Mann rutscht auf Eis aus
Die persönliche Haftung von Bürgermeistern, wie hier für die Beschaffenheit von Gemeindestraßen im Winter, ist ein ernsthaftes Problem, das viele davon Abstand nehmen lässt, sich für das Amt zur Verfügung zu stellen. Foto: Shutterstock

Ver(un)sicherte Bürgermeister

Eine gute Versicherung ist ein sanftes Ruhekissen. Das gilt nicht nur für den privaten, sondern auch für den öffentlichen Bereich. Besonders, wenn man persönlich haftbar ist. Doch leider sind die Versicherungsangebote für Bürgermeister rar gesät.

Es ist erst wenige Monate her, dass KOMMUNAL die führenden Versicherungsdienstleister in Österreich fragte, mit welchen Kundenbedürfnissen Gemeinden an sie herantreten. Dabei zeigte sich eine Tendenz, die über den schon bisher gefragten Elementarschutz, hin zur Haftungssicherheit geht. Gegen höhere Gewalt, wie Naturkatastrophen in Form von Hagel, Sturm, Hochwasser oder Feuer sind Österreichs Gemeinden in der Regel mit klassischen Versicherungsprodukten gut abgesichert. Bei Haftungsfragen sieht die Lage allerdings differenzierter aus.



Auch aktuell konstatieren die in Österreich tätigen Versicherer einen Trend zu höheren Versicherungssummen in der Haftpflichtversicherung und sehen einen Nachholbedarf bei Rechtsschutzversicherungen für Gemeindebedienstete. Zudem registrieren sie eine verstärkte Nachfrage zur Absicherung bestehender Risiken, zu Abfertigungsansprüchen und Pensionsansprüchen. Einige Anbieter tendieren dazu, ein umfassendes, übersichtliches und durchgängiges Versicherungskonzept zu schaffen, wobei auch dabei die Themen straf- und haftungsrechtliche Verantwortlichkeiten im versicherungsrechtlichen und -technischen Fokus stehen.



Ein ernsthaftes Problem, das nicht nur die Gemeinde als Institution sondern den Menschen als Individuum betrifft, ist die persönliche Haftung der Bürgermeister. Nicht zuletzt ist das einer der Gründe, weshalb sich in etlichen Gemeinden Österreichs immer weniger Bürger bereiterklären, für dieses Amt zur Verfügung zu stehen.



Die Redaktion hat daher bei acht führenden Versicherungsgesellschaften in Österreich konkret danach gefragt, welche Angebote sie für Bürgermeister hinsichtlich einer Organhaftpflichtversicherung und einer Amtshaftungsversicherung haben, und weiters explizit auch nach Amtshaftungsversicherungen für bereits aus dem Dienst ausgeschiedene Bürgermeister.



Im Groben kann man die Reaktionen in drei Gruppen einteilen. Da wären zunächst die Absagen: Die Zürich Versicherung bietet für Gemeinden zwar eine Rechtsschutzversicherung mit den Deckungsbausteinen „Allgemeiner Vertragsrechtsschutz“ und weiters auch für den Verkehrsbereich an, hat aber für die Bürgermeisterhaftungen kein spezielles Produkt. Die Helvetia gibt an, grundsätzlich nicht im Kommunalbereich aktiv zu sein, ebenso wie die Raiffeisen Versicherung. Letztere verweist allerdings auf deren Schwestergesellschaft, der Uniqa Österreich.



Diese bildet mit der Wiener Städtischen zusammen die zweite Gruppe, nämlich jene Anbieter, die auf umfassende, kommunale Gesamtpakete setzen. Bei der Wiener Städtischen heißt dieses Produkt „Gemeinde General Polizze“ und umfasst die komplette Gemeinde-Infrastruktur im Freien, eine umfassende Gemeindehaftpflicht, einen Gemeinde-Rechtsschutz und Spezial- Rechtsschutz für Bürgermeister sowie zukünftige Investitionen, die automatisch drei Jahre lang versichert sind. Die Amtshaftpflichtversicherung für den Bürgermeister ist im Rahmen der Polizze in der Haftpflicht mitversichert. Hierbei gilt eine Nachdeckung von drei Jahren als vereinbart.



Eine Organhaftpflichtversicherung für den Bürgermeister bietet die Wr. Städtische im Normalfall nach Einzelanfrage personenbezogen an. Wobei hier üblicherweise die Voraussetzung ist, dass auch die Gemeinde bei ihr versichert ist. Die Nachdeckung gilt dabei standardmäßig ebenfalls für drei Jahre. Ein Produkt nur für ausgeschiedene Bürgermeister und Bürgermeisterinnen wird allerdings nicht angeboten.



Die Uniqa, bei der immerhin zwei Drittel der österreichischen Gemeinden auf irgendeine Art und Weise versichert sind, setzt ihrerseits im Bereich Haftpflicht auf  ihr Produkt VORIDEG. (für „Vollrisikodeckung für Gemeinden“) Zudem bietet sie eine spezielle Rechtsschutzversicherung für die Bedürfnisse von Gemeinden, in deren Rahmen auch Gemeindeorgane und Gemeindebedienstete abgesichert werden können.

Bürgermeistern wird auch eine Amts- und Organhaftpflichtversicherung angeboten, allerdings nur für die Dauer der Amtszeit.



Auch die Donau Versicherung bietet Gesamtlösungen an, die auch eine Versicherung der Gemeindefunktionäre beinhalten. Für Gemeindefunktionäre, wie z. B. Bürgermeister bietet sie auch einzelne Amtshaftungs- bzw. Organhaftpflichtversicherungen an, die individuell zusammengestellt werden. Diese individuelle Zusammenstellung charakterisiert gleichzeitig die dritte Gruppe von Antworten, in der sich auch die Replik der Allianz Versicherung wiederfindet. Gemeinsam ist den Reaktionen der Verweis, dass für Amts- und Organhaftpflichtversicherungen der Versicherungsschutz vom jeweiligen Einzelfall abhängt.



Das trifft auch auf unabhängige Versicherungsmakle zu. Vero, als Spezialist für das öffentlich-rechtliche Kundensegment, lässt durchblicken, dass durch sie, sowohl im strafrechtlichen- aber auch im zivilrechtlichen Bereich Lösungen für allfällige Verantwortlichkeiten, die sich für einen Bürgermeister, Gemeindemandatar oder Gemeindebediensteten nach seinem Ausscheiden aus dem Amt bzw. Dienst ergeben, abgedeckt werden können.



Das Fazit lautet also: Die Produktpalette zur Absicherung der persönlichen Haftung von Bürgermeistern ist überschaubar, und sofern man bereits aus dem Amt ausgeschieden ist wird das Angebot noch dünner. Die Nachdeckelung auf drei Jahre der Wr. Städtischen gilt nur, sofern man die Versicherung schon zuvor abgeschlossen hat. Dennoch ist dies  die konkreteste Ansage innnerhalb dieser Erhebung. Immerhin, Allianz, Donau und Makler wie Vero schließen eine derartige Versicherung nicht grundsätzlich aus und behalten sich die Einzelfallprüfung vor.



Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch bei der Grazer Wechselseitigen angefragt und urgiert wurde, allerdings war bis zu Redaktionsschluss eine Antwort weiterhin ausständig.