Auf die Kleinen nicht vergessen

Wenn von Kommunen die Rede ist, sind – vor allem in Brüssel – oft nur große Städte gemeint. Auf kleine Gemeinden wird meist vergessen.

Eines der derzeit meistdiskutierten Themen kommunaler Entwicklung ist das Konzept „Smart City“. Berlins neuer Bürgermeister Michael Müller will seine Stadt sogar zu DER Smart City Europas machen. Die totale Vernetzung, die das gesamte Leben überwachen und steuern soll, bietet Chancen, macht aber auch vielen Menschen Angst. Was das alles mit kleinen Gemeinden zu tun hat? Herzlich wenig, denn die kommen in dem Diskurs kaum vor. Zu unterschiedlich sind sie Strukturen in einer Millionenstadt und in einem kleinen Dorf auf dem Land. Es soll hier nicht erörtert werden, ob und inwieweit das Smart City-Konzept auf kleine Gemeinden – und damit auf österreichische Strukturen – umlegbar ist. Vielmehr geht es darum, dass die kleinen Gemeinden in der Diskussion über ein derartiges Zukunftsthema überhaupt nicht vorkommen. Das ist symptomatisch für die geringe Bedeutung, die der kommunalen Ebene vielfach zugemessen wird.



Dabei geht es in Österreich noch. Zwar leben auch hierzulande bereits gut 57 Prozent der Bevölkerung in Städten mit mehr als 5000 Einwohnern, aber trotzdem herrscht bei Politikerinnen und Politikern weitgehend Einigkeit darüber, dass der ländliche Raum erhalten werden muss. Inwieweit das reine Lippenbekenntnisse sind, sei dahingestellt, aber zumindest in der Theorie ist unseren Bundes- und Landespolitikern klar, dass eine Zerschlagung der bestehenden kleinen Strukturen nicht sinnvoll ist.



Wirklich schlimm wird es aber, wenn man nach Brüssel blickt. Zwar wird auch dort von allen Seiten betont, dass die EU die Kommunen als Partner betrachtet, allerdings meint man dort etwas völlig Anderes als hierzulande. Wenn etwa Kommissionsvertreter von Gebietskörperschaften sprechen, benutzen sie meist die Formulierung „Regionen und Städte“ – von kleinen Gemeinden ist meist nicht die Rede. Zwar leben 30 Prozent der Europäerinnen und Europäer in kleinen Einheiten, aber die scheinen für den Großteil der Beamten und Politiker in Brüssel nicht relevant zu sein. Vielleicht kann man ihnen das nicht einmal vorwerfen, weil sie aus Ländern kommen, in denen kleine Strukturen zerschlagen wurden oder es sie einfach nie gegeben hat. Aber gerade diese Volksvertreter sollten vielleicht den ein oder anderen Blick auf die Gemeinden, wie es sie in Österreich und auch Deutschland gibt, werfen. Dann werden sie feststellen, dass diese durchaus ein Erfolgsmodell sind – was Bürgernähe und Bürgerbeteiligung, aber auch was die Finanzsituation betrifft. Die Geringschätzung der kleinen Gemeinden auf europäischer Ebene wurde kürzlich auch beim gemeinsamen Europatag von Österreichischem Gemeindebund und Deutschem Städte- und Gemeindebund beklagt. Deren Vertreterinnen und Vertreter wollen nun etwas erreichen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: eine gleichberechtigte Behandlung und Diskussionen auf Augenhöhe, damit sie die Chance haben, die Anliegen der von ihnen vertretenen Bürgerinnen und Bürger in Brüssel einzubringen. Es ist ihnen Erfolg zu wünschen.



 

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