Hochgiftige Rattenköder im Wasserkreislauf
Viele Menschen in Österreich wohnen in der Nähe von Gewässern. Und so verwundert es nicht, dass fast jeder zweite Österreicher in einem hochwassergefährdeten Gebiet lebt. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Hochwassers zu werden, steigt durch den Klimawandel zudem stark an. Laut einer Studie des Joint Research Centre der EU-Kommission würde eine Steigerung der Durchschnittstemperatur um zwei Grad dazu führen, dass sich die durch Hochwasser verursachten Schäden nahezu versechsfachen. Bedenkt man, dass Experten die volkswirtschaftlichen Kosten des Hochwassers im Jahr 2013 auf 2,2 Milliarden Euro beziehungsweise 0,7 Prozent des BIP bezifferten, wird klar, welche Unsummen Hochwasser in Zukunft verschlingen könnten.
Köder werden riskant ausgelegt
Die wirtschaftlichen Schäden sind jedoch längst nicht der einzige Aspekt, den es zu bedenken gilt. Durch Hochwasser gelangen auch immer wieder Giftstoffe in die Umwelt. Beispielsweise werden Giftköder, die zur professionellen Rattenbekämpfung eingesetzt werden, in Kanälen oder auch in Ufernähe häufig so ausgelegt, dass die Köder bereits bei leicht erhöhten Pegelständen in Kontakt mit Wasser kommen oder sogar weggeschwemmt werden.
Weil Ratten intelligente Tiere sind, werden heutzutage keine klassischen Fraßköder mehr eingesetzt, vor denen Artgenossen schnell eine Köderscheu entwickeln, sondern hochgiftige blutgerinnende Mittel, die erst nach ein paar Tagen wirken und andere Ratten somit nicht abschrecken. Gelangen die Gifte in den Wasserkreislauf, können diese jedoch selbst in Klärwerken zu einem Großteil nicht gefiltert werden, sodass sie im Trinkwasser bleiben.
Neue Gesetze verbieten Kontakt zwischen Giftköder und Wasser
Aus diesem Grund hat die EU-Kommission in Kooperation mit den Mitgliedstaaten im Rahmen der Neugenehmigung von sogenannten Antikoagulanzien als Biozid-Wirkstoffe die Anwendungsbestimmungen und Risikominderungsmaßnahmen entsprechend angepasst.
Im Klartext bedeutet das: Wer zur Rattenbekämpfung Giftköder in der Nähe von Gewässern, in Wasserableitungssystemen oder auch auf Mülldeponien einsetzt, muss jetzt sicherstellen, dass es selbst bei erhöhten Pegelständen zu keinem Kontakt zwischen Köder und Wasser kommen kann. Ansonsten drohen rechtliche Konsequenzen.
Da ein einziges Rattenpaar bis zu 1200 Nachkommen pro Jahr zeugen kann und somit Schlagfallen und alternative Fangmethoden vor allem in Ballungszentren keine effiziente Methode darstellen, haben erste Unternehmen bereits reagiert und Systeme entwickelt, bei denen die Rattenköder selbst bei Hochwasser nicht in Kontakt mit dem Wasserkreislauf kommen können.
Köderschutzboxen sollen für trockene Köder sorgen
Beispielsweise setzt das Nürnberger Start-up ball-b dabei auf Köderschutzboxen, die über eine Rückstauklappe verfügen. Diese schließen sich, wenn der Pegelstand steigt, sodass der Giftköder jederzeit trocken bleibt und auch nicht weggeschwemmt werden kann. Geht der Wasserstand zurück, öffnen sich die Boxen wieder, sodass die Ratten erneut Zugang zum Köder haben.
Darüber hinaus lässt sich das System per Funkverbindung und Cloud-Service zentral kontrollieren und steuern. Insgesamt lässt sich der Einsatz der Giftköder laut Hersteller so um 70 Prozent reduzieren, was auch zu Kostenersparnissen führt. Wichtiger ist jedoch, dass Mensch und Natur bei Hochwasser vor Vergiftungen durch gefährliche Rattenköder geschützt sind.
Text: Tillmann Braun, freier Journalist für unterschiedliche Fach- und Tageszeitungen