Mann im Sturm hängt an einer Laterne
Vorsorgen ist gut gegen Sturmwind!
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Katastrophenschutz

Wie schützt sich Österreich vor Naturgefahren?

8. März 2022
Eine aktuelle KFV-Studie zeigt das Sicherheitsbewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher in Bezug auf Naturgefahren auf und liefert Einblicke in neue Perspektiven gemeinschaftlicher Prävention.

Der Klimawandel ist gekommen, um zu bleiben: Unwetter, Stürme und Hitzewellen stellen Österreichs Bevölkerung immer wieder – und immer öfter – vor immense Herausforderungen. Kampf gegen die Naturgewalten: große Mühe mit wenig Aussicht auf Erfolg? Das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) beleuchtet mit einer neuen Studie zum Thema Naturgefahren das Sicherheitsbewusstsein von Österreichs Bevölkerung und zeigt Optimierungspotenziale kommunaler Präventionsarbeit auf.

Die wichtigsten Fakten und Erkenntnisse der Studie im Überblick:

Sturm, Hochwasser, Unwetter

Diese drei Spitzenreiter im Reigen der Naturgefahren sind am stärksten im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. 

Informationsquellen

Unwetterwarnungen erfahren die Befragten überwiegend via Internet, TV und Radio, 43 Prozent nutzen eine Wetter-App. Rund ein Viertel der Befragten (24 Prozent) fühlt sich über regionale Naturrisiken aber eher oder völlig uninformiert.

Verantwortung der Heimatgemeinde

Mehr als 50 Prozent der Befragten sehen ihre Heimatgemeinde in der Pflicht, über Naturgefahren zu informieren und die Bevölkerung vor diesen zu schützen. 

Selbstschutz

Gegen Sturm gewappnet fühlen sich laut Eigenaussage 46 Prozent der Befragten, gegen Hochwasser 42 Prozent, gegen Blitzschlag 40 Prozent. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten haben aufgrund akuter Warnungen private Schutzmaßnahmen ergriffen – am häufigsten bei Sturm, Unwetter oder Hagel im Anzug. Versichert sind die meisten Befragten gegen Sturmschäden, Blitzschlag, Unwetter und Hochwasser. Die Umsetzung konkreter Schutzvorkehrungen sieht dagegen bescheiden aus: Nur 15 Prozent aller Befragten treffen tatsächlich bauliche Maßnahmen gegen Naturgefahren.

Eigene Betroffenheit

Rund die Hälfte der Befragten hatte in den letzten zehn Jahren Sachschäden durch Naturereignisse erlitten, meist Stürme, schwere Hagelgewitter oder Hochwasser. Schneelast, Muren und Hangrutschungen sind in Salzburg gefürchtet, Lawinen vor allem in Tirol. Sturmschäden wurden aus Ober- und Niederösterreich berichtet, Erdbebenschäden aus Kärnten und Wien.

Konkrete Schäden

In vier von fünf Fällen traten Schäden am Eigentum der Betroffenen auf. Spuren der Zerstörung wurden meist an Haus oder Wohnung (50 Prozent) verzeichnet, gefolgt von Objektschäden an Garten/Terrasse/Balkon (40 Prozent) sowie Pkw (24 Prozent). Besonders schmerzlich: Jede:r sechste Betroffene musste den Verlust unersetzlicher Dinge hinnehmen, meist Fotos, persönliche Dokumente und Erinnerungsstücke.

Psychische Folgen

Die Sorge vor einem neuerlichen Ereignis dieser Dimension verfolgt Betroffene oft ein Leben lang, mit Symptomen wie Unsicherheit, Schreckhaftigkeit oder Schlafstörungen.

Aktive Frauen, fatalistische Männer

Kraft des Einzelnen versus Macht des Schicksals – beim Sicherheitsdenken scheiden sich die Geister in weibliche und männliche Ansichten. Frauen sind generell weniger risikofreudig und stärker darauf bedacht, aktiv Schäden am Eigentum zu vermeiden. Die weiblichen Befragten sind seltener der Meinung, dass es „einfach Schicksal“ sei, Opfer von Naturgefahren zu werden.

Die Macht des Wissens

Je höher gebildet die befragten Personen, desto stärker ihre Einschätzung menschlicher Resilienz gegenüber Naturgefahren. Gebildete Männer 50 plus überschätzen ihre Fähigkeiten allerdings signifikant. Gebildete Frauen jeden Alters schätzen ihre persönliche Gefährdung und Selbstschutzmöglichkeiten realistischer ein.

Jung und sicherheitsbewusst

Die Generationen unter 30 zeigen sich sensibilisiert und neutral, ohne geschlechts- und bildungsspezifische Unterschiede in den Meinungen über Naturgefahren.

Sozialer Zusammenhalt

Ein Lichtblick im Leben nach dem Krisenfall ist das gestärkte Gemeinschaftsgefühl der Betroffenen und ihrer Nachbarschaft.

Versichern beruhigt, Vorsorgen verhindert!

Die KFV-Studie zeigt: Österreichs Bevölkerung erwartet im Ernstfall Schutz vonseiten der Behörden, die Bereitschaft zur Eigenvorsorge nimmt tendenziell ab. Die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln ist wohl unserer „Vollkaskogesellschaft“ geschuldet: „Wir sind ja eh gegen alles versichert, wozu sollen wir da noch bautechnisch vorsorgen?“ Ein allzu leichtsinniges Motto, besonders in Zeiten des Klimawandels. 

Für Armin Kaltenegger, Leiter des KFV-Forschungsbereichs Eigentumsschutz, steht fest: „Versichern beruhigt, Vorsorgen verhindert. Wenn der Mensch vorausschauend denkt und handelt, sind Kollateralschäden durch Naturereignisse hierzulande meist vermeidbar. Mehr Eigenverantwortung ist gefragt, um Naturgefahren besser in Schach zu halten. Die Rolle der Gemeinden ist dabei essenziell: Geschulte Gemeindevertreter:innen können die Bevölkerung in Sachen Schutz und Sicherheit informieren und sind im Krisenfall kompetente erste Ansprechpartner:innen. ‚Gemeinsam statt einsam‘ muss das Motto lauten, denn im Ernstfall wird ganz schnell klar: Wir sitzen alle im selben Boot.“ 
 

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