Fassadenbegrünung
Am einfachsten ist die Begrünung mit Selbstklimmern, also Pflanzen, die ohne Klettergerüst auskommen und direkt an der Mauer haften.
© NIG_L.Mayrhofer

Grünflächen im Kimawandel

8. Februar 2019
Verfolgt man die Wetteraufzeichnungen der vergangenen Jahre, scheint es sich abzuzeichnen, dass Hitzetage in den kommenden Jahren noch zahlreicher werden. Ortskerne und stark verdichtete Siedlungsräume sind davon ganz besonders betroffen, weil sich dort die Hitze staut.

Wärmeemissionen, erhöhte Wärmespeicherung durch Asphalt und Beton, verminderte Windgeschwindigkeit und viele andere Faktoren führen dazu, dass Ortszentren im Vergleich zum Umland zu „Wärmeinseln“ werden.

Weiters prognostiziert wird ein Anstieg von Trockenperioden, Starkregenereignissen oder Stürmen. Solche Wetterextreme können konventionelle Gemeindegrünräume zum Teil an ihre Grenzen führen. Der Klimawandel fordert ein Umdenken sowohl in der Planung als auch in der Gestaltung kommunaler Grünflächen. Es ist erforderlich, diese einerseits den neuen Bedingungen anzupassen, andererseits können sie einen wertvollen Beitrag leisten, um negative Folgen abzuschwächen.

Gut geplante Gemeindegrünflächen bieten ein großes Potenzial, um in den Ortskernen ein Wohlfühlklima zu erhalten und um Extremwetterereignisse besser abzupuffern.  

Mehr Grün sorgt für mehr Abkühlung

Grünflächen heizen sich bei Sonneneinstrahlung kaum auf, und durch Verdunstung und Schattenwirkung kommt es zu einer aktiven Abkühlung. Deshalb ist es ratsam, um einer weiteren Aufheizung des Mikroklimas entgegenzuwirken, Bepflanzungen den Vorzug vor Belägen, Schotterinseln und dergleichen zu geben.

Zuallererst ist an die Pflanzung von Bäumen zu denken. Durch die Wasserverdunstung ihrer Blätter kühlen sie das Stadtklima am effizientesten ab. Über die Blätter nehmen die Bäume nicht nur Kohlendioxid, sondern auch gasförmige Luftverunreinigungen wie Stickoxide oder Ozon auf und tragen damit zur Verbesserung der Luftqualität in Städten bei.

Vor allem ältere Bäume leisten hier einen besonders großen Beitrag. Um auf die Leistung einer 100-jährigen Buche zu kommen, braucht es 2000 Jungbäume. Angesichts vieler weiterer positiver Wirkungen auf Menschen und Klima kann der Wert von Bäumen im Stadtbild gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Altbäume zu pflegen und möglichst viele junge Bäume zu setzen ist somit eine immer wichtigere Maßnahme in Zeiten des Klimawandels. Nicht alle Bäume eignen sich gleich gut für unsere Gemeindeflächen. Eine vorausschauende und standortgerechte Pflanzenwahl sorgt für eine langfristige Baumgesundheit und kann viel Ärger ersparen.

Welche Bäume sind geeignet?

Vor allem Straßenbäume haben oft mit einem Extremstandort zu kämpfen. Hier muss besonders auf trockenheitsverträgliche und robuste Bäume wie Feldahorn, Silberlinde, Hopfenbuche oder Blumenesche, um nur eine kleine Auswahl zu nennen, gesetzt werden. Auf „Der Garten Tulln“ wurde als Hilfe zur Baumartenauswahl eine Allee der Zukunft gepflanzt, mit über 40 heimischen Bäumen, die sich in Zeiten des Klimawandel als Straßenbäume eignen.

Kriterien für die Auswahl von Straßenbäumen
Einflussfaktoren & Voraussetzungen für die Auswahl der richtigen Straßenbäume.

Neben der richtigen Artenwahl ist es zusätzlich von besonderer Bedeutung, den Standort (z. B. Kleinklima, Bebauungssituation) zu berücksichtigen sowie ein geeignetes Substrat (zum Beispiel mit guter Wasser- & Luftdurchlässigkeit) zu wählen. Die Pflanzung und Pflege der Bäume sollte nur von Fachkräften bzw. eigens dazu ausgebildetem Personal durchgeführt werden. Ein falscher Schnitt kann sich negativ auf die Sicherheit sowie die Lebensdauer des Baumes auswirken. Auf eine jährliche Baumkontrolle laut Önorm sollte aus Haftungsgründen geachtet werden. Ein Baumkataster ist dafür das beste Hilfsmittel.

Fassaden und Dächer begrünen

Eine weitere Möglichkeit, das Ortsklima angenehmer zu gestalten, ist die Begrünung von Fassaden und Dächern. Senkrechte, kahle Wände nehmen in Siedlungsgebieten und Städten viel Raum ein und erhitzen sich bei entsprechender Lage zur Sonne stark auf. Das ist mit ein Grund, warum sich die Temperaturen in Städten stark vom Umland abheben. Wandbegrünungen mit Kletterpflanzen sorgen für Abkühlung durch Verdunstung. Das dichte Blattwerk verhindert andererseits aber auch, dass sich Mauern durch die Sonneneinstrahlung erwärmen und diese Wärme nachts abstrahlen.

Am einfachsten ist die Begrünung mit Selbstklimmern, also Pflanzen, die ohne Klettergerüst auskommen und direkt an der Mauer haften, wie die Jungfernrebe. Ist die Wand intakt, also spaltenfrei, braucht man keine Angst vor Mauerschäden zu haben.

Nicht zu unterschätzen ist der positive Klimaeffekt durch Dachbegrünungen angesichts der vielen kahlen horizontalen Flächen, die sich in der Sonne aufheizen. Gerade Flachdächer oder Giebeldächer mit einer Neigung zwischen fünf und zwanzig Grad können mit genügsamen Pflanzen begrünt werden. 

Vorrausschauende Pflanzenwahl spart Pflege und Wasser

Durch den Klimawandel ändern sich auch die Wachstumsbedingungen für die Pflanzen. Vieles was früher gern gepflanzt wurde, leidet heutzutage oftmals unter den extremen Bedingungen.

Einjährige Blumenbeete, die viel Wasser benötigen, können durch mehrjährige trockenheitsverträgliche Staudenbeete ersetzt werden. Wird der Boden zwischen den Stauden gemulcht (Holzhäcksel, Grünschnitt, ...) vermindert dies den Wasserverlust.

Englische Rasenflächen, die regelmäßig bewässert und gemäht werden müssen, können zum Teil in bunte Blumenwiesen oder Kräuterrasen umgewandelt werden. Blumenwiesen brauchen kaum Wasser oder Nährstoffe, und zwei bis drei Schnitte pro Jahr sind ausreichend. Vorrausschauendes Pflanzen sichert also nicht nur ein langfristiges Gedeihen, sondern hilft auch den Pflegeaufwand zu reduzieren. 

Flächen entsiegeln statt versiegeln

Wertvolles Regenwasser sollte nach Möglichkeit lokal versickern können und nicht über die Kanalisation verloren gehen.

Durch ein entsprechendes Regenwassermanagement können langanhaltende Trockenheitsperioden oder Starkregenereignisse besser gepuffert werden. Wassergebundene Parkplätze und Wegbeläge, Sickermulden oder Versickerungsbeete, aber auch Grünflächen und Dachbegrünungen können Wasser aufnehmen, das danach langsam versickern bzw. verdunsten kann. Durch Humusaufbau und Bodenbelebung können in bestehenden Grünflächen noch mehr Wassermengen aufgenommen und gespeichert werden.

In jeder Gemeinde gibt es Flächen, die noch entsiegelt und begrünt werden können. Der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war zwar schon vor 20 Jahren, aber der zweitbeste ist jetzt! 

Was Gemeinden tun können:

  • Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen
  • Standortgerechte Sorten wählen 
  • Bäume fachgerecht pflegen 
  • Versickerungsflächen schaffen
  • Regenwasser speichern 
  • Humus aufbauen & Boden beleben 
  • Beete mulchen

Text: Petra Hirner & Bernhard Haidler, Garten-Fachexperten und Ansprechpartner für Gemeinden bei "Natur im Garten"