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Es lohnt sich zu überlegen, welche Kanäle für die Zielgruppe sinnvoll sind und welche Botschaften man als Gemeinde kommunizieren möchte.
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Kommunikation

Social Media für Gemeinden

Die Kommunikation von der Gemeinde zu den Bürgerinnen und Bürgern passiert meist über die Gemeindewebseite, öffentliche Aushänge, die Gemeindezeitung und evtl. noch Facebook. Über neue Formen von Social Media wie Instagram oder Tik Tok trauen sich erst wenige Gemeinden drüber. In einem Workshop im Rahmen des Jungbürgermeister:innen-Treffens Ende September in Wien sprach Lisa Neumayr vom Campaigning Bureau über das Potenzial und die Herausforderungen der unterschiedlichen Kanäle in der politischen Kommunikation. Ihr Fazit: will man es professionell und erfolgreich betreiben, braucht es viel Zeit und Arbeit.

Facebook verkommt zum Passiv-Medium

Facebook ist nach wie vor eines der wichtigsten Medien für Politiker:innen. Aktuelle Trends bestätigen jedoch, dass immer mehr Menschen – und vor allem jüngere Gruppen - die Plattform eher passiv als Konsumenten nutzen, um sich zu informieren, aber privat weniger posten. Das unterstreicht die Bedeutung für die Politik, so Lisa Neumayer vom Campaigning Bureau. Will man die Zielgruppe aktiv beteiligen, so ist laut Expertin die Plattform Instagram noch besser geeignet.

Instagram erfolgreich nutzen bedeutet viel Interaktion

Die wichtigsten Dinge für eine erfolgreiche Nutzung von Instagram ist die regelmäßige Bespielung und Interaktion mit den Followern. Grundlage ist ein aussagekräftiges Profil. Die Social-Media-Expertin empfiehlt eine professionelle, präzise und prägnante Beschreibung der Person im Profil und ein klar erkennbares Porträtfoto.

Ein Tipp der Expertin, um die Reichweite von Beiträgen zu steigern: Gemeinsame Beiträge mit anderen Profilen posten und Hashtags benutzen. Die Interaktion mit den Followern wird auch Community Management genannt – ihre Bedeutung wird oft unterschätzt. Unter Community Management fällt etwa zeitnahes Antworten auf Kommentare, die Reaktion auf Kritik oder Anregungen und aktives Zugehen auf die Follower, etwa durch Beiträge mit Aufrufen, Fragen oder Gewinnspielen. Für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister könnte das aussehen wie eine offene Frage an die Bürgerinnen und Bürger zu einem aktuellen Thema, eine Fotochallenge im Zusammenhang mit der Gemeinde oder ein Gemeinde-Gewinnspiel. Ziel ist der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern auf Augenhöhe – der sich auszahlt.

Bei Tik Tok ist Kreativität gefragt

Besondere Beachtung genießt derzeit die Plattform Tik Tok. Viele wissen nicht so recht, wie mit der Kurzvideo-App, die in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt hat, umzugehen ist – taugt sie für die politische Arbeit? Ja, sagt die Expertin. Angesichts der steigenden Anzahl von Nutzer:innen im wahlberechtigten Alter sollte Tik Tok von (kommunal-)politischen Akteur:innen durchaus in den Blick genommen werden. Es sind aber einige Dinge zu beachten.

Erfolgsfaktoren für Tik Tok sind auch hier die regelmäßige Bespielung des Kanals und vor allen Dingen Interaktion mit Followern. Ein heißer Tipp von Lisa Neumayer: Die sogenannten Trends oder Sounds mitmachen. „Damit kann man besonders die junge Zielgruppe ansprechen.“

Welche Tageszeit eignet sich am besten?

Bei den Inhalten gibt die Social Media-Expertin folgende Empfehlung: „Am häufigsten wird das Tagesgeschehen dokumentiert, es sollte sich aber nicht nur auf das beschränken. Auch geplanter Content mit fixen Botschaften, sowie Anlässe und Aktionen sollten Platz haben.“

Größere Produktionen wie Imagevideos sollten hingegen eher nur zu besonderen Anlässen veröffentlicht werden. Den idealen Zeitpunkt für Postings gibt es laut Untersuchungen zwar nicht, üblich ist grundsätzlich in der Früh.

Was tun, wenn Online-Diskussionen eskalieren?

Die Schattenseite von Social Media sind Online-Diskussionen, die sich zu Shitstorms aufschaukeln können. Der leichte Zugang und die dadurch vereinfachte Kommunikation mit Politiker:innen auf Facebook und Co. führt vermehrt zu Konflikten. Hass im Netz nimmt auch in der Kommunalpolitik zu: Besonders, wenn es um Entscheidungen geht, die das direkte Lebensumfeld von Menschen bestreffen, können die Gemüter schnell heiß laufen.

Eine Umfrage des Österreichischen Gemeindebundes unter 530 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor der Corona-Pandemie – im Jahr 2019 – ergab, dass schon damals drei Viertel der Amtsträger immer häufiger Hass im Netz ausgesetzt sind und 42 Prozent aller Gemeinden in Österreich bereits Erfahrungen mit Übergriffen gemacht haben. Im Laufe der Pandemie hat dies weiter zugenommen.

Lisa Neumayr
Expertin Lisa Neumayr beim Jungbürgermeister:innen-Treffen: „Besser einen Kanal ordentlich bespielen als mehrere nur so halb.“ Foto: Marschik

Der Umgang mit Online-Angriffen und Hasskommentaren bereitet Kommunalpolitikerinnen und -politiker Kopfzerbrechen. Neumayer empfiehlt: „Fragen und Hasskommentare sollte man unterscheiden. Bei Fragen soll im Idealfall immer jemand antworten, Hassbotschaften kann man auch löschen.“

Die Kommentarfunktion komplett auszuschalten, hält die Expertin für keine gute Idee. „Das sendet die Botschaft, dass man Diskussion und Kritik von vornherein unterbinden möchte.“ Nur bei einzelnen, heiklen Themen, muss man eventuell die Sperrfunktion nutzen.

Professionelles Community Management arbeitet auch mit Textbausteinen, außerdem kann man Kommentare noch Worten filtern, um Hassbotschaften sofort herauszulesen. Oftmals kann es auch helfen, den Weg der direkten Kommunikation einzuschlagen, sprich, den Hasskommentar zu sperren und das direkte Gespräch mit dem oder der Absender:in zu suchen, um die Diskussion nicht in der Öffentlichkeit auszutragen.

Social Media-affine Bürgermeister gibt es viele …

In der Praxis von Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern erweist sich rasches Community-Management leider oft als schwierig. Speziell für Social Media gibt es in Gemeinden normalerweise kein Personal. Auch wenn einige Gemeinden großartige Kommunikationsarbeit leisten, ist das doch eher die Ausnahme.

Ein Beispiel ist Hannes Pressl – der Bürgermeister von Ardagger (NÖ) nutzt die volle Bandbreite: Angefangen von seinem Gemeinde-Blog, über Instagram bis hin zu Tik Tok ist der Bürgermeister auf allen Kanälen unterwegs. Auch Twitter-scheu sind die österreichischen Ortschefs nicht: Der Lustenauer (Vbg) Bürgermeister „zwitschert“ genauso wie der Traiskirchener (NÖ).

Der selbsternannte „Tik Tok-Bürgermeister“ ist zwar in Deutschland zu Hause, zeigt aber, dass kommunale Themen auch spielerisch und mit Humor kommuniziert werden können. Was viele Gemeinden ist Österreich seit der Pandemie vermehrt nutzen, ist der Whatsapp-Status oder der Whatsapp-Newsletter – eine einfache Kommunikationsmöglichkeit, die den Vorteil hat, dass Bürgerinnen und Bürger direkt darauf antworten können.

… die Ressourcen dazu aber nicht

Generell gilt, die Strategie nicht zu vergessen, meint Lisa Neumayer vom Campaigning Bureau: „Es lohnt sich zu überlegen, welche Kanäle für die Zielgruppe sinnvoll sind und welche Botschaften man als Gemeinde kommunizieren möchte.“

Neumayer empfiehlt: „Besser einen Kanal ordentlich bespielen als mehrere nur so halb.“ Auch um Effizienz und Personalkapazitäten sollte man sich bei der Bespielung des Kanals Gedanken machen.

Grundsätzliche Fragen, die man sich stellen sollte, sind:

  • Was sind die Ziele?
  • Wer ist die Zielgruppe? Wie erreiche ich sie?
  • Was will ich kommunizieren?
  • Welche Anlässe bieten sich an?
  • Teile ich auch private Infos? Wie viel Zeit will ich in Social Media-Arbeit investieren?
  • Wer kann mich unterstützen?
  • Wie kann ich meine Reichweite steigern und wie kann ich sie messen (in Likes, Interaktionen, Shares etc.)?

Fazit

Für Gemeinden sind alle Tipps zur politischen Kommunikation auf Social Media nützlich. Ob sie umsetzbar sind, ist aber eine andere Frage. Erstens handelt es sich um eine komplexe Zielgruppe, man soll schließlich alle Gemeindebürgerinnen und -bürger erreichen. Zweitens sind in vielen Gemeinden die personellen Ressourcen für Content- und Community-Management nicht immer gegeben. Daher: Möglich ist vieles, aber nicht alles ist machbar oder zweckmäßig.