Anders als in der Privatwirtschaft ist nicht ein Gewinn das oberste Ziel, sondern die langfristige Erhaltung und Sicherung der jeweiligen Anlage.
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Gebührenhaushalte kostendeckend führen

Es ist selbstverständlich, dass, wenn wir den Wasserhahn aufdrehen, hochwertiges Trinkwasser aus der Leitung sprudelt, dass die Müllabfuhr zuverlässig die Mülltonnen vor der Haustüre abholt oder dass die Abwässer geklärt wieder in die Umwelt eingebracht werden. Richtig? – Weit gefehlt! Spätestens nach der Hochwasserkatastrophe ist uns auch hierzulande wieder bewusst geworden, dass diese Leistungen keine Selbstverständlichkeit sind. Wenn eine Müllverbrennungsanlage unter Wasser steht, kein Wasser aus der Leitung kommt oder der Kanal nicht genutzt werden kann, merken wir sofort, dass etwas nicht stimmt. Die Gemeinden sind für diese wichtigen Bereiche der Daseinsvorsorge, welche auch als kritische Infrastruktur bezeichnet werden, verantwortlich. Man kann sich nun berechtigt die Frage stellen, was dies mit der Überschrift des Artikels „Gebührenhaushalte kostendeckend führen“ zu tun hat. Die einfache und klare Antwort: Alles!

Die Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Abfallwirtschaft und der Friedhof sind sogenannte „Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit“, stellen im Rahmen der Gemeindebuchhaltung eigene Rechnungskreise dar und werden auch als „Gebührenhaushalte“ bezeichnet.

Die Aufgabe bei der Haushaltsplanung ist, diese Gebührenhaushalte für sich genommen kostendeckend – durch das Einheben von Gebühren – zu führen. Dabei handelt es sich um eine sehr schwierige Aufgabe, welche im Spannungsverhältnis zwischen leistbaren Gebühren für die Bevölkerung, politischer Machbarkeit und gesicherter Finanzierung steht.

Ausdrücklich betont werden muss, dass die Höhe einer Gebühr nicht zum politischen Spielball werden sollte. Vielmehr wäre diese aus der Tagespolitik herauszunehmen und ein breiter Konsens über die Frage zu erzielen: Wollen wir die Infrastruktur für die Bevölkerung auch für die nächsten Jahrzehnte sichern?

Versäumnisse rächen sich

Diese Überlegung muss immer vorrangiges Ziel der Gebührenkalkulation sein. Es zeigt sich nämlich, dass nicht vorgenommene, aber notwendige, Gebührenanpassungen in der Vergangenheit – oft aus sachfremden Erwägungen – sich in der Zukunft doppelt negativ auswirken können. Denn dann kann eine nunmehr unvermeidliche Anpassung der Gebühren mit weiteren Ereignissen zusammentreffen, wie sich dies in den vergangenen Jahren gerade die Energiekrise mit steigenden Strompreisen oder die Phase der Hochinflation mit steigenden Kreditzinsen gezeigt hat. Gemeinden die länger keine Gebührenanpassung vorgenommen haben, mussten diese teilweise massiv anheben, was naturgemäß für großen Unmut in der Gemeindebevölkerung gesorgt hat.

Werden Gebühren nicht kostendeckend eingehoben, wird der negative Saldo durch allgemeine Budgetmittel gedeckt. Dies führt unweigerlich dazu, dass für andere Projekte, die nicht gebührenfinanziert sind, weniger Geld zur Verfügung steht.

Auch widerspricht dies dem Äquivalenzprinzip von Leistung und Gegenleistung, das einer finanzrechtlichen Gebühr innewohnt, und der Richtlinie für die Vergabe von Bedarfszuweisungen des Landes, welche vorsieht, dass die Gemeinde bei den Gebührenhaushalten größtmögliche Kostendeckung anstreben muss.

Sanierungsbedarf macht Gebührenanpassungen nötig

Eine langfristige Planung ist in den Gebührenhaushalten daher das Gebot der Stunde und eine Kernaufgabe der Gemeinde. In vielen Gemeinden haben die Infrastrukturanlagen ihre Lebenszeit erreicht oder überschritten. In den kommenden Jahren ist mit einem steigenden Finanzierungsbedarf für die Sanierung zu rechnen. Dies wird sich unweigerlich in Gebührenanpassungen niederschlagen müssen.

Eine vorausschauende Kalkulation führt nun dazu, dass die Kurve nur flach ansteigt. Eine Gebühr dann anzupassen, wenn Kredittilgungen anstehen, ist oft zu spät. Als für die Gemeindefinanzen sehr gefährlich haben sich auch endfällige Darlehen herausgestellt. Wird die, erst in Jahren erforderliche, Rückzahlung nicht langfristig eingepreist, kann der Gebührenhaushalt eine „plötzliche“ Tilgung nicht stemmen.

Positiver Abschluss ist nicht unbedingt ein Überschuss

Auch erhöhte Personalkosten, steigende Instandhaltungskosten und die Bildung einer Rücklage als „Polster“ für unvorhersehbar eintretende Ereignisse (z. B. Tausch einer Pumpe), sollten bei der Kalkulation einer Gebühr Berücksichtigung finden.

Stellt sich am Ende einer Periode heraus, dass ein Gebührenhaushalt positiv abgeschlossen hat, muss dies jedoch nicht auch tatsächlich einen „Überschuss“ bedeuten. Hier ist nämlich zuerst zu überprüfen, ob alle Kosten, die dem jeweiligen Gebührenhaushalt zuzuordnen sind, auch im jeweiligen Ansatz dargestellt wurden.

Falsche oder ungenaue Buchungen und Abgrenzungen führen oft dazu, dass alleine der Blick auf die Buchhaltung ein verzerrtes Bild ergibt. Werden beispielsweise Sanierungskosten einer Straße nach einem Rohrbruch als Straßenbau erfasst und nicht dem Ansatz Wasserversorgung zugeordnet, fehlt ein maßgeblicher Kostenteil. Gleiches gilt hinsichtlich Personal. Soweit möglich müssen Personalkosten den jeweiligen Kostenstellen zugeordnet und entsprechend aufgeteilt werden. Erst dann kann festgestellt werden, ob ein Gebührenhaushalt tatsächlich kostendeckend geführt wird oder nicht.

Hilfe bei der Kalkulation von Gebühren

Nach der Judikatur und Lehre ist eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung zur Kalkulation einer Gebühr heranzuziehen. Eine Hilfe stellen die „Finanzierungspläne“ dar, welche in Niederösterreich auf der Rundschreibendatenbank für Gemeinden unter der Rubrik „alle Musterverordnungen“ zu finden sind. Diese spiegeln die aktuelle gesetzliche Lage wider und sollen als Einstiegsunterlage verstanden werden. Auch manche Softwareanbieter haben Tools in ihrem Programm, die bei der Gebührenkalkulation teils automatisiert unterstützend herangezogen werden können.

Wie viel darf erhöht werden?

Bei der Berechnung der Gebühr kann durchaus von einer „Produktpreiskalkulation“ gesprochen werden. Rechtlich wäre es zulässig, die Gebührenhöhe bis auf das Doppelte des Jahreserfordernisses für die Finanzierung der Anlage anzuheben (§ 17 Abs. 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2024). Anders als in der Privatwirtschaft steht jedoch nicht ein Gewinn als oberstes Ziel, sondern die langfristige Erhaltung und Sicherung der jeweiligen Anlage.

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass die Gebührenkalkulation stets eine Prognoserechnung ist. Es sind daher die zu erwartenden Ausgaben im Gebührenhaushalt zu berücksichtigen. Ist beispielweise bekannt, dass in drei Jahren ein Darlehen aufzunehmen ist, soll die Gebühr aber bereits jetzt langsam angepasst werden, wäre dies bei der Berechnung bereits zu berücksichtigen, auch wenn diese Zahlen noch nicht im aktuellen Voranschlag dargestellt sind. Daraus folgt naturgemäß, dass sich die Prognose erfüllen kann oder eben auch nicht. Ist etwa ein höheres Darlehen erforderlich als eingerechnet, führt dies langfristig unweigerlich zu einer Unterdeckung.

Die Gebührenkalkulation ist daher keine exakte Wissenschaft, deren Ergebnis endgültig bzw. richtig oder falsch ist, sie ist immer im Fluss. Mindestens einmal in der Periode sollte daher eine Neukalkulation vorgenommen werden. Spätestens wenn klar ist, dass sich die angenommenen Werte nicht erfüllen, ist die Berechnung erneut durchzuführen. Daraus kann sich ein Anpassungsbedarf ergeben, muss es aber nicht.

Eine Gebühr anhand eines Index anzupassen, ist zwar einfach und verlockend, spiegelt aber in keinster Weise die reale Kostenstruktur im jeweiligen Gebührenhaushalt wider.

Ein Plus ist kein Körberlgeld

Sollte sich tatsächlich ergeben, dass am Ende einer Periode ein „Plus“ steht, ist dies kein „Körberlgeld“ für die Gemeinde, wie von so manchen oft abfällig bezeichnet. Diese Mittel sind zur Refinanzierung heranzuziehen, wenn der Gebührenhaushalt in der Vergangenheit von allgemeinen Budgetmittelt gestützt wurde. Trifft dies nicht zu, ist eine zweckgebundene Rücklage zu bilden. Ein „Überschuss“ bleibt somit dem Gebührenhaushalt erhalten.

Verständnis für Erhöhungen schaffen

Ja, niemand zahlt gerne Gebühren und eine Erhöhung löst immer Verstimmungen aus. Das ist nachvollziehbar und verständlich. Aufgabe der Gemeinde ist es daher, eine entsprechende aktive Bewusstseinsbildung zu betreiben.

Es sollte dargestellt werden, dass nicht „einfach so“ Gebühren erhöht werden, dies aus einem bestimmten Grund geschieht, und sich das Ergebnis für alle langfristig positiv auswirkt. Auch regelmäßige Einladungen an die Gemeindebevölkerung, hinter die Kulissen zu blicken, sind eine Möglichkeit. Viele wissen gar nicht, welcher Aufwand und welches technische Know-how sich unter unseren Straßen oder in einem unscheinbaren Pumphäuschen verbirgt. Ein „Tag der offenen Tür“ oder eine Spezialführung in der Kläranlage sorgt da oft für großes Staunen.

Diese Bewusstseinsbildung, dass es eben keine Selbstverständlichkeit darstellt sauberes Trinkwasser in höchster Qualität jederzeit aus der Leitung zu bekommen und dieses schon gar nicht „gratis“ ist, braucht es, um auch in den nächsten Jahrzehnten den hohen Standard zu halten, an den wir uns alle bereits gewöhnt haben – und das kann nur durch eine gesichtete Finanzierung erreicht werden.

Der Beitrag erschien in der NÖ Gemeinde 11/2024.