Norbert Hofer gibt Antworten ...

17. März 2016

Welchen Bezug haben Sie zur österreichischen Kommunalpolitik oder haben Sie selbst Erfahrung in der Kommunalpolitik?



Hofer: Ich komme aus der Kommunalpolitik, ich war jahrelang Gemeinderat in Eisenstadt und habe dort die Kommunalpolitik grundlegend mitgestaltet. Prägend waren für mich vor allem die Nähe zu den Bürgern, der rege Austausch und vergleichsweise schnelle Umsetzungsmöglichkeiten.



Sind Sie der Ansicht, dass die Anliegen der Gemeinden etwa beim Finanzausgleich im Zusammenspiel der Gebietskörperschaften ausreichend berücksichtigt werden?



Beim Finanzausgleich gibt es massive Unterschiede, was die Gewichtung der Gemeinden betrifft. Gerade als Bewohner einer mittleren südburgenländischen Gemeinde sehe ich, wie knapp die Budgets hier berechnet sind. Es muss das Anliegen des Staates sein, dass sich unsere Kommunen nicht über Gebühr in Schulden stürzen, um beispielsweise ein Schulgebäude zu sanieren. Ich glaube, hier braucht es einen neuen Berechnungsspiegel, denn der Finanzausgleich, stellt die finanzielle Absicherung und Basis der österreichischen Gemeinden dar.



Die Wahlen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Wahlbeteiligung immer mehr zurückgeht. Was würden Sie gegen diesen demokratiepolitisch bedenklichen Trend unternehmen?



Hofer: Viele Bürger sehen die Sinnhaftigkeit nicht mehr, nur alle fünf Jahre ein Kreuzerl abzugeben. Um Menschen wieder für Politik zu begeistern, bin ich für ein Modell der Direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild in Österreich. Alles was im Parlament entschieden wird, kann auch Inhalt eines Volksbegehrens sein.



Zu den jüngsten Kommunalwahlen in Tirol ist in rund einem Drittel der Gemeinden nur ein Kandidat angetreten. Auch das eine demokratiepolitisch eher bedenkliche Entwicklung, die immer deutlicher zutage tritt. Hofer: Was ist Ihre Meinung zu diesem Trend und wie könnte man ihn umkehren?



Tirol ist mit seinen vielen kleinen Gemeinden sicher ein Sonderfall. Dennoch gibt diese Entwicklung Anlass zu größter Sorge, wir müssen es endlich wieder schaffen, die Bürger dazu zu motivieren, ihre Zukunft selbst zu gestalten und sich auch aktiv einzubringen. Die Begeisterung für die Kommunalpolitik, für das Mitgestalten muss gefördert werden. Dazu ist es aber auch notwendig, dass Gemeinden im gesamten politischen Gefüge mehr Gewicht bekommen, als sie derzeit haben. Gesetze, wie das so genannte Durchgriffsrecht tragen zusätzlich zu Enttäuschung und Frustration bei, da Gemeinden keinerlei Mitsprache oder Vetorecht eingeräumt wird. Diese Entwicklung geht in die völlig verkehrte Richtung. Wir brauchen starke Gemeinden, mit selbstbewussten Gemeindebürgern, die auch von Ländern und Bund gehört und ernst genommen werden.



Es gibt viele Stimmen, die behaupten, dass das Amt des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin einerseits zu wenig attraktiv (in finanzieller Hinsicht, persönliche Haftungen etc.) ist, andererseits sind die Anforderung an die Person „Bürgermeister“ zu hoch (öffentliche Geringschätzung des Amts, enorme Stundenbelastung etc.). Wie ist Ihre Einstellung zu dieser Frage?



Es ist heute leider so, dass Politiker pauschal ein sehr schlechtes Standing haben. Einen wesentlichen Teil dazu tragen wohl auch die Medien bei, die von exorbitanten Gehältern und monatelangen Ferien auf er einen Seite berichten, andererseits jedes Wort, das Politiker von sich geben, auf die Waagschale legen, um es skandalisieren zu können. Diese Entwicklung ist bedauerlich, zumal die Anforderungen an Politiker, vor allem an Kommunalpolitiker, immer mehr steigen. Ein Bürgermeister ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, im Amt. Selbst der sonntägliche Kirchgang ist Teil seiner Tätigkeit. Was ich damit sagen will ist, dass die Freizeit, die Kommunalpolitiker und vor allem Bürgermeister haben, keine unbeschwerte Zeit ist. Die Bürger erwarten – teilweise auch zurecht – dass „ihr Bürgermeister“ immer ein offenes Ohr hat. Ich glaube daher, es muss auch den Kommunalpolitikern angemessener Respekt gezollt werden.



Wie stehen Sie zu dem Zitat: „Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde“? Können Sie sagen, woher dieser Satz stammt? Und können Sie ihm zustimmen?



„Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde“ lautete Artikel 1 des Provisorischen Gemeindegesetzes vom 17. März 1849, wobei man aufgrund der historischen Ereignisse nach der Revolution von 1848 und einer neoabsolutistischen Herrschaft diesem Grundsatz lange Zeit nicht treu war. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde die Thematik der freien Gemeinden wieder aufgegriffen und erst 1962 die Gemeindeverfassungsnovelle beschlossen, die das Fundament der Selbständigkeit der Gemeinden ist. Die Vorteile des Föderalismus sind nur dann für jedermann spürbar, wenn dieser mit freien, festen und unabhängigen Gemeinden gepaart wird.



Bundespräsident Heinz Fischer hat während seiner Amtszeit jeden einzelnen Gemeindetag besucht. So es Ihre Zeit zulässt: Werden wir Sie auf dem Gemeindetag 2016 (7. Oktober 2016 in Klagenfurt) begrüßen können?



Selbstverständlich würde ich den Gemeindetag besuchen. Es ist mir aber ein ganz großes Anliegen, den Kontakt zu den Gemeinden das ganze Jahr über intensiv zu pflegen, um auch wirklich über die Bedürfnisse, Sorgen und Probleme der Kommunen informiert zu sein.



Zurück zum Hauptartikel...



 

Schlagwörter