Stühle auf Schulbänken in der Schule
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Auslastung: Nicht genügend

18. März 2015
„Auslastung: Nicht genügend!“ lautete das Motto der vierten Leerstandskonferenz, die im Jänner 2015 in Leoben über die Bühne ging und die Nutzung kommunaler Schulbauten in den Blick nahm.

Experten und Verantwortungsträger präsentierten zu diesem heißen Thema Strategien im Umgang mit räumlichem und zeitlichem Leerstand. Vorzeigeprojekte aus dem gesamten deutschen Sprachraum führten vor Augen, wie Schulgebäude redimensioniert oder einer alternativen Nutzung zugeführt werden können. Auch Zwischenlösungen zur Überbrückung von Um- und Neubauphasen kamen zur Sprache.



„Leerstand ist ein zentrales Problem, über das Kommunen und ihre Bürger/innen nachdenken müssen. Das Thema an die Öffentlichkeit zu bringen und einer profunden Diskussion Raum zu geben ist Aufgabe der Leerstandskonferenz“, so deren Initiator Roland Gruber. Mitte Jänner 2015 fand sie bereits zum vierten Mal statt. Im obersteirischen Leoben diskutierten 120 Konferenzteilnehmer/innen die Herausforderungen des schulischen Leerstands, mit denen sich insbesondere ländliche Gemeinden beschäftigen müssen.

In seinem Einführungsvortrag beschrieb Markus Schatzmann, Professor der Pädagogischen Hochschule St. Gallen, die Schule als kulturellen Teil einer Gemeinde. Die Einbindung von Schule in den Ort und des Orts in die Schule gelinge dann, wenn die Schule nicht nur von Schüler/innen und Lehrenden benützt werde. Schulgebäude eignen sich aufgrund ihrer zentralen Lage häufig zur Integration öffentlicher Angebote. Das können Sprachkurse am Nachmittag ebenso sein wie Raumangebote an Jugendgruppen und Vereine. „Dafür braucht es eine Überschreitung der klassischen Vorstellung einer Schule als Gebäude mit einem Dach und einem Zaun, das mit dem Rest der Welt möglichst wenig zu tun hat“, betonte Christian Kühn, Professor am Institut für Architektur und Entwerfen der TU Wien.



Schule nutzt Leerstand



Michael Zinner, Schulraumforscher an der Kunstuniversität Linz, präsentierte das Beispiel einer zweijährigen „Durchmischung“ von Schule und Ort: Im oberösterreichischen Feldkirchen an der Donau nahmen die Schulklassen während des Schulumbaus unterschiedliche ungenutzte oder leerstehende Räume und Gebäude im Gemeindegebiet in Beschlag. Die räumliche Verzahnung von Schul- und Gemeindeleben führte nicht nur zu einem tieferen wechselseitigen Verständnis (Stichwort: Verbesserung des Lehrer/innen-Images), sondern zeiget auch ökomische Potenziale auf.

Eine Exkursion führte die Konferenzteilnehmer/innen auch zur Baustelle des Leobener Pilotprojekts Bildungszentrum Donawitz, dem eine vor ort ideenwerkstatt als Ideenfindungs- und Beteiligungsprozess mit Auftraggeber/innen, Eltern, Lehrer/innen, Schüler/innen und Hauspersonal vorangegangen war. Ab 2016 beherbergt das sanierte Schulgebäude drei Schultypen unter einem Dach. Für Prozessmoderation, Masterplan und Architektur zeichnen Michael Zinner, die Kunstuniversität Linz und nonconform architektur vor ort verantwortlich.

Restaurant im Klassenzimmer: Good-Prac-tice-Beispiele belegen die vielfältigen Nutzungsoptionen leerstehender Schulgebäude: Eine Dorfschule im Kärntner Friesach präsentiert sich heute als barrierefreies Wohnhaus, in Bad Berleburg (Nordrhein-Westfalen) tafeln Hotel- und Restaurantgäste in ehemaligen Klassenzimmern, in Baruth (Brandenburg) wohnen und arbeiten Künstler in alten Schulmauern. Die Projekte verdanken sich privatem und kommunalem Engagement.

Die sinnvolle Umnutzung leerstehender Schulgebäude ist ein besonders augenfälliger, aber bei weitem nicht der einzige Aspekt der kommunalen Leerstandsproblematik. Günter Koberg, Baukulturkoordinator des Landes Steiermark, betonte die breite Verantwortlichkeit für das Thema Leerstand, vom einzelnen Bürger bis zur Verwaltung und Gesetzgebung. In der Steiermark werde es Gewerbetreibenden mittlerweile erleichtert, sich wieder in Ortszentren anzusiedeln.

Auch die Stadt Leoben kann beträchtliche Erfolge im Kampf gegen den Leerstand vorweisen: Das ehemalige Dominikanerkloster ist heute ein innerstädtisches Einkaufszentrum, auf dem Areal des ausgedienten Hallenbades entstanden Wohnangebote für Studierende und Lehrlinge, ein altes Industriegelände verwandelt sich in ein Kreativzentrum. „Erfolgreiche Strategien gegen Leerstand entstehen unter Einbindung aller Betroffenen. Eine breite Willensbildung erleichtert es der Politik, die ‚heiße Kartoffel‘ Leerstand anzugreifen“, so Roland Gruber abschließend.