Naturgefahrencheck in Neumarkt am Hausruck: Herbert Ollinger (Bürgermeister), Josef Mader (Gewässerbezirksleiter Grieskirchen), Hans Starl (EPZ), Christoph Kronschläger (Amtsleiter), Reinhard Brix (Klimabündnis Oberösterreich), Josef Muska (Feuerwehrkommandant), Friedrich Schaur (Vizebürgermeister) und Stefan Kaineder (Landesrat).

Oberösterreich

Gemeinden setzen auf „Vorsorgecheck“

8. Januar 2023
Aufgrund des Klimawandels nehmen Naturgefahren in Österreich immer mehr zu und stellen bedeutende Risiken für Mensch, Umwelt und Sachwerte dar. Eine gezielte Risikovorsorge mit geeigneten, präventiven Maßnahmen ist notwendig, um die Gefährdung zu reduzieren. Der Vorsorgecheck „Naturgefahren im Klimawandel“ ist ein Instrument, das Gemeinden dabei unterstützt.

Österreichweit wurde bereits eine Vielzahl an Vorsorgechecks in unterschiedlichen Gemeinden durchgeführt. Auch in Oberösterreich startete eine Offensive: Im Auftrag des Landesratbüros Kaineder führten das Klimabündnis OÖ und das EPZ – Elementarschaden Präventionszentrum im heurigen Sommer in den Gemeinden Engerwitzdorf, Weyregg am Attersee und Neumarkt im Hausruck den Vorsorgecheck durch.

Schlüssel für den durchschlagenden Erfolg des Vorsorgechecks „Naturgefahren im Klimawandel“ sind die Vernetzung relevanter Akteure auf Gemeindeebene sowie die konkreten Handlungsempfehlungen und Hilfestellungen bei der Sensibilisierung in der Gemeinde. Das zeigt sich auch bei den ersten Beispielen in Oberösterreich.

Wie gut der Check die spezifische Situation in den einzelnen Gemeinden abbilden kann, veranschaulicht ein Vergleich. So ergab die Verortung der Naturgefahren in der Naturgefahrenmatrix für Engerwitzdorf eine Clusterung der Gefahren Hitze, Trockenheit und Waldbrand im hohen sowie Starkregen und Hagel im mittleren Risikobereich.

Naturgefahrenmatrix für Engerwitzdorf
Risikomatrix der Naturgefahren im Klimawandel für die Gemeinde Engerwitzdorf. Auf der X-Achse ist die Verletzlichkeit der Gemeinde durch eine bestimmte Naturgefahr dargestellt, auf der y-Achse die erwartete Veränderung durch den Klimawandel. [© Umweltbundesamt GmbH]

Der für die Gemeinde Weyregg am Attersee durchgeführte Vorsorgecheck dagegen zeigte eine hohe Verletzlichkeit sowie einen mittleren Grad an zu erwartenden Änderungen durch den Klimawandel punkto der Naturgefahren Rutschungen/Erosion, Hochwasser und Starkregen. Ein mittleres Risiko wurde für Trockenheit, Waldbrand, Schädlingskalamitäten und Sturm ausgewiesen. 

 Risikomatrix der Naturgefahren im Klimawandel für die Gemeinde Weyregg am Attersee.
 Risikomatrix der Naturgefahren im Klimawandel für die Gemeinde Weyregg am Attersee.

Die Gemeinde Weyregg am Attersee ist sich ihrer Gefährdungslage bewusst, da es in den vergangenen Jahren immer wieder Extremereignisse gegeben hat. Als wichtig wurde erachtet, den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, dass es trotz aller Schutzvorkehrungen seitens der Gemeinde ein Restrisiko gibt und sie eigenverantwortlich sind. Entsprechend wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, die Bürgerinnen und Bürger über alle zur Verfügung stehenden Gemeindemedien explizit auf die Möglichkeiten zur Eigenvorsorge und mögliche Gefahren hinzuweisen. Aus der Vielzahl an Handlungsempfehlungen (Best Practice Beispiele aus anderen Gemeinden) resultierte schließlich ein konkretes Maßnahmenkonzept in Form eines Aktionsplans. 

Die Ergebnisse in den vier Säulen der Vorsorge für die einzelnen Naturgefahren

Ergebnisdarstellung für die Naturgefahren Starkregen, Hoch- und Hangwasser, Rutschungen für die Gemeinde Weyregg am Attersee .
Ergebnisdarstellung für die Naturgefahren Starkregen, Hoch- und Hangwasser, Rutschungen für die Gemeinde Weyregg am Attersee. © Umweltbundesamt GmbH
Ergebnisdarstellung für die Naturgefahren Trockenheit und Waldbrand für die Gemeinde Weyregg am Attersee
Ergebnisdarstellung für die Naturgefahren Trockenheit und Waldbrand für die Gemeinde Weyregg am Attersee. © Umweltbundesamt GmbH

In Neumarkt am Hausruck wurde die Durchführung des Vorsorgechecks von Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder mitbegleitet: „Die Klimakrise ist da, sie ist real und auch in Österreich längst angekommen. Der meteorologische Sommer 2022 war der viertheißeste Sommer der 255-jährigen Messgeschichte in Österreich. Hitzesommer wie dieser werden die neue Realität, da sind sich die Klimaforscher:innen einig. Die extreme Hitze, gepaart mit kaum bis gar keinem Niederschlag, hat in Europa zur größten Dürre seit 500 Jahren geführt. Viele Flüsse führten längst nicht mehr dagewesene Niedrigstände, die Landwirtschaft verzeichnete massive Ernteausfälle.
 
Schönrederei bringt nie etwas, in Zeiten wie diesen schon gar nicht. Umso wichtiger ist es, ins Tun zu kommen. Nicht nur gegen die Klimakrise, sondern auch im Umgang mit den Folgen: Es wird nicht reichen, alles dafür zu tun, die Pariser Klimaziele noch zu erreichen, sonder wir müssen uns auch an einen veränderten Planeten anpassen. Das bedeutet, Gefahrenpotenziale zu erkennen, Risiken zu minimieren und uns damit präventiv vor Extremwettereignissen zu schützen.

Der Vorsorgecheck ist deshalb ein wichtiger Beitrag, um Gemeinden zum Thema „Naturgefahren und Klimawandel“ zu sensibilisieren und so auch die Eigenvorsorge in der Bevölkerung zu steigern. Damit geben wir das Rüstzeug, um auch in Zukunft bestmöglich für Extremereignisse gewappnet zu sein. Ich freue mich über diesen erfolgreichen Start in den ersten Gemeinden.“

Mathias Laudacher
Mathias Laudacher, Naturgefahrenchecker beim EPZ: „Kein Check ist gleich. Jede Gemeinde ist von verschiedenen Naturgefahren in unterschiedlichem Ausmaß betroffen.“

Kein Check ist gleich – das betont Checker Mathias Laudacher vom EPZ: „Jede Gemeinde ist von verschiedenen Naturgefahren in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Das macht es für mich als Checker/Auditor immer von Neuem interessant, mit den Gemeinden in einen offenen Diskurs zu treten, um zu erfahren, wo der Schuh drückt und mit welchen Herausforderungen die Gemeinden jetzt und in der Zukunft zu rechnen haben. Das Zusammenkommen unterschiedlicher Akteure aus der Gemeinde, die sich in dieser Konstellation möglicherweise nicht alltäglich zusammenfinden, um über Naturgefahren zu sprechen, sehe ich als größten Mehrwert des Vorsorgechecks.“

„Schon die Vorbereitung eines Vorsorge-Checks für eine bestimmte Gemeinde ist spannend“, bestätigt auch Checker/Auditor Norbert Ellinger vom Klimabündnis OÖ, „weil die Ausgangslage so unterschiedlich sein kann. Das gilt sowohl für die schon bestehenden Gefährdungen als auch für mögliche Änderungen durch die Klimakrise. Wir als Checker/Auditor bemühen uns, dem auch gerecht zu werden. Wir stellen immer wieder fest, dass es in den Gemeinden schon sehr viel Wissen über Naturgefahren gibt. Der Vorsorgecheck bietet eine gute Gelegenheit, dieses oft auf mehrere Personen verteilte Wissen in einem lockeren Austausch zu bündeln und zu ergänzen, etwa mit diversen Klimaszenarien und mit Maßnahmenvorschlägen.“

Norbert Rainer, Geschäftsführer des Klimabündnis OÖ, unterstreicht die Bedeutung des Vorsorgechecks: „Das Motto des Klimabündnis ist „Global denken, lokal handeln“. Das gilt nicht nur den für Klimaschutz, sondern ebenso für die Anpassung an die Klimakrise, denn deren Auswirkungen zeigen sich nicht nur im weltweiten Maßstab, sondern auch ganz konkret in unseren Gemeinden. Fast jede Gemeinde in Österreich ist von irgendeiner Art von Naturgefahr bedroht, und die Klimakrise wird viele davon massiv verschärfen. Wenn sich die maßgeblichen Beteiligten der Bedrohungen bewusst sind und Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, ist das ein Riesenvorteil für die Gemeinde und sichert die hohe Lebensqualität in unserer schönen Heimat. Der Vorsorgecheck Naturgefahren im Klimawandel soll genau dazu einen wesentlichen Beitrag leisten.“