Großraumbüro
Ein Effekt, der sich schon kurz nach dem Start des ersten Lockdowns im März 2020 gezeigt hat, war der, dass die meisten Ängste in Bezug auf das Thema Homeoffice unbegründet waren.
© muratellioglu - stock.adobe.com

Vom „Smart Village“ zu einem „Smarteren Village“

Gemeinden, die den Smart-Village-Ansatz bereits umgesetzt haben, konnten davon nicht zuletzt während der Corona-Krise profitieren. Ein Befund, den man nicht nur in Österreich feststellt, sondern auch anderswo. In der Schweiz beispielsweise heißt es vonseiten der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), dass „der Smart-Village-Ansatz sich in der Praxis bewährt hat und die Krisenanfälligkeit von Bergdörfern reduziert“. Aber was bedeutet das für österreichische Gemeinden?

Üblicherweise beginnen meine Beiträge zum Thema „Smart Village“ mit der Feststellung, dass es ohne weitgehend flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze auch keine flächendeckende Breitband-Versorgung geben wird können. Auch mit 5G nicht, denn die Glasfasernetze sind nun einmal die Basis, ohne die auch 5G nicht funktioniert. Aber darüber haben wir schon so oft und so viel geschrieben und gesprochen, es sollte mittlerweile überall angekommen sein.

Nein, diesmal soll es darum gehen, was passiert, wenn alle Voraussetzungen stimmen. Wenn die Netze liegen, wenn 5G jegliche noch so abseits liegenden Häuser oder Rotten erreicht und die Anbindung klappt. Wenn es einmal so weit ist und man macht sich als Gemeinde dann erst Gedanken, wie man selbst smart werden kann, dann wird es fast schon zu spät sein. Auch jetzt ist es praktisch schon fünf vor zwölf.

Es geht aber auch nicht darum, Ideen und Visionen wie Zustellung per Drohnen oder autonomen, gar fliegenden Verkehr ähnlich wie in der Science-Fiction-Zeichentrickserie „Futurama“ jetzt schon umzusetzen. Teils wird damit zwar schon experimentiert, es gibt auch schon Pilotprojekte, aber bis das flächendeckend kommt, werden noch etliche Jahre vergehen.

Mit kleinen Schritten die Menschen ins digitale Zeitalter mitnehmen

Es geht darum, mit kleinen Schritten und kleinen Projekten die Menschen vor Ort ins digitale Zeitalter mitzunehmen. Es gibt schon Dutzende Projekte wie dörfliche Co-Working-­Spaces, Mitfahr-Apps und digitale Dorfplätze (darunter fällt auch die Installation von öffentlichen WLAN-Sendern mit kombiniertem Marketing von regionalen Produkten), auch Gemeindeprozesse sind schon – manchmal sogar vollständig – digitalisiert. Die Menschen können am Dorfgeschehen mitwirken, auch wenn sie das Haus oder die Wohnung nicht verlassen, und die Dorfgemeinschaft kümmert sich um jene Menschen, die allein zu Hause sitzen und sich oft selbst nicht versorgen können. Und das passiert oft genug auf digitalen Wegen.

Kommunale Projekte sind meist durch das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, fast immer in enger Zusammenarbeit mit Gemeindebehörden, oft auch ansässigen KMU und Unis oder Fachhochschulen entstanden. Sie nutzen die technischen Möglichkeiten und kombinieren sie mit privatem Engagement, um Entwicklungen umzusetzen. Und in der Pandemie zeigt sich auch, dass frühere Ängste unbegründet waren, was alles passieren könnte, wenn die Leute nicht „unter Aufsicht“ arbeiten. Beispielsweise beim Thema Homeoffice.

Hat das Konzept „Arbeitsplatz im Büro“ völlig ausgedient?

Ein Effekt, der sich schon kurz nach Start des ersten Lockdowns im März 2020 gezeigt hat, war der, dass die meisten Ängste in Bezug auf das Thema Homeoffice unbegründet waren. Nach den ersten – oftmals sehr überstürzt eingeführten – Maßnahmen (geeignete Programme mussten gefunden werden, ein Prozedere musste sich einspielen, manche mussten mit Laptops und geeigneten Kommunikationsmitteln wie Headsets und Diensthandys ausgestattet werden, die Internet-Verbindungen mussten manchmal stabilisiert werden und Ähnliches) hat sich der für viele völlig neue Bereich „Homeoffice“, mit dem sich die Beiträge auf den folgenden Seiten diesmal großteils befassen, sehr schnell eingespielt.

Das gilt natürlich nicht für Unternehmen, die im Produktionssektor tätig sind, sondern auch für Dienstleistungsunternehmen, wie es Gemeinden nun mal sind. 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich im Homeoffice befanden, haben ihre Aufgaben in Eigenregie und zur Zufriedenheit sowohl der Menschen als auch der Arbeitgeber erfüllt und damit unter Beweis gestellt, dass es nicht unbedingt notwendig ist, im Büro zu sitzen.

Auch jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Gemeindeamt oder in den Kindergärten und Schulen „die Stellung halten mussten“, und jene, die für die Instandhaltung der kommunalen Infrastrukturen zuständig sind (Müllabfuhr, Kanal, Straße, Beleuchtung etc.), konnten nicht wirklich ins Homeoffice gehen, sondern haben allenfalls „Diensträder“ eingerichtet, wodurch die Präsenz im Büro als „Schichtbetrieb“ geregelt wurde. Auch das ist ein Beispiel dafür, wie dörfliche Gemeinschaft sich um die Ihren kümmert.

Krise treibt Digitalisierung voran

Aber was bedeutet das für den Arbeitsplatz im „Büro der Zukunft“? Getrieben durch die Notwendigkeit, die Abläufe auf Homeoffice (wie das „Handy“ ist das übrigens ein rein deutscher Begriff, international spricht man eher von „remote work“) umzustellen, wurde in Sachen Digitalisierung sehr viel weitergebracht. Der deutsche Städte- und Gemeindebund berichtet auch, dass 99 Prozent der Gemeinden die Corona-Krise als Treiber für die Digitalisierung betrachten, nur ein Prozent sieht die Entwicklung als Risiko (siehe Bericht auf kommunal.at/corona-bringt-digitalisierung).

Redundanzen abbauen und auf Effizienz setzen

Wie wirkt sich ein Aspekt wie Remote Work in Zukunft auf ein Geschäftsmodell wie das Smart Village aus? Einen Ort, der nun mal davon lebt, dass Menschen zusammenkommen? Weltweit ist seit Jahren ein Trend zu einer flexibleren, teils „remoten“ Arbeitsweise zu erkennen, wie Lukas Koppitz, einer der beiden Gründer und Geschäftsführer des Münchner „smartvillage“ in seinem Blog schreibt. Ein „smartes Village“ oder ein flexibles Unternehmen wie eine Gemeindeverwaltung wird nach der Krise nur einfach massentauglicher sein.

Koppitz fragt auch Folgendes: „Wieso sollte ein Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern noch 1000 feste Arbeitsplätze plus 400 Plätze in Meeting-Räumen und zusätzliche Home-Office-­Möglichkeiten vorhalten? Nach der Corona-Ausnahmesituation wird uns klar werden: In den meisten Firmen scheint eine große Anzahl an Mitarbeitern erprobterweise aus dem Home-Office arbeiten zu können. Wieso also die Flächen-­Ressourcen doppelt und dreifach vorhalten? Heißt das, dass niemand mehr ein Büro und einen Arbeitsplatz hat?“, so Koppitz.

Wie viele Mitarbeiter pro Arbeitsplatz?

Sollen Redundanzen also stark reduziert werden, kann die Lösung nur ein ausbalancierter und täglich rotierender Mix sein, bei dem diese drei Bereiche bei der Arbeitsplatzkonzeption berücksichtigt werden.  Die relevante Kennzahl ist dabei die Sharing-Ratio. Dieses Verhältnis sagt aus, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einen Arbeitsplatz gerechnet werden. Eine Sharing-Ratio von 1:1,25 sagt aus, dass für zehn Mitarbeiter noch acht Arbeitsplätze bereitgehalten werden.

Koppitz glaubt daran, dass diese Zahl in vielen Firmen auf bis zu 1:1,75 (das heißt 100 Mitarbeiter haben 25 feste Plätze im Büro) gesteigert werden kann, und schlägt auch vor, dass die Mitarbeiter an dieser Ersparnis durch weniger Mietfläche im Rahmen von Boni beteiligt werden.

Wie sich das für Gemeinden wirklich auswirken wird, wird die Zukunft zeigen, aber sich darüber Gedanken zu machen, kann nicht schaden. Und vielleicht ist es auch ein Potenzial, von dem vor allem Gemeinden profitieren können.