Verbund-Chef Michael Strugl, ORF-Meterologe Marcus Wadsak, Kommunalkredit-CEO Bernd Fislage, Ministerin Leonore Gewessler, Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, Staatssekretär Magnus Brunner und der Bürgermeister von Bad Aussee, Franz Frosch, bei der Eröffnung der Kommunalen Sommergespräche.
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Die Energiewende ist schaffbar

5. September 2021
Kein Thema wird die kommenden Jahrzehnte so sehr prägen wie die Energiewende. Der Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung ist das erklärte globale Ziel. Aber wie realistisch ist es, den Treibhausgasausstoß EU-weit bis 2030 um 50 bis 55 Prozent zu reduzieren und bis 2040 bzw. 2050 klimaneutral zu werden? Was braucht es und wie weit kann es wie schnell gehen? Wer zahlt den enormen Kraftakt? Darüber wurde bei den Kommunalen Sommergesprächen in Bad Aussee diskutiert.

Am Ende stand die Überzeugung „Die Energiewende ist schaffbar, aber nur mit den Gemeinden.“

So betonte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler in ihrem Impulsvortrag, dass die Gemeinden beim Klimaschutz eine wichtige Rolle einnehmen. Gewessler: „Mir ist bewusst: Viele Gemeinden sind schon weiter als der Bund. Ob PV-Anlagen oder Nahwärme, nachhaltige Investitionen gehören schon seit Jahren zum Alltag in den Gemeinden.“

Leonore Gewessler
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler will eine Schnittstelle zwischen Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften einrichten, um die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen.

In Zukunft will Gewessler eine Schnittstelle zwischen Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften einrichten, mit Informationen und Know-how zu klimafreundlichen Maßnahmen und Klimaschutz, um die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen.

Klimaschutz braucht Investitionen

WIFO-Chef und Fiskalratspräsident Christoph Badelt ging auf den Zusammenhang zwischen Klimapolitik und öffentlichen Haushalte ein. Einmal mehr appellierte er an die Politik, aber auch an die Bürgerinnen und Bürger: „Der Klimawandel ist die größte Problematik, der sich die moderne Gesellschaft stellen muss.“

Tatsache sei. So Badelt, dass es künftig einen sehr hohen Investitionsbedarf geben wird, der auch die öffentliche Hand nicht unberührt lässt. Und er appelliert eindringlich an die Politik, weniger die schlechte Nachricht, als vielmehr die Chance daraus zu sehen, die österreichische Wirtschaft umzubauen. Er ermahnte die Politik, harte Prioritätenentscheidungen treffen zu müssen. Und dabei werde die Klimapolitik eine große Rolle spielen müssen.

Klimawandel ist vom Menschen gemacht

Der ORF-Meteorologe und Klimabotschafter Marcus Wadsak nutzte die Gelegenheit, die Zuhörerinnen und Zuhörer mit erschreckenden Fakten zum Klimawandel und dessen immer spürbar werdenden Folgen wachzurütteln.

Wadsak zeigte langjährige Klimaentwicklungen anhand von Statistiken auf und verdeutlichte, dass die enorme Klimaerwärmung der letzten Jahre menschengemacht ist.

Marcus Wadsak
ORF-Meteorologe und Klimabotschafter Marcus Wadsak forderte die Gemeinden auf, den Menschen die deutlichen Vorteile von Klimaschutz aufzuzeigen und sie bei allen Entscheidungen aktiv mitzunehmen.

In Bezug auf die Politik betonte der Klimabotschafter die Dringlichkeit, rasch zu handeln und Emissionen zu reduzieren. Den Gemeinden sprach er seinen Dank für die bereits gesetzten Maßnahmen zum Klimaschutz aus und forderte sie dazu auf, den Menschen in den Gemeinden die deutlichen Vorteile von Klimaschutz aufzuzeigen und sie bei allen Entscheidungen aktiv mitzunehmen.

Energieunabhängigkeit Österreichs sichern

Staatssekretär Magnus Brunner nannte in seinem Referat über die Stärkung des heimischen Energiemarkts drei wesentliche Punkte in der Bewältigung der Klimakrise: Investition, Innovation und Zusammenarbeit. Denn, so Brunner: „Wir schaffen es nur, wenn alle mitmachen und mitmachen können.“

Kernthema der Bundesregierung sei die heimische Energieunabhängigkeit. Dafür seien Investitionen in die heimische Energieproduktion, die Forcierung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes, die Gründung erneuerbarer Energiegemeinschaften und ein Bürokratieabbau notwendig. Mit dem Erneuerbaren-Gesetz habe man einen Meilenstein gesetzt.

Gemeinden waren immer schon Vorreiter beim Klimaschutz

Gastgeber Alfred Riedl, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, beleuchtete die Rolle der Gemeinden als Pioniere des Fortschritts.

Als Beispiel nannte er innovative Ideen aus Gemeinden – etwa ihre Bürgerinnen und Bürger beim Bau von PV-Anlagen zu beteiligen, um diese mitzunehmen.

Schon lange vor den Freitags-Demos seien Gemeinden Vorreiter, Trendsetter und Transformatoren bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit gewesen. 

Riedl appellierte an die Politik in Bund und Land bei Genehmigungsverfahren schneller zu werden. Allzu oft würden Sachverständige wichtige Projekte unnötig blockieren und damit auch Geld verschwenden.

Zum Thema Raumordnung fand der Gemeindebund-Chef klare Worte: „Raumordnung den lokalen Einheiten wegzunehmen, halte ich gesellschaftspolitisch für einen Wahnsinn.“ Die lokale Gemeinschaft solle entscheiden, wie sich ihr Zuhause weiterentwickelt.

Klimaschutz durch Anreize

Digitalisierungs- und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck warf den Fokus auf das große Potential der Umstellung auf Erneuerbare Energie für die heimischen Betriebe. Durch hauseigene Photovoltaik-Anlagen auf betrieblichen Flächen und Ladestationen für E-Fahrzeuge könnten Unternehmen Stromkosten sparen und sich aktiv am Kampf gegen den Klimawandel beteiligen.

Schramböck betonte, dass sie nicht für einen Klimaschutz durch Verbote, sondern durch Anreize ist. „Wir brauchen Klimaschutz, aber wir müssen auch schauen, wie es den Leuten geht, die auf das Auto angewiesen sind“, mahnte sie. Um allen Perspektiven Raum zu geben, will die Ministerin, dass die Ausarbeitung der „Strategie 2040“ für den Wirtschaftsstandort Österreich ein partizipativer Prozess wird. Bis Anfang nächsten Jahres soll die Strategie vorliegen.

Die wichtige Rolle der EU beim Klimaschutz

Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn referierte über die Klimaschutzaktivitäten der Europäischen Union.

Die EU habe beschlossen, bis 2050 keine Treibhausgase mehr auszustoßen und diese bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren.

Der Europäische „Green Deal“ habe auch geostrategische Relevanz. Damit könne Europa in den nächsten Jahren auch globale Standards setzen. In Summe würden mit dem Green Deal eine Billion Euro mobilisiert, wobei mit einem Klimasozialfonds auch sozial Schwache unterstützt werden.

Ein wesentlicher Aspekt sei auch die Sanierung der Gebäude in Europa, so Hahn. 70 Prozent des gegenwärtigen Gebäudebestandes in Europa sind nicht thermisch saniert. Die EU hat auch im neuen EU-Budget 2021 bis 2027 vorgesehen, dass 30 Prozent aller Ausgaben in klimarelevante Projekte fließen müssen.

Johannes Hahn
EU-Kommissar Johannes Hahn: „70 Prozent des gegenwärtigen Gebäudebestandes in Europa sind nicht thermisch saniert.“

Auch mit dem Wiederaufbauplan der EU nach der COVID-Krise werden Schwerpunkte für grüne Investitionen gesetzt. Österreich sei hier Vorreiter, weil 58,7 Prozent der Mittel des Aufbaufonds in grüne Projekte fließen. Zum Abschluss betonte der EU-Kommissar, dass er das österreichische Erfolgsmodell der EU-Gemeinderäte auch auf andere Länder zu übertragen wolle, da sie Europa näher in die Gemeinden bringen.

Infos

www.sommergespraeche.at