Oakland
In Oakland werden bewusst Personen ohne stadtplanerischen Hintergrund ermutigt, sich für Jobs innerhalb der Stadt zu bewerben.
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Ist die Klimakrise eine Leadership-Krise?

12. Juli 2021
Ist es nicht erstaunlich, wie entspannt viele städtische Führungskräfte beim Thema Klimaschutz wirken? Dabei stehen uns massive Veränderungen in nahezu allen Lebensbereichen bevor – im Verkehr zum Beispiel gilt es, bis 2030 rund ein Drittel (!) der heutigen Emissionen einzusparen. Wäre es da nicht an der Zeit für massive Weichenstellungen?

In den letzten Jahrzehnten bedeutete Veränderung in Städten vorrangig eine Optimierung bestehender Prozesse – von der Abfallwirtschaft über den Wohnraum bis hin zur Parkraumbewirtschaftung.

Für jene massiven Transformationen, die wir für das Erreichen der gesteckten ­Klimaziele aber benötigen, reicht eine Optimierung des Bestehenden nicht aus. Mit „Business as usual“ werden wir schlichtweg scheitern – und zwar kolossal. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch mit „Leadership as usual“ auf dem Holzweg sind: Es bedarf einer neuen Form von Leadership, mit einem völlig anderen Set an Fähigkeiten.

Wir brauchen Innovation

Für die Lösung unserer Herausforderungen braucht es Innovation, und zwar was wir machen, wie wir es machen und mit wem wir es machen. Innovation und starr hierarchische Strukturen funktionieren allerdings nicht immer – und noch seltener schnell. Kollaboration, Partizipation, und Ko-Kreation ersetzen daher zunehmend die allwissende, paternalistische Führungsperson, die glaubt, im Sinne aller die richtigen Entscheidungen selbst treffen zu können. 

Die Anforderungen, die heute (zu Recht) an Führungspersonen gestellt werden, sind deutlich vielfältiger als in der Vergangenheit. Es gilt Teams und Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, zu orchestrieren, deren Kollaboration zu moderieren und sie auf große Veränderungsprozesse vorzubereiten. Der Bogen der benötigten Fähigkeiten spannt sich von authentischer Kommunikation über Verwundbarkeit und Fehlerkultur bis hin zu Diversität und der Fähigkeit, mit verschiedenen Abteilungen und Zielgruppen übergreifend zusammenzuarbeiten. 

Oakland, Kalifornien

Für Warren Logan, Policy Director für Mobilität der Stadt Oakland, bedeutet Bürgerbeteiligung vor allem auch geänderte Anforderungen an sein Team.

Essenziell dabei ist die Diversität an Fähigkeiten, die das Team benötigt. Logan ermutigt bewusst Personen ohne stadtplanerischen Hintergrund, sich für Jobs innerhalb der Stadt zu bewerben – etwa Anthropologen, Gesundheitsexperten oder Soziologen. Einerseits bringen sie völlig neue Denkweisen, Perspektiven und Diskurse mit, die entscheidend sind für die Art und Weise, wie man Bürgerinnen und Bürgern weiterhelfen kann. Andererseits reflektieren sie viel besser die Vielfalt der Bürgerinnen und Bürger.

Kommunikation ist das A und O in der Zusammenarbeit: authentisch, empathisch und mit der Bereitschaft, sich Diskussionen und Streitgesprächen zu stellen, um gemeinsame Ziele und Nenner zu finden. Nur so kann ein auf Vertrauen basierender Dialog entstehen und die Entwicklung der Stadt in eine Richtung gelenkt werden, die von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wird. 

Helsingborg, Schweden

Die Stadt Helsingborg hat in den letzten Jahren eine beispiellose Transformation der städtischen Verwaltung umgesetzt, um Innovation an jeder Stelle der Verwaltung zu ermöglichen und den mehr als 10.000 MitarbeiterInnen die Möglichkeit zu geben, selbst Veränderungen zu starten.

Besonders beeindruckend sind die Veränderungen in den Bereichen Fehler- und Lernkultur: Fehler werden in Helsingborg nicht totgeschwiegen und unter den Teppich gekehrt, sondern ausgezeichnet. Einmal im Jahr wird innerhalb der Stadtverwaltung der „Mistake of the Year Award“ vergeben, bei dem der „beste“ Fehler – also der mit dem größten Learning – ausgezeichnet wird.

Dieses Umfeld benötigt ein anderes Leadership-Verständnis, und so durchlaufen alle (!) Personen, die Managementpositionen in der Stadtverwaltung besetzen, ein Trainingsprogramm. Nach einer Analyse ihrer Stärken und Schwächen werden sie mit jenen (neuen) Fähigkeiten ausgestattet, die sie als Führungspersonen in einem solchen Umfeld benötigen.

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird durch eine klare, gemeinsame Vision die Eigenverantwortung übertragen, Dinge auszuprobieren, Fehler zu machen und daraus zu lernen – und ebendiese Lerneffekte mit anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu teilen. Definitiv nicht „Business as usual“!

Inspiration

Für viele Kommunen wird es wichtig sein, eine ganz klare Message an die eigenen Führungskräfte und MitarbeiterInnen zu senden: Jene, die Veränderung vorantreiben wollen, sollten wissen, dass sie unterstützt und darin bestärkt werden. Gleichzeitig gilt es alle darauf einzustimmen, dass ein „weiter wie bisher“ eben kein gangbarer Weg sein kann. 

Wie solche Veränderungen aussehen, wie sie in Kommunen umgesetzt werden können und welche Anforderungen das an Leadership und Skills stellt, ist das zentrale Thema der URBAN FUTURE virtual 2021

Beim weltgrößten Online-Event für kommunale Veränderer dreht sich am 30.9. und 1.10. alles um Inspiration, Motivation und das Teilen von konkreten Skills, die notwendig sind, um selbst zur Tat zu schreiten.