PV-Anlage auf einer Wiese
Es wurde darauf geachtet, landwirtschaftlich genutzte Flächen mit hoher Bodengüte zu meiden und vorrangig bereits durch andere Nutzungen „beeinträchtigte Flächen“ heranzuziehen.
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Photovoltaik im Grünland – eine Abwägungsfrage

Gemeinden werden zunehmend mit Widmungsanfragen für PV-Anlagen konfrontiert. Dabei ergeben sich in der Regel Interessenkonflikte. Auch die Abwägung zwischen Bodennutzung und Klimaschutz wird mitunter zum Spagat. Darüber hinaus können unterschiedliche Vorstellungen von Grundbesitzern oder Projektentwicklern einerseits und der breiteren Öffentlichkeit andererseits zum Konfliktthema werden.

Der NÖ Klima- & Energiefahrplan 2020-2030 sieht vor, die Photovoltaikleistung bis zum Jahr 2030 auszubauen. Neben der vorrangig angestrebten Installation von Photovoltaikmodulen auf Dachflächen trägt auch die Aufstellung von großflächigen Photovoltaikanlagen im Grünland zur Erreichung der Energieziele bei. Dabei gilt es, auch den ebenso immer bedeutsamer werdenden Grundsatz des Boden- bzw. Flächensparens nicht aus den Augen zu verlieren.

Unter diesen Gesichtspunkten hat das Land Niederösterreich ein „Sektorales Raumordnungsprogramm über PV-Anlagen im Grünland in NÖ“ verordnet. Die rechtliche Grundlage dafür bietet das NÖ Raumordnungsgesetz (NÖ ROG 2014). Darin wird festgehalten, dass die Landesregierung Zonen festzulegen hat, auf denen die Widmung Grünland-Photovoltaikanlagen mit einem Ausmaß von mehr als 2 Hektar zulässig ist. Freier formuliert könnte man sagen: Bei PV-Widmungen größer 2 Hektar gibt das Land vor, wo diese allenfalls zu liegen kommen können. Die Entscheidung, ob gewidmet wird, bleibt jedoch jedenfalls bei der Gemeinde.

Wo großflächige PV-Nutzung machbar ist

Für die Festlegung von Zonen wurde ein landesweiter GIS-Abschichtungsprozess herangezogen, der den Überlegungen eine Reihe an (Geo-)Informationen zugrunde legt. So konnte räumlich dargestellt werden, wo Daten und Argumente eher für und wo diese eher gegen eine größerflächige PV-Nutzung sprechen.

Dabei beschreiben sogenannte Positivkriterien jene Bereiche, die aufgrund der fachlichen Überlegungen eine hohe Eignung mit geringer Störwirkung für eine Photovoltaik-Freiflächenanlage haben, etwa im Nahbereich einer Autobahn, einer Deponie oder einer Kläranlage.

Negativkriterien kennzeichnen dagegen jene Bereiche, auf denen zumindest keine großflächige Photovoltaiknutzung erfolgen soll. Dazu zählen etwa hochwertige landwirtschaftliche oder naturschutzfachlich relevante Flächen, Wildtierkorridore, Waldflächen oder Flächen von militärischer Bedeutung. Es wurde also explizit darauf geachtet, landwirtschaftlich genutzte Flächen mit hoher Bodengüte zu meiden und vorrangig bereits durch andere Nutzungen „beeinträchtigte Flächen“ heranzuziehen.

Nähe zu Umspannwerken

Da der gewonnene Strom auch in das Stromnetz eingespeist werden muss, wurden in einem weiteren Schritt die ermittelten Eignungsflächen mit den vorhandenen freien Kapazitäten der Umspannwerke verschnitten. Dazu wurden die verfügbaren Kapazitäten in Radien um die Umspannwerke umgerechnet, wodurch der räumliche Fokus für die Zonierungsfindung deutlich geschärft wurde.

Auch die Grundsatzentscheidung, dass alle Regionen Niederösterreichs an einer dezentralen Energieversorgung beitragen sollen, schlägt sich in der letztlich vorgelegten Gebietskulisse nieder. So finden sich heute auch in Bezirken mit durchwegs hohen Bodenbonitäten einige PV-Zonen. Denn die Prämisse war und ist nicht, alle Böden ab einer gewissen Gütestufe zu meiden, sondern die jeweils relativ besten Böden einer Region.

Staffelung nimmt Rücksicht auf Natur- und Sozialverträglichkeit

Innerhalb einer durch das Land verordneten Zone kann die jeweilige Standortgemeinde die Widmung „Grünland Photovoltaikanlage (Gpv)“ bis zum Ausmaß von 5 Hektar vornehmen. Bei Vorlage eines Ökologiekonzepts sind weitere 5 Hektar möglich. Es können hier daher bis zu 10 Hektar große PV-Freiflächenstandorte entstehen.

Dank dieser Staffelung samt Ökologiekonzept wird mehr Rücksicht auf Bodenfunktionen sowie auf Natur- und Sozialverträglichkeit genommen. Durch das Ökologiekonzept wiederum werden gewisse Mindeststandards definiert (rückstandsloser Rückbau der Anlage, Reihenabstände der Module etc.). Zusätzlich müssen darin Maßnahmen zum Zweck der Biodiversität (Pflanzung einheimischer Gehölze, Aussaat von Blühwiesen etc.) oder der Ernährung (extensive Beweidung der Flächen, Pflanzung von Streuobst, etc.) enthalten sein.

Dass Niederösterreich betreffend Freiflächenphotovoltaik verstärkt auf Flächen setzt, welche durch andere Nutzungen bereits „beeinträchtigt sind“, lässt eine zusätzliche Bestimmung im Sektoralen Raumordnungsprogramm erkennen. Hier ist verankert, dass die Widmungsart „Grünland-Photovoltaikanlagen” auf einer Fläche von insgesamt mehr als 2 Hektar nicht nur in den mittels Plan erfassten und parzellenscharf abgegrenzten Zonen möglich ist, sondern auch auf Flächen, die als Altlasten ausgewiesen sind, auf Flächen mit bestehenden genehmigten Deponien sowie auf im Abschluss befindlichen Bergbaugebieten.

Abseits der Zonen gemäß Sektoralem Raumordnungsprogramm über PV-Anlagen im Grünland in NÖ (SekROP PV) können kleinräumige Photovoltaikflächen bis 2 Hektar umgesetzt werden. Auch hier zählt eine entsprechende Flächenwidmung durch die Gemeinde zu den Voraussetzungen. Im Gegensatz zu den größerflächigen Widmungen (in Zonen) hat die Gemeinde - unterstützt durch ihren Ortsplaner - hier aber selbst Überlegungen und Abwägungen betreffend Standortwahl zu treffen und dabei grundsätzlich das gesamte Gemeindegebiet einzubeziehen.

Gemäß NÖ Raumordnungsgesetz (NÖ ROG 2014) ist bei der Widmung einer Fläche für Photovoltaikanlagen insbesondere auf die Erhaltung der Nutzbarkeit hochwertiger landwirtschaftlicher Böden, die Geologie, die Interessen des Naturschutzes bzw. übergeordnete Schutzgebietsfestlegungen, den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes, die vorhandene und geplante Netzinfrastruktur sowie die Vermeidung einer Beeinträchtigung des Verkehrs Bedacht zu nehmen.

Dass sich diese Aspekte und eine Suche nach den „objektiv besseren Standorten für Photovoltaik im Gemeindegebiet“ nicht zwangsläufig mit den Interessen von Grundbesitzern und konkreten Projektwerbern decken müssen, liegt auf der Hand. Noch dazu, da die Raumordnung ja grundsätzlich ungeachtet von Eigentumsverhältnissen vorzugehen hat. Vielmehr ist das öffentliche Interesse in den Vordergrund zu stellen. Und da gilt: Die beste Lösung für die Gemeinschaft ist selten das Optimum für den oder die Einzelne(n). Und doch muss das Gemeinsame das Ziel sein und bleiben.

Land berät

Wie bei jeder Änderung des Flächenwidmungsplans ist auch bei der Widmung von Grünland-PV-Flächen ein vordefiniertes Verfahren einzuhalten. Das Land tritt dabei als Umwelt- und Aufsichtsbehörde auf und hat die Einhaltung einschlägiger Bestimmungen zu überprüfen. Mit dem Leitfaden „Widmungsart Grünland-Photovoltaikanlagen“ stellt das Land Niederösterreich nicht nur einen Leitfaden zur Ausweisung im Flächenwidmungsplan, sondern auch konkrete Hinweise und Leitlinien für die Umsetzung in der Praxis zur Verfügung. Unter dem Schwerpunkt Energiewende setzen sich die Ausgaben 3/2022 und 2/2023 des Magazins Raumdialog intensiver mit Fragen und Antworten rund um Grünland-Photovoltaik auseinander.