Kommunalverlag-Geschäftsführer Michael Zimper im Gespräch mit Johanna Mikl-Leitner

„Föderalismus ist das beste Gegenmittel gegen autoritäre Führungspersönlichkeiten“

Die neue niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner über den Finanzausgleich, die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und über ihr politisches Vorbild.

Sie hatten bereits mehre politische Funktionen inne – waren Landesgeschäftsführerin, Landesrätin, Ministerin. Fühlen Sie sich jetzt angekommen?



Ich freue mich auf die Aufgabe in Niederösterreich. Die Landespolitik hat einen großen Vorteil, nämlich die größere Nähe zu den Menschen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne in Kontakt mit den Menschen bin.



Wer ist Ihr politisches Vorbild?



Sicherlich Liese Prokop, die als Landesrätin, Landeshauptmann-Stellvertreterin und Innenministerin die gleichen Funktionen hatte wie auch ich. Sie stand für eine Politik der klaren Entscheidungen, aber für eine Politik mit Herz und großer sozialer Kompetenz.



In Niederösterreich ist man stolz, dass die Zusammenarbeit von Land und Gemeinden gut funktioniert. Wo werden Sie im Gemeindebereich Schwerpunkte setzen?



Die Gemeinden sind die Lebensader unseres wunderschönen Bundeslandes. Dort sind die Menschen zu Hause, dort fühlen sie sich wohl und dort gibt es auch eine hohe Lebensqualität.



Der Föderalismus steht immer wieder in der Kritik. Was können Sie dem entgegnen? Ist Zentralismus effizienter als dezentrale Strukturen?



Jeder weiß, dass wir in schwierigen Zeiten leben, und ich glaube, dass zentral geführte Staaten anfälliger für autoritäre Führungspersönlichkeiten sind. Das beste Gegenmittel ist der Föderalismus, weil in föderalen Strukturen die Macht aufgeteilt ist.



Welche Rolle spielen Gemeinden dabei?



Das Subsidiaritätsprinzip ist dabei enorm wichtig, weil da die Aufgaben dort erledigt werden, wo sie am besten erledigt werden können. Die Gemeinden haben dabei eine wesentliche Rolle, weil sie ganz nahe an den Bedürfnissen, den Ängsten und den Sorgen der Menschen sind.



Der NÖ Gemeindebund möchte, dass Bundesdienststellen in den ländlichen Raum verlagert werden, um die Bevölkerung in den Regionen zu halten und Arbeitsplätze zu schaffen. Halten Sie das für sinnvoll? Wie könnte man diese Strategie in Niederösterreich umsetzen?



Das ist eine Initiative, die ich voll und ganz unterstütze. In Deutschland oder der Schweiz sind etwa ein Viertel der Bundesinstitutionen im ländlichen Raum angesiedelt, in Österreich nur fünf Prozent. Wenn Bundesdienststellen verlagert werden, kann es gelingen, gut qualifizierte Leute in den Regionen zu halten. Das wäre wiederum ein wichtiger Impuls für Wachstum und für die Beschäftigung weiterer Menschen.



Der Finanzausgleich bringt mehr Geld für die niederösterreichischen Gemeinden. Rund 34 Millionen Euro zusätzlich stehen 2017 zur Verfügung. Wie sieht die finanzielle Situation der Gemeinden derzeit aus?



Es ist uns bei den Verhandlungen gelungen, ein Mehr für die Gemeinden zu erringen. Das schafft vielen Gemeinden wieder Spielraum, denn die Aufgaben der Gemeinden sind in den letzten Jahren ständig mehr geworden. Ich denke dabei etwa an die Kinderbetreuung, wo nun deutlich mehr Geld ausgegeben werden muss. Das Geld wird hier aber gut investiert, denn Familienpolitik ist Standortpolitik.



Die Gemeinden haben sich bereit erklärt, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, etwa in der Kinderbetreuung. Was halten Sie davon?



In Niederösterreich haben wir klare und sinnvolle Kompetenzzuweisungen: Im Schulbereich sind die Gemeinden Schulerhalter und bei den Kindergärten liegen die Kompetenzen in erster Linie bei den Gemeinden, während das Land für das Personal zuständig ist. Das hatten sich die Gemeinden ja jahrelang gewünscht.



Nach wie vor spielt das Thema Integration, vor allem von Syrern und Afghanen, in den Gemeinden eine große Rolle. Welche Wege wollen Sie hier in der Frage von Seiten des Landes in Zusammenarbeit mit den Gemeinden gehen?



Die Gemeinden haben in diesem Bereich in den letzten zwei Jahren Großartiges geleistet. Jetzt geht es darum, die Menschen, die bei uns bleiben werden, dauerhaft zu integrieren. Die Gemeinden sind da enorm gefordert was Wohnen, Kindergarten oder Schule betrifft. Die finanzielle Unterstützung durch den Bund ist dabei wichtig und notwendig.



Was erwarten Sie sich von den Gemeinden in der nächsten Zeit?



Mir ist wichtig, dass wir so wie in den vergangenen Jahren gut und auf Augenhöhe zusammen arbeiten.



Als Landeshauptfrau steht Ihnen auch ein Mandat im Ausschuss der Regionen zu. Werden Sie das wahrnehmen?



Selbstverständlich. Die Regionen sind das Herz der Europäischen Regionen und mir ist es wichtig, dass Niederösterreich eine starke Stimme in Brüssel hat.

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