Frau ist schockiert beim Lesen einer Rechnung
Energiekosten: „Preissteigerungen sind aufgrund von Fixpreisverträgen heuer noch nicht schlagend, aber ab 2023 werden Neuverhandlung mit Energielieferanten nötig werden.“
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Energie

Massive Preissteigerungen stehen ins Haus

Ein Thema beherrschte Mitte September alles – abgesehen vom Ableben der britischen Königin. Die Preissteigerungen vor allem bei den Energieformen, die für Ende des Jahres und speziell für das kommende Jahr massiv erwartet werden. Berichte aus den Gemeinden sprechen von einer Verfünffachung nur der Strompreise.

Die KOMMUNAL-Umfrage von Mitte August liest sich teilweise wie ein Horror-Roman: „Beim Strom ist es eine Verfünffachung des Arbeitspreises. Das sind über 140.000 Euro Mehrkosten nur für Strom. Preis für Erdgas konnte vom Versorger aufgrund der Volatilität nicht bestimmt werden“ schreibt beispielsweise eine Gemeinde.

Zur Erinnerung: In der letzten Ausgabe von KOMMUNAL haben wir einen Fragebogen an 3.100 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Amtsleiterinnen - und leiter berichtet, in dem wir das Thema Energiekostenanstieg nachgefragt haben. Die Ergebnisse der Umfrage zeichnen ein drastisches Bild der Lage. In praktisch allen Gemeinden ist die Kostenexplosion bei den Energiepreisen ein Thema. Während sich noch ein gutes Viertel der Gemeinden abwartend und beobachtend verhält, versuchen gegenwärtig über 70 Prozent der Kommunen, dem Kostenanstieg aktiv entgegenzutreten.

Befürchtungen bezüglich Steigerung massiv

Ein Viertel der befragten Gemeinden bestätigt jetzt schon einen Anstieg der Energiekosten um mehr als 25 Prozent. „Gemeinden schließen Jahresverträge. Das heißt, für das laufende Budget gibt es keine Auswirkungen, aber im kommenden Jahr werden wir einen Anstieg in der Höhe von 200 Prozent haben und das ist eine enorme Herausforderung“, lautet eine Antwort, die exemplarisch für eine Vielzahl an ähnlichen Rückmeldungen steht. Kleinere Gemeinden sehen sich nun mit 55.000 statt 15.000 Euro Gesamt­energie­kosten konfrontiert.

Die Gemeinden befinden sich auch deshalb in einem Dilemma, weil das Einsparungspotenzial kaum vorhanden ist. Schon bisher hat man nichts verschwendet und die Pandemie hat die finanzielle Lage zusätzlich belastet: „Durch Corona haben wir Mindereinnahmen in unserer Gemeinde, wie wir sie bis dato noch nicht gekannt haben, daher stellt jeder Kostenanstieg ein großes finanzielles Problem dar“, klagt ein Gemeindeverantwortlicher.

Ein anderer Befragter bringt es auf den Punkt: „Ständig sparsam wirtschaften ist für uns ein wichtiges Prinzip“, und das war es auch schon in der Vergangenheit. Man hat schon bisher nichts verschwendet, und was jetzt eingespart werden muss, sind eigentlich wirklich notwendige Dinge, und das tut richtig weh. 

Das Gemeine an der Situation ist die Unvorhersehbarkeit. „Preissteigerungen sind aufgrund von Fixpreisverträgen heuer noch nicht schlagend, aber ab 2023 werden Neuverhandlung mit Energielieferanten nötig werden.“

Diese realistische Ansicht vieler Gemeinden (und Privaten) hat sich schneller bewahrheitet als erwartet. Derzeit (Mitte September) erhalten viele vor allem private Haushalte Kündigungsschreiben ihrer Stromversorger. Lapidare Aussage: „Lieber Kunde, aufgrund von Preissteigerungen können wir den Vertrag mit dir nicht mehr einhalten und kündigen per … Bitte bemühe dich rechtzeitig um einen neuen Energieversorger.“

Auch Baukosten steigen

Der Energiekostenanstieg ist nur eine Seite der Medaille, denn Kostenerhöhungen gibt es auch in anderen Bereichen – vor allem die Kosten rund um den Bau steigen und steigen. Das Gemeinde­budget ist gesamtheitlich zu sehen, wo alle Kostenerhöhungsfaktoren einfließen. Das reicht dann von geplanten Einsparungen bis hin zu den am meisten befürchteten Gebührenerhöhungen.

„Da auch andere (Pflicht-)Ausgabenbereiche massiv ansteigen, müssen wir schauen, den Haushalt ausgeglichen zu schaffen. Die Investitionen werden deutlich zurückgeschraubt - leider!“, so ein Umfrage-Statement.

Und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. In der Veranstaltung „Politik am Ring“ mit dem Titel „Was tun gegen die hohe Inflation?“ erwartete Wifo-Experte Josef Baumgartner weitere Preisanstiege bei Gas und Strom (nachzusehen auf www.parlament.gv.at/MEDIA/). 
Zu den steigenden Energiepreisen kommt auch der Anstieg der Lebensmittelpreise – die Inflation ist derzeit auch auf Rekordhöhe. Die Bundesregierung antwortet mit Entlastungszah­lungen, die Europäische Zentralbank mit Zinserhöhungen. Expertinnen und Experten zufolge ist ein Ende der Teuerung nicht in Sicht. 

Billiger Strom-Tarif für Gemeinden in Oberösterreich gefordert

Der oberösterreichische SPÖ-Chef Michael Lindner fordert laut einem Bericht auf „Mein Bezirk“ von Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner einen gedeckelten Kommunal-Stromtarif für Gemeinden. „Mich erreichen laufend Hilferufe von Bürgermeistern“, berichtet Lindner von Gemeinden, deren Stromrechnung sich zum Teil verzehnfacht habe. Quer durch Oberösterreich wüssten Bürgermeister nicht, wie die Gemeindekassen Mehrkosten aushalten sollen, die bis in die Millionen reichen. So gebe es etwa in der Gemeinde Ternberg (Bezirk Steyr-Land) einen Anstieg von 5 auf 40 Cent pro kWh – eine Erhöhung von 700 Prozent. 

„Das Land ist dringend gefordert, sich mit den Energieversorgern und Gemeindevertretern an einen Tisch zu setzen und eine Lösung zu finden“, so Lindner. Konkret fordert er einen oberösterreichischen Kommunal-Tarif nach Vorbild der niederösterreichischen Förderung für Privathaushalte. Rückwirkend mit 1. März sollen 80 Prozent des Stromverbrauchs des Vorjahres bei 20 Cent pro kWh gedeckelt sein, erst danach Marktpreise greifen. „Dadurch wird zusätzlich ein Anreiz geschaffen, Energie zu sparen.“

Gebühren werden steigen müssen

Was das bedeutet. Immer vorausgesetzt, dass die Gemeinden ihre Angebote „kostendeckend“ anbieten, wird das wohl bedeuten, dass auf die Bürgerinnen und Bürger auch hier steigende Gebühren für die kommunalen Leistungen der Daseinsvorsorge zukommen werden.

Eine Bestätigung dafür kann auch aus der Umfrage abgelesen werden, wo viele Gemeinden diese Option ankündigen. Als weitere Folge wird es bedeuten, dass viele – teils notwendige und auch schon länger geplante – Investitionen zurückgestellt werden.

Diese Verschiebung in Kombination mit den laufenden Preissteigerungen für Baustoffe generell bedeutet, dass Neubauten oder Sanierungen teurer werden als geplant. Experten raten dazu, dennoch weiter zu bauen, weil „die Kosten in absehbarer Zeit sicher nicht billiger werden“. Bei gleichbleibenden Budgets allerdings ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man nicht an anderer Stelle einspart. 

Wie man es auch drehen mag, wird es wohl so sein, dass die Gesellschaft auf einiges verzichten wird müssen. Die lauter werdenden Mahnungen, dass sich die Bevölkerung und auch die Gemeinden auf einen Blackout einstellen müssen, machen die Situation nicht besser. Die Probleme mit der Energieversorgung lassen die Blackout-Gefahr auch bedrohlich ernst erscheinen.
Die Conclusio muss sein, als Gemeinde hier vor allem mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren.