Gesamtrechnung, oder zwei separate Rechnungen - eine vom Netzbetreiber für die Netzgebühren und eine vom Energieversorger für die Energielieferung? In der Regel ist die Gesamtrechnung teurer. Und schließlich muss man sich für eine Zahlungsweise entscheiden. Entweder abbuchen oder überweisen. Üblicherweise ist abbuchen billiger. Wichtig ist auch, in wie vielen Tagen nach Angebotslegung eine finale Entscheidung getroffen werden kann. Die günstigsten Preise lassen sich bei Entscheidungen innerhalb eines bis maximal zwei Tagen erzielen. Durch gute Taktung von Schritt vier und fünf lässt sich hier bares Geld sparen.

Maßgeblich für die Entscheidung sind natürlich die jeweiligen, individuellen Kriterien bzw. die „Energiestrategie" der Gemeinde. Die am häufigsten gewählten Kriterien lassen sich jedoch wie folgt umreißen: Der Strom soll möglichst billig sein oder er soll günstig und ökologisch sein, oder er soll günstig, ökologisch und regional sein. Für einen etwas teureren Strom entscheiden Gemeinden sich, wenn sie dafür einen Fixpreis für einige Jahre erhalten.

140 Lieferanten in Österreich

Im dritten Schritt sucht man die geeigneten Strom- oder Gasanbieter aus. In Österreich gibt es aktuell über 140 verschiedene Stromlieferanten und über 30 verschiedene Gaslieferanten, die entsprechend viele unterschiedliche Angebote und Preise anbieten. Eine Liste aller Stromlieferanten findet man auf der Seite der Österreichischen Regulierungsbehörde der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (e-control.at). Für den privaten Kunden gibt es aktuell zwei viel genützte Vergleichsplattformen: durchblicker.at oder den Tarifkalkulator der e-control.

Für das kommunale Umfeld gibt es leider keine geeigneten Vergleichsseiten, da die Plattformen nur bis maximal 100.000 kWh und oft nur wenige Zählpunkte in den Vergleich aufnehmen. Es verschafft aber schon einen ersten Eindruck, welche Tarife zu welchen Preisen angeboten werden. Aus diesen beiden Informationsquellen können nun die aktuell drei bis fünf sinnvollsten Anbieter ausgewählt werden. Gemeinsam mit dem aktuellen Lieferanten bilden diese nun die Gruppe der Anbieter.

Angebote einholen

Im vierten Schritt holt man vergleichbare Angebote ein. Dazu sendet man die möglichst umfassende Liste der eigenen erhobenen Energiedaten und die getroffenen Entscheidungen aus dem zweiten Schritt an die Liste der Anbieter. Im besten Fall bittet man um deren Angebote bis zu einem festen Datum 11:00 Uhr und bietet an am darauffolgenden Tag die Auswahl zu treffen. Je konkreter und detaillierter die Informationen sind, desto geringer sind die Unsicherheiten für die Anbieter, und desto günstiger können sie ihre Angebote kalkulieren. Die Ergebnisse bzw. Angebote, die man erhält, sollten sodann in einer gemeinsamen Auswertung gegenübergestellt werden, um sie bestmöglich vergleichen zu können.

In Schritt fünf trifft man die Entscheidung, welcher Anbieter den Zuschlag erhält. Die Gemeinde kann nun aus den Angeboten den optimalen neuen Vertrag auswählen. Holt man sodann noch die notwendigen Entscheidungen in den entsprechenden Gremien ein, steht dem neuen Energieliefervertrag nichts mehr im Wege.

Entscheidung den Bürgern kommunizieren

Im sechsten und letzten Schritt sollte man das Ergebnis seinen Bürgerinnen und Bürgern kommunizieren. Schließlich handelt es sich bei dem Geld, mit dem die Energiekosten beglichen werden, um Steuergeld, und die Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Gemeinde mit ihrem Geld wirtschaftet.

Bei einer besonders ökologischen Auswahl kann das Ergebnis durchaus auch politisch sinnvoll medial verwertet werden: „Gemeinde XY verwendet seit 2018 nicht nur Ökostrom, sondern regionalen Ökostrom", oder „Gemeinde XY setzt als eine der ersten Gemeinden auf CO2-freies Erdgas und senkt seine Treibhausgasemissionen um zusätzliche XY Tonnen jährlich." Grundsätzlich lässt sich aber jede wesentliche Ersparnis gut kommunizieren. „Gemeinde XY senkt ihre laufenden Ausgaben. So konnten beim Energieeinkauf XY EUR jährlich eingespart werden!"

Das Zusammenstellen der eigenen Verbrauchsdaten, das Einholen der Angebote, der Vergleich und letztlich die Vertragsvereinbarung bedeuten unbestreitbar einen gewissen Aufwand. Die Wahrscheinlichkeit, dass all diese Bemühungen mit einer signifikanten Kostenreduktion beim Energieeinkauf belohnt werden ist allerdings sehr, sehr hoch. Deshalb darf und soll ein derartiger Erfolg gemäß dem Motto „ Tu‘ Gutes, und sprich darüber!" der Öffentlichkeit vermittelt werden.

Die Gemeinden sollten erkennen, dass durch das Beschäftigen mit dem Thema Energieeinkauf nicht einfach nur die Strom- und Gaslieferung ökologischer werden kann, sondern auch die Energiekosten wesentlich verringert werden können. „Insbesondere für viele Kommunen, die eine Gemeindezusammenlegung hinter oder vor sich haben, wäre es eine gute Gelegenheit und der richtige Zeitpunkt, ihre Energiedaten zu aktualisieren und neu zusammenzufassen."

Einsparungspotenzial ist so gut wie immer vorhanden. Das gilt nicht nur für fusionierte Gemeinden, sondern für alle.

6 Fragen zum optimalen Energieeinkauf

1. Was ist vorzubereiten?

2. Welche Entscheidungen sind zu treffen?

3. Wie findet man die richtigen Strom- und Gasanbieter?

4. Wie erhält man vergleichbare Angebote?

5. Wie trifft man die passende Auswahl?

6. Wie kann man das Ergebnis kommunizieren?