Hauptplatz in Graz
Für den Radverkehr soll es Verbesserungen geben, ohne dass es zu Nachteilen für Fußgänger und öffentlichen Verkehr kommt.
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Graz präsentiert Pläne für Radverkehrsoffensive

19. August 2021
Mit der Radoffensive Graz 2030 will die Landeshauptstadt dort anschließen, wo sie sich bereits Anfang der 1980er-Jahre einen Namen gemacht hat: Als Vorreiterin in Sachen sanfte Mobilität. Graz soll wieder eine Radhauptstadt werden.

Mit dem Brüsseler Städteplaner und Architekten Stefan Bendiks haben Stadt Graz und Land Steiermark gemeinsam einen international gefragten Radverkehrsexperten als „Masterplaner" engagiert.

Radmobilität nicht zum Selbstzweck

Bendiks plädiert dafür, Radverkehr nicht nur als reinen Selbstzweck isoliert zu betrachten: „Die Verlagerung von einem Teil des motorisierten Individualverkehrs auf das Fahrrad hat im Zuge eines nachhaltigen Mobilitätswandels jede Menge positive Auswirkungen auf die Entwicklung urbaner Räume. Es entstehen neue Begegnungs- und Verweilzonen sowie zusätzlicher Grünraum. Zugleich sinken der Lärmpegel und die Abgasbelastung - in Summe kann eine Stadt wie Graz durch eine solche Offensive noch attraktiver werden und an Lebensqualität gewinnen."

So geht es nach 2030 weiter

Bislang sind 22 Teilstücke auf diversen Haupt- und Nebenrouten so weit durchgeplant, dass nach Einreichung und Genehmigung durch das Straßenamt mit der baulichen Umsetzung begonnen werden kann.

Die Realisierung dieser Teilstücke erfordert fast das gesamte bis 2030 veranschlagte Budget von 100 Millionen Euro. Bisherige Gespräche der Verkehrsplanung des Landes Steiermark mit der Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) lassen eine deutliche Erhöhung des Budgets der Radoffensive Graz 2030 erwarten.

Die Planer nehmen sich daher bereits jener Lückenschlüsse an, die - spätestens - nach 2030 zur Vervollständigung des Gesamtnetzes benötigt werden.

Bürgermeister Siegfried Nagl: „Die Lösungsvorschläge der Expertinnen und Experten liegen auf dem Tisch. Wir wissen nun, dass wir mehr als 100 Millionen Euro brauchen werden, um den gesamten Masterplan mit rund 100 neuen Radkilometern umzusetzen. Und wir wissen auch, dass ein nachhaltiger Mobilitätswandel nicht nur viel Geld kostet, sondern auch Mut zur Umsetzung erfordert. Erste Meter machen wir bereits im heurigen September, wenn die Bauarbeiten für den großzügigen Geh-und Radweg in der Puchstraße starten.“

Planungsgrundsätze für die Radhauptstadt Graz:

  1. Mehr Lebensqualität für den öffentlichen Raum.
    Radverkehr wird zu einem integralen Bestandteil der Stadtentwicklung mit dem Ziel, die Lebensqualität im öffentlichen Raum nachhaltig zu verbessern. Daher geht die Planung von Radverkehrsanlagen - wo immer das möglich ist - mit der Schaffung von zusätzlichen Verweilzonen und Grünraum einher.
  2. Verbesserungen für den Radverkehr ohne Nachteile für Fuß- und öffentlichen Verkehr.
    Bei planerischen und baulichen Eingriffen in öffentliche Verkehrsflächen ist sicherzustellen, dass sich die Gesamtsituation für den Radverkehr verbessert. Verbesserungen für den Radverkehr dürfen im Gesamtsystem zu keiner Verschlechterung für FußgängerInnen und Öffentlichen Verkehr führen. Mischnutzungen von Rad- und Fußverkehr sind generell zu vermeiden. Ausgenommen in Bereichen, wo dies der Aufenthaltsqualität zugutekommt.
  3. Attraktivierung mittels Durchgängigkeit und maximale Sicherheit.
    Der Radverkehr erhält eine ebenso durchgängige Infrastruktur wie die anderen Verkehrsarten. Hauptrouten werden in Hinblick auf direkte Verbindungen, Attraktivität und Sicherheit mit der gleichen Konsequenz geplant wie Korridore für den Öffentlichen Verkehr und motorisierten Individualverkehr. Wo ohne Umwege sichere Routenführungen nicht anders zu realisieren sind, bekommt Radverkehr den Vorzug gegenüber dem motorisieren Individualverkehr. Bei Entfall von Parkplätzen zugunsten des Radverkehrs werden für Anrainer und Besuch alternative Angebote geschaffen.
  4. Konfliktvermeidung an Kreuzungen.
    Zugunsten der Sicherheit des Rad- und Fußverkehrs erfolgen Ampelschaltungen soweit wie möglich konfliktfrei. An Kreuzungen hat die Durchgängigkeit des Radverkehrs Priorität gegenüber Parkplätzen, Ladezonen sowie Abbiegestreifen für den motorisierten Individualverkehr.
  5. Effizientere Nutzung verfügbarer Abstellflächen.
    An allen wichtigen Zielorten werden komfortable Fahrradabstellanlagen errichtet. Wo es trotz Bedarf keine oder zu wenige Fahrradabstellplätze gibt, werden - in Sinne einer effizienteren Flächennutzung - Parkplätze in Stellplätze für Einspurige umgewidmet.
  6. Sichere Öffnung des Einbahnsystems für den Radverkehr.
    Nach Möglichkeit werden sämtliche Einbahnstraßen für den Radverkehr in beide Fahrtrichtungen geöffnet und mit angemessen breiten Fahrradstreifen oder als Fahrradstraßen aus- und umgebaut.
  7. Priorität für aktive Mobilität im Stadtkern.
    In der Innenstadt und den Stadtteil- und Bezirkszentren bekommen Fuß- und Radverkehr oberste Priorität, gefolgt von Öffentlichem Verkehr und motorisiertem Individualverkehr.