Das steirische Birkfeld ist eines jener regionalen Zentren, das schlecht an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden ist.
Foto: www.birkfeld.com

Nachhaltige Mobilität für regionale Zentren

23. August 2016
Beim Mobilitätsangebot gibt es nicht nur ein Stadt-Land Gefälle, auch zwischen den Regionen sind die Unterschiede groß, wie eine Publikation des VCÖ zeigt. Top angebunden an das öffentliche Verkehrsnetz sind Wörgl, Bruck an der Mur und Bludenz, schlecht ist das Angebot unter anderem im steirischen Birkfeld und in Matrei. Von 124 regionalen Zentren haben zwölf keine Bahnverbindung. Unterschätzt ist das hohe Potenzial von Radfahren, Carsharing und auch Gehen in den regionalen Zentren.





Im Ballungsraum Wien sind zudem noch Schwechat, Korneuburg und Vösendorf drei regionale Zentren mit weniger als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Dagegen sind unter anderem die Orte Birkfeld, Matrei, Güssing, Bad Gleichenberg und Abtenau nur schlecht an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen.



regionale Einpendel-Zentren

Mindestfrequenz an Linienverkehren soll erreicht werden



In Österreichs 124 regionalen Zentren wohnen knapp 1,5 Millionen Menschen, 915.000 Menschen arbeiten hier, davon pendeln 560.000 aus dem Umland ein. Weitere 150.000 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrlinge und Studierende pendeln ebenfalls in die regionalen Zentren ein. „Ziel muss sein, dass alle regionalen Zentren gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Es braucht bundesweit eine Mindestfrequenz an Linienverkehren, die von bedarfsorientierten Angeboten ergänzt werden“, betont VCÖ-Experte Markus Gansterer.

Zwölf Zentren nicht mit der Bahn erreichbar



Der VCÖ weist darauf hin, dass zwölf von 124 regionalen Zentren derzeit nicht mit der Bahn erreichbar sind, davon haben fünf keinen Bahnhof. Weitere 14 Orte haben weniger als 25 Zugverbindungen pro Tag. In jedem dritten regionalen Zentrum halten zwischen 50 und 99 Züge pro Tag und 28 regionale Zentren weisen 100 oder mehr Halte pro Tag auf. „Neben der Modernisierung bestehender Regionalbahnen sind in stark wachsenden Regionen neue Verbindungen zu errichten“, so Experte Gansterer.

Busverkehr hat wichtige Bedeutung



Eine sehr wichtige Rolle hat der Busverkehr. Immerhin 72 regionale Zentren verfügen über zehn oder mehr Buslinien, 21 davon verfügen über 20 oder mehr Buslinien. Darüber hinaus bieten 55 regionale Zentren einen eigenen Stadtverkehr mit regelmäßigen Verbindungen an. Von den Orten ohne Bahn haben Oberwart, Oberpullendorf und Zwettl zumindest eine höhere Anzahl an Busverbindungen. 39 regionale Zentren verfügen über sogenannte Mikro-ÖV Systeme, das sind Gemeindebusse oder Anrufsammeltaxis. Diese Bedarfsverkehre sollen Ergänzung zum regionalen Bahn- und Busverkehr sein.

Potenzial für Carsharing



Unterschätzt ist das Potenzial von Carsharing in regionalen Zentren. „Carsharing ist für die Regionen mindestens so gut geeignet wie für große Städte. Einzig die Organisationsform ist eine andere“, so Gansterer. Jedes dritte regionale Zentrum (34) verfügt über ein Carsharing-Angebot, allein in Niederösterreich gibt es in zehn regionalen Zentren E-Carsharing. Dabei wird in der Regel von der Gemeinde ein E-Auto zum Ausleihen der Bevölkerung zur Verfügung gestellt. Zudem kann in Wohnsiedlungen über einen Mobilitätsfonds das gemeinsame Nutzen von Autos ermöglicht werden. In den Regionen gibt es besonders viele Zweitautos. Diese werden im Schnitt nur 8.500 Kilometer pro Jahr gefahren und sind weniger als eine Stunde pro Tag im Einsatz.

Kombination Öffentlicher Verkehr und Fahrrad



Deutlich umweltfreundlicher kann die Mobilität in der Region durch die verbesserte Kombination Öffentlicher Verkehr und Fahrrad werden. Eine Erhebung für die Region Leithagebirge – Neusiedlersee zeigt, dass im Radius von 3,6 Kilometer von den Bahnhaltestellen fast jeder Punkt abgedeckt ist – ein Radius, der bei guter Infrastruktur leicht per E-Fahrrad oder auch mit einem normalen Fahrrad zu bewältigen ist. Die öffentlichen Verkehrsunternehmen haben in Zusammenarbeit mit den Gemeinden verstärkt auf eine gute Erreichbarkeit der Bahnhöfe mit dem Fahrrad zu achten und ausreichend Rad-Abstellplätze anzubieten.

Gemeinden haben wichtige Funktion



Einen großen Beitrag für eine umweltfreundlichere Mobilität kann die Siedlungspolitik der Gemeinden leisten. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Zersiedelung massiv zugenommen. In Österreich leben bereits 18 Prozent der Bevölkerung in Siedlungen mit weniger als 250 Personen. Je zersiedelter die Region, umso höher ist die Abhängigkeit vom Auto. Je höher die Siedlungsdichte, umso mehr Menschen legen Alltagswege zu Fuß, mit dem Rad oder im Öffentlichen Verkehr zurück. Zusatzvorteil einer Ortsplanung, die das Wohnen im Ortszentrum forciert: Die Nahversorgung und die regionale Wirtschaft werden gestärkt, ältere Menschen haben die Chance, selbstständig Einkäufe erledigen zu können und haben mehr soziale Kontakte.



Gut und schlecht angebundene regionale Zentren