Rohbau im Sonnenschein
Die Niederösterreichische Bauordnung geht davon aus, dass eine Baubewilligung umgehend konsumiert wird

Gut Ding braucht Weile

Das Recht aus einer Baubewilligung erlischt, wenn die Ausführung des bewilligten Bauvorhabens nicht binnen zwei Jahren ab der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde begonnen oder binnen fünf Jahren ab ihrem Beginn fertiggestellt wurde (§ 24 Abs.1 Z.1 NÖ BauO 2014).

Die Niederösterreichische Bauordnung 2014 (NÖ BauO) geht daher – wie schon die NÖ BauO 1996, die eine wortgleiche Bestimmung enthielt - davon aus, dass eine Baubewilligung umgehend konsumiert wird. Es soll demnach möglichst kein Bau errichtet werden, der den aktuellen Raumordnungsvorschriften bzw. den Sicherheitsvorschriften nicht (mehr) entspricht.



Die NÖ BauO berücksichtigt aber gleichwohl, dass es während des Baugeschehens zu Verzögerungen kommen kann bzw. dass das Baugeschehen länger als im Regelfall dauern kann.

Wird nicht bereits in der Baubewilligung auf das vorhersehbar längere Baugeschehen Bedacht genommen (§ 24 Abs. 3 NÖ BauO 2014), dann kommen eine Verlängerung der Frist für den Baubeginn bzw. für die Fertigstellung in Betracht.

Verlängerung der Frist für den Baubeginn



Die Baubehörde hat die Frist für den Beginn der Ausführung eines bewilligten Bauvorhabens zu verlängern, wenn dies vor ihrem Ablauf beantragt wird und das Bauvorhaben nach wie vor dem Flächenwidmungsplan – und im Geltungsbereich eines Bebauungsplans auch diesem – sowie den jeweils damit zusammenhängenden Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 und den sicherheitstechnischen Vorschriften nicht widerspricht (§ 24 Abs. 4 NÖ BauO 2014).

Verlängerung der Frist für die Fertigstellung



Die Baubehörde hat die Frist für die Fertigstellung eines bewilligten Bauvorhabens zu verlängern, wenn der Bauherr dies vor ihrem Ablauf beantragt und das Bauvorhaben aufgrund des bisherigen Baufortschritts innerhalb einer angemessenen Nachfrist vollendet werden kann (§ 24 Abs. 5 NÖ BauO 2014).

„Angemessene Nachfrist“ für die Fertigstellung



„Angemessen“ kann eine Nachfrist nur dann sein, wenn sie kürzer als die reguläre Bauvollendungsfrist von fünf Jahren (§ 24 Abs. 1 NÖ BauO 1996 bzw. NÖ BauO 2014)  ist, da es sich eben nur um eine „Nachfrist“ handeln darf. Eine Fristverlängerung kommt somit nur in Frage, wenn Baumaßnahmen bereits soweit gesetzt wurden, dass es ausscheidet, dass durch die erforderliche Nachfrist die gesetzlich reguläre Frist von fünf Jahren durch die Behörde praktisch außer Kraft gesetzt wird.



Zu bedenken ist auch, dass nach dem Ablauf der Baubewilligung gegebenenfalls ein Bau nur nach Erteilung einer neuen Baubewilligung nach Maßgabe der dann relevanten Sach- und Rechtslage in Frage kommt, was ebenfalls, weil vom Gesetzgeber durch die Befristung der Baubewilligung gewollt, nicht umgangen werden darf.



Auch durch mehrmalige Fristverlängerungen darf somit die Regelfrist von fünf Jahren nicht so ausgeschaltet werden, dass insgesamt mehrere Regelfristen tatsächlich zur Verfügung gestellt werden (VwGH 18.11.2014, Ro 2014/05/0002).

Ein Fall aus der Praxis



Mit Bescheid des Bürgermeisters einer Marktgemeinde vom 6. Oktober 2009 wurde dem Andreas A. die baubehördliche Bewilligung zur „Errichtung eines Gartenbaubetriebes bestehend aus einem Betriebsgebäude (Büro-, Verwaltungs- und Verkaufsfläche), eines Parkplatzes, einer Senkgrube und einer Regenwasserzisterne auf seinem Grundstück erteilt. Der Baubeginn für das geplante Bauvorhaben wurde der Baubehörde mit 16. August 2010 gemeldet.



Mit Schreiben vom 9. Jänner 2015 stellte Andreas A. bei der Baubehörde den Antrag auf Fristverlängerung der Bauvollendungsfrist für das genannte Bauvorhaben bis 16. August 2020 und führte dazu begründend aus, „eine genaue Einschätzung der Ist-Marktsituation und damit verbundenen Finanzierbarkeit“ werde laufend vorgenommen;“ zur Fertigstellung fehlten wichtige Voraussetzungen der Wirtschaftlichkeit“.



Mit Schreiben vom 7. Mai 2015 teilte der Bürgermeister dem Andreas A. im Rahmen des Parteiengehörs unter Setzung einer Stellungnahmefrist von 14 Tagen mit, es seien beim gegenständlichen Bauvorhaben seit der Baubeginnsanzeige mit Ausnahme von Aushubarbeiten und der Errichtung einer Senkgrube keine weiteren Baumaßnahmen gesetzt worden. Seitens der Baubehörde sei eine Fristverlängerung zur Vollendung des Bauvorhabens um maximal ein weiteres Jahr, somit bis längstens 16. August 2016, beabsichtigt.



Der Bürgermeister verlängerte letztlich mit Bescheid vom 31. Juli 2015 die Bauvollendungsfrist für das in Rede stehende Bauvorhaben bis 16. August 2016. Andreas A. habe – so die Begründung - im Zuge des Parteiengehörs keine weiteren terminlichen Abläufe für sein Bauvorhaben genannt. Es seien beim gegenständlichen Bauvorhaben mit Ausnahme von Aushubarbeiten und der Errichtung einer Senkgrube keine weiteren Baumaßnahmen seit Baubeginnsanzeige gesetzt worden; bauliche Maßnahmen für den geplanten bzw. bewilligten Gartenbaubetrieb seien derzeit in keiner Weise erkennbar. Es sei daher aus Sicht der Baubehörde die Verlängerung um maximal ein Jahr ausreichend.



Der Gemeindevorstand verlängerte im Berufungsverfahren die Bauvollendungsfrist bis 31. Dezember 2016. Andreas A. wollte aber eine noch weitergehende Verlängerung und brachte daher Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG 18.02.2016, LVwG-AV-1401/001-2015) ein:

Die Entscheidung



Die Baubehörde ist verpflichtet, die Frist für die Vollendung eines bewilligten Bauvorhabens zu verlängern, wenn der Bauherr dies vor ihrem Ablauf beantragt und das Bauvorhaben innerhalb einer angemessenen Nachfrist vollendet werden kann (§ 24 Abs. 5 NÖ BauO 1996 wie auch 2014).



Hinsichtlich der Frage der „Angemessenheit“ der Länge einer zu setzenden Nachfrist ist dabei zu berücksichtigen, warum die Fertigstellung des Bauvorhabens nicht innerhalb der gesetzlichen Frist möglich war. Bei der Bemessung der Nachfrist für die Vollendung des Bauvorhabens wird auf das Finanzierungskonzept des Bauherrn Bedacht zu nehmen sein, dessen Einhaltbarkeit er glaubhaft zu machen hat.



Die beantragte Verlängerung der Bauvollendungsfrist um fünf weitere Jahre (16. August 2015 bis 16. August 2020) im Anschluss an die reguläre Bauvollendungsfrist von fünf Jahren scheide in jedem Fall aus. Eine „Nachfrist“ hat jedenfalls (und zwar insgesamt, auch im Falle mehrerer aufeinanderfolgender Fristverlängerungen) kürzer als die Regelfrist für die Bauvollendung von fünf Jahren zu sein, da es sich dabei nach dem Willen des Gesetzgebers eben nur um eine „Nachfrist“ handeln darf.



In welcher Länge abgesehen davon jeweils eine bestimmte Nachfrist für die Vollendung eines Bauvorhabens durch die Baubehörde zu setzen ist, richtet sich nach der Sachlage des jeweiligen Einzelfalles. Hierauf wird auf Umstände wie den Umfang des konkreten Bauvorhabens, den bisherigen Baufortschritt (auf welchen der Gesetzgeber in der Nachfolgebestimmung des § 24 Abs. 5 der nunmehr geltenden NÖ Bauordnung 2014 bereits Bezug genommen hat), sowie das Vorbringen des Antragstellers im Verfahren über eine beantragte Verlängerung der Bauvollendungsfrist abzustellen sein.



Im vorliegenden Fall konnte dem Gemeindevorstand nicht entgegengetreten werden, wenn er nach der Sachlage des gegebenen Falles (geplante Errichtung eines Gartenbaubetriebes mit Betriebsgebäude, Parkplatz, Senkgrube und Regenwasserzisterne sowie von zusätzlichen Grundstücksanbindungen) im Zusammenhang mit dem unstrittig vorliegenden Baufortschritt und dem – unkonkreten – Vorbringen des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eine Fristsetzung bis 31. Dezember 2016 für die Vollendung des Bauvorhabens als angemessen erachtet hat.



Die Beschwerde wurde daher als unbegründet abgewiesen.