Honorarnoten sind Geschichte

1. April 2007
Neben den Klassikern Grundsteuer, Pflege und Rechnungswesen war diesmal eine neue Kalkulationsrichtlinie für Bauplanung und Bauaufsicht Thema. Aufgrund des österreichischen Kartellrechts wurden mit 1. Jänner 2007 alle unverbindlichen Verbandsempfehlungen außer Kraft gesetzt, darunter auch die Honorarordnung der Baumeister. Bei den neuen Berechnungsmodellen handelte es sich um möglichst praxisorientierte Ansätze, die aber nicht mit dem früheren Zeitgrundhonorar verwechselt werden sollten.

KOMMUNAL 4/2007, von Dipl.-Ing. Robert Rosenberger

Die Ursache in beiden Fällen liegt im Europäischen Wettbewerbsrecht, das in einem Präzedenzfall die Honorarordnung der belgischen Architekten für rechtswidrig befunden hat. Die belgische Architektenkammer wurde aufgrund ihrer Honorarordnung mit einem Bußgeld von 100.000 Euro bestraft. Als Nachfolge der HOB wurde von der Bundesinnung Bau in Zusammenarbeit mit FH-Prof. Dr. Rainer Stempkowski der „Leitfaden zur Kostenabschätzung von Planungsleistungen“ mit den folgenden Teilbänden entwickelt:

  • Grundlagen (Band 1)
  • Objektplanung (Band 2)
  • Örtliche Bauaufsicht (ÖBA; Band 3) Der Leitfaden wurde mit den Kartellbehörden

(Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt) abgestimmt und soll den Anwendern ein neues und praxistaugliches Instrument zur Kostenabschätzung von Leistungen im Bereich der Bauplanung und Bauaufsicht bieten. Dem Leitfaden liegen Analysen von über 300 unterschiedlichen Projekten zugrunde. Aus den Untersuchungen konnte die wichtige Erkenntnis gewonnen werden, dass die den alten Wertetabellen der alten Honorarordnungen zugrunde liegende Theorie, dass Planungshonorare mit den Herstellungskosten funktional verknüpft sind, in der Praxis nicht bestätigt werden kann. Vielmehr zeigte sich, dass die Bandbreiten der tatsächlichen Planungskosten sowohl für kleinere als auch für größere Projekte sehr groß waren und sich kaum Abhängigkeiten von den Herstellkosten ableiten ließen. Im Band 1 „Grundlagen“ wird die Berechnung eines mittleren Stundensatzes (vergleiche zu früher den Begriff „Zeitgrundhonorar“) behandelt. Dieser Stundensatz spielt bei der Anwendung in den Bänden 2 „Objektplanung“ und 3 „Örtliche Bauaufsicht“ eine entscheidende Rolle.

Berechnugsbeispiele für Stundensätze

Mit der Herleitung der jährlichen Arbeitsstunden, den Personal- und Sachkosten für die verschiedenen Beschäftigungsgruppen werden Berechnungsbeispiele für Stundensätze von Planungsbüros in der Höhe von rund 53, 63, 70 und 115 Euro dargestellt. Nur zum Vergleich möge sich der Leser die üblichen Verrechnungssätze von beispielsweise Autowerkstätten, Installateuren oder EDV-Dienstleistern vor Augen führen. Bei den Berechnungsmodellen des neuen Leitfadens handelt es sich um möglichst praxisorientierte Ansätze, die jedoch nicht mit dem früheren Zeitgrundhonorar verwechselt werden sollten, sondern die mögliche Bandbreite je nach Bürostruktur vor Augen führen sollen. In ähnlicher Weise finden sich am Ende des Bandes 1 „Grundlagen“ auch Berechnungsbeispiele für Stundensätze von Sachverständigenleistungen mit den Höhen 120, 150 und 201 Euro. Auch dafür gilt, dass die tatsächlichen Honorare individuell zu kalkulieren sind, wobei sich im Zusammenhang mit dem Gebührenanspruchsgesetz die tatsächlichen Höhen der Stundensätze an den außergerichtlichen Einkünften orientieren müssen.

Überarbeitete Leistungsbilder

In den Bänden 2 „Objektplanung“ und 3 „Örtliche Bauaufsicht (ÖBA)“ werden überarbeitete Leistungsbilder dargestellt, anhand derer die Abschätzung von Stundenaufwändungen für ihre einzelnen Teilleistungen vorgenommen werden können. Bandbreiten von Stundenaufwänden werden für die einzelnen Teilleistungen in Stunden je Quadratmeter Bruttogeschoßfläche (h/m2 BGFl.) angegeben, die mit einem Projektklassenfaktor und dem individuellen Stundensatz multipliziert den Kostenansatz für die jeweilige Teilleistung ergeben. Andere Ansätze durch zeitabhängige Faktoren oder zeitunabhängige Betrachtung sind ebenso möglich. Unter www.bau.or.at (Untermenüs Wirtschaft und Planungshonorar) können Excel-Tabellen heruntergeladen werden, in denen die Berechnungsschritte in Form einer Tabellenkalkulation für die individuelle Anwendung aufbereitet sind. Ebenso können an gleicher Stelle die Leistungsbilder für Objektplanung und ÖBA im Excel-Format zur individuellen Anwendung downgeloadet werden. Auch abgespeckte Fassungen für Kleinprojekte sind verfügbar. Der Leitfaden wurde bisher in allen Bundesländern über 400 Personen präsentiert und von den Baumeistern zustimmend angenommen. Der neue Leitfaden zur Kostenabschätzung von Planungsleistungen bietet eine neue Form der Kostenabschätzung von Planungsleistungen an. Dies soll einerseits dem potenziellen Bieter ein Instrument in die Hand geben, um seine zu erwartenden Aufwändungen und Kosten so gut als möglich abschätzen zu können. Für den Auftraggeber bietet das neue System den Vorteil, dass Offerte hinsichtlich Stundenaufwändungen und Stundensätze für Teilleistungen besser verglichen werden können. Dadurch können Preisdifferenzen einzelner Offerte besser bewertet werden.

Was sich durch den neuen Leitfaden nicht ändert

Der Preis wurde in der Vergangenheit und wird in der Zukunft durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Schwierigkeit, bei geistig schöpferischen Dienstleistungen den Bestbieter zu ermitteln, ist nach wie vor die gleiche. Durch den neuen Leitfaden kann bei entsprechender Anwendung das Bewusstsein für die zu erbringenden Leistungen und die zu erwartenden Kosten sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Auftragnehmerseite erhöht werden. Ebenso wie die Honorarordnungen, die sich rein an Herstellungskosten orientiert haben, sollte sich auch die Wettbewerbsform des „Nachlassverfahrens“ überholt haben, die den Bestbieter als jenen ausgewiesen hat, der den meisten Nachlass (X Prozent von der Honorarordnung) bieten konnte. Dass dies mit einem Bestbieterverfahren nichts zu tun gehabt hat, war schon in der Vergangenheit all jenen klar, die an Planungs- und Ausführungsqualität zu einem angemessenen Preis interessiert waren. Ein fairer Wettbewerb, die Vergabe an den Bestbieter und ein ausgewogener Vertrag sichern die Zufriedenheit der Vertragspartner und sind essenzielle Voraussetzungen für ein qualitativ hochwertiges Bauwerk. Weitere Leitfäden zu den Bereichen Projektmanagement, Tiefbau und Statik sind in Ausarbeitung.