Baggerschaufel hebt Müll auf
Das Europäische Abfallverzeichnis ist ein wesentlicher Bestandteil des Abfallrechts, in der Abfallwirtschaft direkt anwendbar, jede Änderung der Definition von Siedlungsabfall wirkt sich unmittelbar aus. Foto: shutterstock/ KaliAntye

Der Kreislauf soll gestärkt werden

Der Österreichische Gemeindebund fordert auch von der EU eine realistische Gesetzgebung mit Blick auf die kommunale Praxis.

Das Kreislaufwirtschaftspaket, das vor allem die Abfallwirtschaft der nächsten 20 bis 30 Jahre auf neue Beine stellen soll, ist auf europäischer Ebene derzeit die kommunale Causa prima. Schließlich betrifft es Gemeinden in ganz Europa. Denn diese wesentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge ist fast überall – zumindest was den Siedlungsabfall betrifft – kommunale Kompetenz.

Die geltende Rechtsgrundlage ist zwar erst sechs Jahre alt – Ende 2010 musste die Abfallrahmenrichtlinie aus 2008 in nationales Recht umgesetzt werden –, dennoch war die EU-Kommission der Auffassung, dass eine neue Richtlinie in Angriff genommen werden muss, um der Abfallwirtschaft die nötige Planungssicherheit für die Zukunft zu verschaffen. Europa soll nicht nur Vorreiter bei erneuerbaren Energien und Energieeffizienz, sondern eben auch bei der Kreislaufwirtschaft sein.

Europäischer Gesetzgebungsprozess hat bereits begonnen

Jetzt ist der europäische Gesetzgeber am Zug. Der Rat befasst sich seit Anfang des Jahres mit dem Dossier und ist auf gutem Weg, die wesentlichen Punkte bis Herbst zu klären. Damit werden für das europäische Parlament, wo im Umweltausschuss Ende Mai der Berichtsentwurf vorgelegt wurde, Tatsachen geschaffen. Doch der Erstentwurf der italienischen Berichterstatterin Simona Bonafé ist aus kommunaler Sicht durchaus positiv zu sehen: Das in Österreich umstrittene Mengenkriterium zur Definition haushaltsähnlicher Siedlungsabfälle lehnt sie ab, im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung sollen auch die durch „littering", also von im öffentlichen Raum weggeworfenen Verpackungen verursachten Kosten abgegolten werden.

Der Österreichische Gemeindebund bringt ebenso wie andere Kommunalverbände einige wesentliche Kernforderungen in den Verhandlungsprozess ein:


  1. Die Definition von Siedlungsabfall muss so gestaltet sein, dass aktuell vorhandene nationale Spielräume bewahrt werden können. Sinn einer Rahmenrichtlinie ist es, bestimmte Entscheidungen den Mitgliedstaaten zu überlassen, die detaillierte Definition von haushaltsähnlichen Siedlungsabfällen aus anderen Quellen ist so ein Beispiel: Während sich viele Kommunalverbände, darunter auch die österreichischen, gegen ein Mengenkriterium zur Definition dieser Abfälle aussprechen, fordert etwa der französische Bürgermeisterverband das Gegenteil. Jeder tritt mit der gleichen Begründung auf, nämlich dass eigene Erfolgsmodelle nicht gefährdet werden dürfen. Der Gesetzgeber ist also gefordert, nationale Handlungsspielräume zuzulassen.

  2. Die Erhöhung der Recyclingquoten für Siedlungsabfälle wird so lange kritisch gesehen, als nicht alle Mitgliedstaaten auf ähnlichem Niveau sind. Hier gibt es gravierende Unterschiede und es ist illusorisch, zu glauben, dass jene Staaten, die hauptsächlich deponieren, Entwicklungsschritte überspringen und dadurch im Jahr 2030 auf dem Niveau der Top Ten sein werden. Zur Quotenerhöhung kommt hinzu, dass es eine EU-weit einheitliche Berechnungsmethode zur Messung der Recyclingrate geben wird. Dies ist grundsätzlich positiv, weil es zur echten Vergleichbarkeit beiträgt. In Österreich wird dies aber zu Anpassungen führen und unsere aktuellen Werte anfangs drücken.

  3. Delegierte Rechtsakte dienen dazu, nicht wesentliche Bestimmungen oder nachträgliche Änderungen eines Rechtsakts durch die EU-Kommission zu ermöglichen. Im Vorschlag zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie wird davon aber überproportional Gebrauch gemacht. Während es vielfach sinnvoll ist, technische Formeln und detaillierte Ausführungsregeln von Experten erarbeiten zu lassen, hinterfragt der Österreichische Gemeindebund dies jedoch bei der Erstellung des Abfallverzeichnisses. Das Europäische Abfallverzeichnis ist ein wesentlicher Bestandteil des Abfallrechts, in der Abfallwirtschaft direkt anwendbar, jede Änderung der Definition von Siedlungsabfall wirkt sich unmittelbar aus. Änderungen reinen Expertengremien zu überlassen, deren Tätigkeit einer breiten Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar ist, ist demokratiepolitisch äußerst bedenklich. Dieser Meinung sind im Übrigen auch der österreichische Bundesrat und der französische Senat, die formell eine Subsidiaritätsrüge einbrachten.






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Der Umweltausschuss des EU-Parlaments wird im Herbst die Arbeit fortsetzen und über voraussichtlich hunderte Änderungsanträge abstimmen.

Im Rahmen des AdR-Plenums im Juni 2016 trafen sich die beiden AdR-Mitglieder des Gemeindebundes, Bürgermeister Hanspeter Wagner und Vizebürgergmeisterin Carmen Kiefer, mit den beiden österreichischen Abgeordneten im federführenden Umweltausschuss des EU-Parlaments, Elisabeth Köstinger (nicht im Bild) und Karin Kadenbach (Bildmitte).