„Immer wieder, immer wieder, immer wieder Österreich“

1. Juni 2008
140 Bürgermeister und ein Ball. So einfach waren die Zutaten für zwei Tage Hochspannung in dem Jahr, als Österreich und die Schweiz Gastgeber der Fußball-EM waren. Auch die Bürgermeister einiger Länder stellten Mannschaften – die Teams aus acht Nationen trafen sich im Herzen Salzburgs, um dem runden Leder nachzujagen. Und wieder traf zu, was ein berühmter Spruch sagt: „Fußball ist ein Sport, wo 22 Mann einem Ball nachrennen und am Ende immer die Deutschen gewinnen“ (©: Gary Lineker). KOMMUNAL war als einziges kommunales Medium dabei. In dieser Ausgabe warf KOMMUNAL auch einen Blick in die Zukunft und stellte anlässlich der Feiern zu 160 Jahre freie Gemeinde die Frage, „was die Zukunft den Gemeinden bringen“ würde, welche Bedeutung das Ehrenamt hat und stellte vor allem fest, dass „Reformen notwendig“ sind.

KOMMUNAL 6/2008, von Mag. Hans Braun

Die erste Fussballeuropameisterschaft der Bürgermeister fand von 29. bis 31. Mai 2008 in St. Johann im Pongau statt. Rund 140 Ortschefs aus acht europäischen Staaten kämpften um den Europa-Titel im Fussball. Das Finale entschied Deutschland mit 3:0 gegen Italien für sich. Die beiden österreichischen Mannschaften erreichten den fünften und den sechsten Platz. Mitgespielt hatten ausserdem noch Bürgermeister-Teams aus der Ukraine, aus Albanien, Polen, Slowenien und Südtirol. Was hier in ein paar dürren Worten erzählt ist, spiegelt bei weitem nicht alles wider. Wie es zu dieser Europameisterschaft überhaupt gekommen ist und was auf dem Weg dahin alles passiert ist, welche Emotionen ausbrachen, wie verbissen die Bürgermeister um den Sieg kämpften, wie stolz sie waren, ihr Land zu vertreten, das ist der Inhalt dieser Geschichte.

Am Anfang stand gerade mal ein Aufruf

Als im Februar 2008 Bernhard Wallmann von der Kitzbüheler Agentur GCA mit der Idee zur Bürgermeister-EM beim Österreichischen Gemeindebund anklopfte, dachte niemand wirklich, dass es ein derartiger Erfolg werden konnte. Aber Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebundes, hielt einen Versuch für sinnvoll. Also folgte ein zweiseitiger Aufruf in der Februar-Ausgabe von KOMMUNAL mit der Bitte, interessierte Bürgermeister mögen sich doch melden. Was dann folgte, brachte Helmut Mödlhammer dazu, ernsthaft über eine neue Handy- Nummer nachzudenken. Nahezu pausenlos klingelte sein Telefon, und immer waren es Ortschefs oder Vizebürgermeister aus ganz Österreich, die alle ihre Fussball-Erfahrung ins Treffen führten und unbedingt mitspielen wollten. Binnen kürzester Zeit kamen so weit mehr als 30 Leute inklusive zwei Trainern zusammen, die alle mehr oder weniger Spielerfahrung auch aus Ligavereinen aufweisen konnten und aus denen sogar zwei Mannschaften gebildet werden konnten. Und erst recht völlig überrascht waren Gemeindebund-Chef Mödlhammer und Organisatoren und Sponsoren vom europäischen Echo. Die Südtiroler waren die ersten, die anriefen und fragten: „Dürfen wir mit einer eigenen Mannschaft kommen?“
Fix meldeten sich binnen zweier Wochen neben den Südtirolern Bürgermeister-Teams aus Deutschland, Italien, Polen und Albanien an. Auch aus Bulgarien, Litauen und der Schweiz wollten ursprünglich Mannschaften kommen. Aus England meldeten sich Vertreter des kommunalen Verbandes und fragten: „Darf auch ein Land mitspielen, das bei der eigentlichen EM gar nicht qualifiziert ist?“ Woran es bei diesen Nationen gescheitert ist, haben wir dann nicht mehr erfahren. Dafür meldete der ukrainische und der slowenischen Gemeindebund jeweils ein Team an. Versuche des Österreichischen Gemeindebundes, dem Schweizer Schwesterverband doch noch eine Teilnahme schmackhaft zu machen, scheiterten jedoch leider. Damit standen neun Teams fest, die an der ersten jemals stattfindenden Bürgermeister-Fussball-EM teilnahmen.

Wie die Teams zusammen fanden

Als Trainer konnte Hermann Steinlechner gewonnen werden, ein alter Fuchs nicht nur in der Kommunalpolitik (er legte erst vor kurzem nach 14 Jahren das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde Schwarzach im Pongau zurück), sondern auch langjähriger Fussball-Trainer in verschiedenen Ligen. Er verschickte sofort Trainingspläne an alle Spieler. Und er lies auch keinen Zweifel aufkommen: „Ich verlange, dass die Spieler eigenverantwortlich sind und topfit kommen.“ Und selbst wenn einige das Turnier auf die leichte Schulter genommen hatten, belehrte er sie schon in der erste Trainingsbesprechung zwei Tage vor dem ersten Spiel eines besseren: „Und wehe euch, wenn ich einen nach 22 Uhr in einem Lokal erwische.“ Dem Vernehmen nach ist ob dieser Strenge dem einen oder anderen Spieler doch „das Gesicht eingeschlafen“, wie es so schon heisst. Aber bekanntlich wird nichts so heiss gegessen, wie’s gekocht wird. Da ein Trainer sich nicht um zwei Teams kümmern kann, wurde mit Adi Tschaut, langjähriger Meldeamtsleiter der Stadtgemeinde Saalfelden, ein zweiter Coach gefunden – auch er mit Trainererfahrung in Salzburger Ligen. Und weil die Bürgermeister- Wadln auch ordentlich versorgt werden wollten, wurde mit Hubert van Lang ein sehr erfahrener Masseur vom Tiroler Fussballverband engagiert, der sich höchst professionell um die Blessuren aus Trainings und Spielen kümmerte. Das Turnier konnte beginnen.

Heiße Kämpfe in der Vorrunde

Das ideale Fussball-Wetter war es nicht gerade – es hatte am Turnierwochenende zwischen 35 und 37 Grad Celsius. Wer bei so einem Wetter im Freien schon mal gesportelt hat, weiss, was das bedeutet. In der Vorrunde wurde noch auf einem halben Feld gespielt, so konnten die Spiele der beiden Gruppen parallel stattfinden. Zeitgleich traten also Österreich 1 gegen Albanien und Österreich 2 gegen die Ukraine an. Und abgesehen von einer gewissen Harte, die zum Fussball einfach dazu gehört, waren alle Spiele von grosser Fairness geprägt. Wahrscheinlich war es die Nervosität, die die Österreicher zu zaghaft beginnen lies, jedenfalls lagen unsere beiden Mannschaften nach kurzer Spielzeit im Rückstand. Während auf dem einen Feld die Ukraine schon 2:0 in Front lang, führte Albanien sogar mit 3:0. Beide Österreichischen Mannschaften kämpften mit höchstem Einsatz. Die Angriffe rollten, und die Ukrainer mussten zweimal die Notbremse ziehen – zwei Elfmeter (auf dem kleinen Feld eigentlich Siebenmeter). Endstand: Ein verdientes 2:2 Unentschieden. Gegen die Albaner rannte Österreich 1 ebenso verbissen an und konnte noch auf 3:2 herankommen – übrigens zwei wunderschöne Treffer aus zwei wunderschönen Spielzügen, aber schlussendlich reichte die Zeit und vielleicht auch die Kraft zum Ausgleich nicht mehr. Das zweite Antreten unserer Bürgermeister brachte die Teams aus Slowenien und Polen als Gegner. Auch die Slowenen gingen fast sofort in Führung, und wieder konnte Österreich 1 nach einem verbissenen Kampf ausgleichen. Die Entscheidung fiel nach einem Elfmeter, der unseren Burschen den verdienten 2:1 Sieg brachte. Diese Partie war die erste, in der nicht nur eine gelbe, sondern auch eine gelb/rote Karte gezeigt werden musste. Chancenlos waren in der anderen Partie die Polen gegen Österreich 2. Ein steirisches Blitztor zum 1:0 von Johann Mauerhofer, ein schnelles 2:0 durch Hermann Gindl, der mit einem lässigen Schupfer über den gegnerischen Goalie auch das 3:0 besorgte und ein satter Schuss aus der Distanz von Gerald Handig zum 4:0 stellten die Verhältnisse klar. Den Polen gelang nur noch der Ehrentreffer, den sie sich für ihren unverzagten Einsatz auch redlich verdient hatten. Bei der Partie Österreich 2 gegen Südtirol erreichten die Emotionen dann einen Höhepunkt. Verbissen kämpften die Österreich um den Sieg, während die Südtiroler – angeführt von Verbandspräsident Arnold Schuler im Tor – mit dem Schiedsrichter wegen eines nicht gegebenen Elfmeters haderten (man muss sagen: zu Recht). Die Spannung war jedenfalls auch am Spielfeldrand deutlich zu spuren. Die Entscheidung für Österreich traf der Steirer Johann „Doppelpack“ Mauerhofer – 2:0. Die letzten beiden Gruppenspiele führten die Österreicher mit den Turnierfavoriten Italien und Deutschland zusammen – die ihrer Rolle mehr als gerecht wurden. Während Österreich 2 mit 0:3 trotz einem beherzten Spiel gegen die kompakten und starken Deutschen „unterging“ und lediglich einige (Beinah-)Chancen fand, gelang Österreich 1 gegen die perfekt aufeinander abgestimmt spielenden Italiener ein Ehrentor durch den Steirer Ernst Godl. Endstand 1:2. Aber für beide Spiele muss man den Kampfgeist der Österreicher hervorheben, die nie aufgaben und versuchten, was immer in ihrer Macht lag.

Harte Bandage in der Finalrunde

Am folgenden Samstag ging dann die Endrunde über die Bühne. „Spielfrei“ waren die Südtiroler, für die es als neunte Mannschaft keinen Gegner gab. Angesichts der Temperaturen „hat doch jede Medaille seine zwei Seiten“, wie Arnold Schuler das „Spielpech“ kommentierte. Den Beginn machten die slowenischen und polnischen Bürgermeister, die sich die Platze sieben und acht ausspielten. Nach einem hartnäckig geführten Spiel, wo beide Teams bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gingen, endete die Begegnung 4:3 für die Slowenen, die damit den siebenten Platz belegten.