Mann verzweifelt vor Laptop
Bereits ein einmaliges Tätigwerden durch Verfassen eines gegen die Ehre gerichteten Hasspostings kann strafrechtlich verfolgt werden.
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Hass im Netz – ein gesellschaftspolitisches Phänomen

Das vergangene Jahrzehnt war durch und durch geprägt von Informationstechnologie. „Soziale Medien“ sind zwei Wörter, die in aller Munde sind und deren Bedeutung rasant dazugewonnen hat. Sei es dadurch, dass Unternehmen diverse soziale Medien für ihren Webauftritt nutzen oder private Personen sich hierdurch vernetzen und Einblick in ihr Leben geben. Auch Politik und diverse Freiwilligenverbände sprangen auf den Zug der Zeit auf und nutzen diverse Plattformen gekonnt für sich. Nicht nur die Bundes- und Landespolitik ist in den sozialen Medien vertreten, sondern auch auf Kommunalebene werden diverse Kanäle benutzt, um sich mit der Bevölkerung zu vernetzen. Auch sämtliche Freiwilligenverbände und Vereine sind User sozialer Medien.

Genau diese Schiene neuer Kontakt- und Informationsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger bietet auch die größtmögliche Angriffsfläche gegen die in der Politik, in Vereinen und Freiwilligenverbänden bzw. Körperschaften tätigen Akteure. Jede Phrase wird in die Waagschale gelegt und mag die Aussage noch so fundiert sein, findet sich für jegliche Thematik ein Kritiker. Wenn die Missbilligungen allerdings so weit gehen, dass sie sich durch Hass und Hetze äußern und sich dadurch eine Eigendynamik entwickelt, über die kein Kommunalpolitiker oder ehrenamtlich Tätiger mehr Herr werden kann, bedarf es eines gesetzlichen Rahmens, um dem Einhalt zu gebieten.

Im Zuge dieser besorgniserregenden Entwicklung von mehr und mehr Hass und Hetze im Netz wurde mit Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember 2020 das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG) verabschiedet. Im Wesentlichen durch dieses Gesetz geänderte Rechtsnormen betreffen das Zvil-, Straf- und Medienrecht indem es zu Änderungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB), der Zivilprozessordnung (ZPO), des E-Commerce-Gesetzes (ECG), des Strafgesetzbuchs (StGB) sowie des Mediengesetzes (MedienG) gekommen ist.

Hauptgesichtspunkte im Bereich des Zivilrechts

Zum einen wurde die Wahrung der Persönlichkeitsrechte dahingehend im ABGB verankert, dass eine Verletzung derselben zu einem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch führen kann. Dieser Anspruch kann zudem auch Falle des Todes der im Persönlichkeitsrecht verletzten Person von deren Rechtsnachfolgern geltend gemacht werden.

Auch der Dienstgeber der verletzten Person kann diese Ansprüche geltend machen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dienstnehmer in seiner Privatsphäre verletzt ist. Hinzu kommt, dass dieses schädigende Verhalten geeignet sein muss, die Einsatzfähigkeit des Dienstgebers betreffend den Dienstnehmer nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Dienstgebers erheblich zu schädigen. Die bloße Eignung als Beeinträchtigung im Arbeitsumfeld reicht hierbei also schon aus, es bedarf gerade keiner tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit aufgrund des schädigenden Verhaltens. Liegt also eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte samt den genannten Voraussetzungen vor, so hat der Dienstgeber unabhängig vom Anspruch des Dienstnehmers einen eigenen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung.

Entsprechendes gilt für ehrenamtlich Tätige und Organe einer Körperschaft. Die Geltendmachung des Anspruchs des Dienstgebers ist nicht von der Zustimmung des Dienstnehmers abhängig. Hierzu besteht allerdings keine Pflicht seitens des Dienstgebers.

Die Gemeinden, Vereine und Freiwilligenverbände bzw. Körperschaften können daher für ihre Mandatare, Organe und Funktionäre die Ansprüche gerichtlich geltend machen, wenn Hass und Hetze im Netz so weit gehen, dass die Mandatare und Funktionäre in ihrem beruflichen und ehrenamtlichen Wirken Schaden nehmen. Dies wird zwangsläufig der Fall sein, denn derartige Hassattacken sind kräftezehrend und führen zu großer psychischer Belastung, der nur mit derartigen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen entgegengewirkt werden kann.

Zudem wurde durch eine Änderung der ZPO ein vereinfachtes   Unterlassungsverfahren   bei   Hasspostings   samt   Möglichkeit   zur   sofortigen Vollstreckbarkeit geschaffen. Auch wurde durch eine Änderung des ECG die Möglichkeit eines außerstreitigen Antrags auf Herausgabe von Nutzerdaten geschaffen. Damit wird das Verfahren zur Ausforschung der Täter erleichtert und kann so schneller die Bekämpfung von Hass und Hetze im Netz vonstattengehen.

Hauptgesichtspunkte im Bereich des Strafrechts

Durch die Ausweitung im materiellen Strafrecht kann nunmehr bereits ein einmaliges Tätigwerden durch Verfassen eines gegen die Ehre gerichteten Hasspostings sowie ein einmaliges Veröffentlichen von Tatsachen oder Bild

aufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereiches strafrechtlich verfolgt werden. Weiters wurde der strafrechtliche Bildnisschutz erweitert. So wurde nun jener durch die Schaffung eines neuen Tatbestands gegen unbefugte Bildaufnahmen, insbesondere das sogenannte „Upskirting“, also (heimliche) Bildaufnahmen unter den Rock oder die Aufnahme solcher Bilder, wenn sich die Person in einer Wohnstätte oder sonstigem geschützten Raum befindet, erweitert. Auch wurde die Verbreitung solcher Bilder unter Strafe gestellt.

Hauptgesichtspunkte im Bereich des Medienrechts

Der Identitätsschutz wurde auf Angehörige von Verdächtigen, Verurteilten, Opfern und Zeugen von Straftaten ausgeweitet. Zudem wurden bei Verletzung des Identitätsschutzes bzw. bei bloßstellender Berichterstattung über Opfer von Straftaten die Entschädigungsbeträge im MedienG erhöht.

In Fällen, in denen sich die Hass- und Hetzattacken zwar gegen eine bestimmte Person richten, diese aber eigentlich dem Dienstgeber gelten und die Äußerungen im Netz die Einsatzfähigkeit des Dienstgebers betreffend den Dienstnehmer nicht unerheblich beeinträchtigen oder das Ansehen des Dienstgebers erheblich schädigen könnten, wird dem Dienstgeber die Befugnis eingeräumt, einen Antrag auf Einziehung stellen zu können. Entsprechendes gilt für ehrenamtlich Tätige und Organe einer Körperschaft.

Weiters kann die Einziehung, die Urteilsveröffentlichung und die Beschlagnahme, wenn der Medieninhaber nicht greifbar ist, weil er sich etwa im Ausland befindet, auch direkt dem Hostingdiensteanbieter (Hostprovider) angeordnet werden.

Erleichterung für die betroffenen Akteure

Zusammengefasst bedeutet dies eine enorme Erleichterung für die betroffenen Akteure. Bürgermeister, Mandatare, Funktionäre und Organe anderer Körperschaften können fortan selbst wirksam gegen Hass und Hetze im Netz vorgehen. Ebenso kann dies auch durch den Dienstgeber oder die Vereine und Freiwilligenverbände bzw. Körperschaften geschehen.

Die oben geschilderten Änderungen der diversen Rechtsnormen bieten nun probate Mittel, um sich gegen hetzerische Aussagen und Angriffe zur Wehr zu setzen.

Besonders wichtig ist auch, dass solche Verhaltensweisen nicht nur vom Dienstgeber aufgegriffen werden können, sondern auch von Seiten der Vereine, Freiwilligenverbände und anderen Körperschaften. Ehrenamtliche Akteure sind oftmals denselben Anfeindungen ausgesetzt wie hauptberuflich Tätige. Deshalb ist ein umfassender Schutz aller von Hass und Hetze im Netz Betroffenen unabdingbar.