Strategische Personalplanung ist nur einer von vielen Punkten, bei dem man Kosten sparen kann.
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Gemeindefinanzen

Ausgaben reduzieren, aber langfristig investieren

Die Teuerung zwingt die Gemeinden zum Sparen. Aber die Herausforderungen der Energiewende, der Mobilitätswende, der Kinderbetreuung oder der Digitalisierung lassen sich nicht aufhalten und brauchen weiter Investitionen. Wie geht das aber jetzt, kurzfristig Sparpotenziale zu finden und gleichzeitig langfristige Investments weiterhin zu tätigen?

Haushaltskonsolidierung zur Sicherstellung der langfristigen Finanzierbarkeit des Budgets

Zunächst sind die eigenen Ressourcen, Systeme und Prozesse einer Evaluierung zu unterziehen. Um die Klarheit über die Ausgangssituation zu schaffen, ist eine Haushaltsanalyse (laufende Gebarung, Gesamtschuldenstand etc.) durchzuführen und das beeinflussbare Budget zu ermitteln.

Um Klarheit über die finanzielle Zukunft zu erhalten, ist der Voranschlag sowie die Mittelfristplanung zu plausibilisieren und gegebenenfalls zu adaptieren. Besonders hier sollten nun die zu erwartenden Sondereffekte (Ertragsanteile, Personalkostensteigerungen, Energiekostensteigerungen, Investitionskostensteigerungen, Transferzahlungen, Zinssteigerungen, sonstige Sachkosten uvm.) in der Planung entsprechend berücksichtigt werden.

Projektphasen Haushaltskonsolidierung
Projektphasen Haushaltskonsolidierung. Quelle: eigene Darstellung BDO, 2022

Checkliste zur Evaluierung der Gemeindefinanzen und Umsetzung erster Maßnahmen

Der überwiegende Teil der Kostenbasis auf kommunaler Ebene besteht aus Fixkosten, die zu einem Großteil auf Basis variabler Einnahmen finanziert werden. Eine schnelle Reduktion der Fixkosten ist meist nur bedingt möglich. Erfahrungsgemäß ist, abhängig von der Größe der Gemeinde, nach einer vollumfänglichen Haushaltskonsolidierung mit Verbesserungen wie Einnahmenerhöhungen, Ausgabenreduktionen und Prozessoptimierungen zu rechnen.

Konsolidierungspotenzial nach Gemeindegröße
Konsolidierungspotenzial nach Gemeindegröße. Quelle: eigene Darstellung BDO, 2022

Investitionen stellen eine in der Regel zumindest mittelfristig beinflussbare Budgetposition dar und sind daher auf mögliche Reduktionen zu prüfen. Ein kurzfristiges intelligentes Zurückfahren der geplanten Investitionen kann daher zu einer entsprechenden Entlastung des Gemeindehaushalts führen. Die Fragen, die sich eine Gemeinde dazu stellen sollte:

  • Welche Investitionen sind in den nächsten fünf Jahren verteilt auf einzelne Jahre geplant?
  • Welche Investitionen sind noch für das laufende Jahr geplant und wie ist der aktuelle Status - geplant, beauftragt, in Umsetzung, abgeschlossen?
  • Wann fallen welche Auszahlungen für Investitionen an und wie erfolgt die Finanzierung? – Eigenmittel, Darlehen, Rücklagen, Förderungen
  • Welche Investitionen können im laufenden Jahr und in den darauffolgenden Jahren abgesagt oder nach hinten verschoben werden?

Die Planung des Zurückfahrens der Investitionen sollte gestaffelt nach Szenarien erfolgen, um auf noch nicht quantifizierbare Herausforderungen (Teuerungsraten, Entwicklung der Fremdkapitalzinsen, Energiekosten uvm.) schnell reagieren zu können.

Weiters muss die aktuelle Finanzierungssituation evaluiert werden: Dabei soll festgestellt werden, wie sich die Zinsanpassungen auf den Gemeindehaushalt auswirken und welche Maßnahmen dazu ergriffen werden können. Gegebenenfalls gibt es nach Abstimmung mit den Kreditinstituten Möglichkeiten, günstigere und langfristige (Fixzins-) Darlehen abzuschließen, um auf diese Weise den Schuldendienst langfristig kalkulierbar zu gestalten. Die Fragen, die sich eine Gemeinde dazu stellen sollte:

  • Welche Tilgungsverpflichtungen, Fälligkeiten und Zinszahlungen bestehen im laufenden Jahr und den darauffolgenden Jahren?
  • Wann fallen die Zahlungen an und aus welchen Mitteln werden sie bedient?
  • Welche Zinsvereinbarungen liegen den bestehenden Darlehen zu Grunde?  - variabler Zinssatz, fester Zinssatz. Berücksichtigung möglicher Zinserhöhungen in den Zinszahlungen

Quelle: Grahammer M., Pilz P. & Unterhofer M. (2020). Checkliste zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierungsfähigkeit von Gemeinden in Corona-Zeiten. Recht & Finanzen für Gemeinden. Verlag Manz Wien.

Konkrete Verbesserungspotenziale und Reformen

Kurz-, mittel- oder langfristige Verbesserungspotenziale können sich nun vor allem in folgenden Bereichen ergeben. Hier sollte eine Gemeinde eingehendere „Checks“ durchführen:

Analyse der Gebührenhaushalte:

  • Prüfung von Adaptierungsmöglichkeiten bei Gebühren wie z. B. Müll, Wasser, Abwasser etc.
  • Evaluierung der Gebühren auf eventuelle Außenstände bzw. Einbringlichkeiten

Prüfung der Ermessensausgaben

  • Evaluierung des Umfangs von freiwilligen Leistungen (Förderungen, Sponsoring, Ausflüge etc.)
  • Prüfung bzw. Reduktion von Gemeindeförderungen, die evtl. bereits über Bund- oder Länder gefördert werden (PV-Anlagen, Alarmanlagen etc.)
  • Schaffung von klaren Richtlinien im Umgang mit Vereinssubventionen
  • Evaluierung von Zuschüssen in Verbindung mit Essen auf Rädern o.ä. (Prüfung auf Kostendeckung)
  • Evaluierung von Gemeindeveranstaltungen und Kostenbeteiligungen von etwaigen weiteren Veranstaltungen

Kooperationen mit umliegenden Gemeinden und Verbänden

  • Übertragung von Aufgaben an Gemeindeverbände (bspw. Standesamtsverband, Abfallverband etc.)
  • Gemeinsame Anstellung bestimmter Arbeitnehmer:innen mit umliegenden Gemeinden zur Reduktion von Personalkosten (bspw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Steuer- und Rechtsberatung, Bauamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter etc.)
  • Kostengünstigerer Einkauf durch gemeinsame Beschaffung mit umliegenden Gemeinden
  • Synergien durch Zusammenarbeit mit gemeindenahen Organisationen – vor allem auch im Digitalbereich - nutzen
  • Forcierung der Zusammenarbeit mit Verbänden

Interne Effizienzverbesserungen

  • Reduktion von Öffnungszeiten (Wirtschaftshof, Gemeindeamt etc.) zur Reduktion von Überstunden
  • Strategische Personalplanung (Prüfung von nicht Nachbesetzungen durch Pensionierungen aufgrund von Effizienzverbesserungen oder durch Wegfall von Tätigkeiten)
  • Reduktion von Reinigungsintervallen bei Gemeindegebäuden oder Leistungen von Mitarbeiter:innen des Wirtschaftshofs
  • Reduktion von Saisonarbeitern und Praktikanten durch Wegfall unterschiedlicher Leistungen
  • Einführung eines Personalpoolings für festzulegende Bereiche (bspw. Springerinnen in der Kinderbetreuung und bei Reinigungs- oder Instandhaltungsdienstleistungen)
  • Gemeindewohnungen (Prozessverbesserungen bei Wohnungsvergaben – Leerstandsreduktion, thermische Sanierungen, automatische Indexierung der Mieten, Teilveräußerungen)
  • Einführung eines elektronischen Versands von Poststücken (Rechnungen, Bürgerinformationen etc.)
  • Forcierung von digitalen Arbeiten und Ermöglichung von Homeoffice (Druckerreduktion, Voreinstellung schwarz/weiß Druck und doppelseitig etc.)
  • IT-Wartungsverträge und Softwarelizenzen auf Notwendigkeit überprüfen
  • Frequenz von Stadt- oder Gemeindezeitschriften reduzieren
  • Reduktion der Bezüge für politische Organe durch Reduktion von Ausschüssen

Langfristige Investitionsplanung und Energiesparmaßnahmen

  • Priorisierung von Investitionen nach festzulegenden Faktoren (unaufschiebbar, ökologische oder soziale Nachhaltigkeit, Jugendförderung, längerfristige Einsparung von laufenden Betriebskosten etc.)
  • Evaluierung der geplanten Instandhaltungsarbeiten auf einen möglichen Aufschub (Straßen, Gebäude etc.)
  • Erarbeitung eines ganzheitlichen Energiesparkonzepts für Gemeindeeinrichtungen (Beleuchtung auf LED umstellen, Absenken der Raumtemperatur, teilweise Abschaltung der Straßenbeleuchtungen, Absenkung der Temperatur für Schwimmbäder, …)
  • Nutzung aller verfügbaren Förderprogramme für Investitionen

Empfehlungen und Fazit

Mithilfe einer standardisierten strategischen Vorgehensweise können die Einnahmen, Ausgaben und Prozesse der Gemeinde evaluiert werden. Gezielte Fragestellungen und Checks helfen, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, damit die Finanzierbarkeit des Haushalts auf einem nachhaltig wirtschaftlich tragfähigen Niveau sichergestellt werden kann.

Der Beitrag erschien in der NÖ Gemeinde 11/2022.