Gemeinden sind Nummer 1 als Investitionsmotor

1. Januar 1999
1998 hatte es erstmals eine Finanzbedarfserhebung unter Österreichs Gemeinden gegeben. Gemeindebund, Städtebund, Verband öffentlicher Wirtschaft (VÖWG) hatten sich erstmals an eine Erhebung gewagt, die die Investitionen der Gemeinden nach Aufgabebereichen darstellte. Sensationelles Ergebnis: 53 Prozent aller öffentlichen Investitionen in Österreich wurden von Gemeinden getätigt, 20 Prozent der Bund, 18 Prozent von der Stadt Wien und neun Prozent von den Ländern. Und noch etwas warf erste Schatten auf die Gemeinden: Die Angst vor dem Computervirus zum Jahreswechsel 1999/2000 – der gefürchtete „Millenniums-Bug“.

KOMMUNAL 1&2/1999

Diese Finanzbedarfserhebung ist die einzige Untersuchung in Österreich, bei der die Investitionen der Gemeinden nach Aufgabenbereichen und unter Einschluß der kommunalen Unternehmungen und Verbände dargestellt werden. Sie wurde vom Österreichischen Gemeindebund gemeinsam mit dem Österreichischen Städtebund und dem Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft sowie mit wissenschaftlicher Unterstützung des Kommunalwissenschaftlichen Dokumentationszentrums erstellt und hat mit einer sensationellen Rücklaufquote von 53 % die repräsentativste Aussagekraft aller Zeiten.

159 Milliarden Schilling bis zum Jahr 2001

Die wichtigste Ziffer vorweg: Österreichs Gemeinden (ohne Wien) werden bis zum Jahr 2001 rund 159 Milliarden Schilling investieren und sind mit einem Anteil von 53 Prozent damit der mit Abstand größte öffentliche Investor. Zum Vergleich: Der Bund finanziert 20 Prozent, die Bundesländer 9 und die Stadt Wien 18 Prozent aller öffentlichen Investitionen unserer Republik. Eine detaillierte Analyse ergibt, daß die Gemeinden über 5.000 Einwohner eine deutlich höhere Zuwachsrate bei den künftigen Investitionen ausweisen als die kleineren Kommunen, die aber immer noch um 36 Prozent zulegen.
Die differenten Steigerungsraten liegen offenbar daran, daß die kleineren Gemeinden auf den Zwang der Maastricht-Kriterien vorsichtiger reagieren und die Konsequenzen des Stabilitätspaktes wegen des höheren Anteils der Hoheitsverwaltung bei Kommunen unter 5000 Einwohnern deutlicher spürbar werden.
Keinesfalls ist jedoch der Investitionsbedarf bei den Gemeinden dieser Kategorie zurückgegangen, denn rund 20 Milliarden Schilling werden als notwendige, aber derzeit nicht finanzierbare Investition angegeben. Und 78 Prozent dieser „Wunsch-Investitionen" entfallen auf Gemeinden unter 5000.

Pro-Kopf-Investition rückt zusammen

Interessant ist, daß sich in den letzten 20 Jahren die Pro-Kopf-Investitionen der kleineren Gemeinden deutlich an die Werte der größeren Gemeinden angenähert haben und der Unterschied nur mehr rund 25 Prozent beträgt. Was nun auch statistisch beweist, daß sich die Infrastruktur in kleineren Gemeinden während der letzten Jahrzehnte stark verbessert hat.

Die Schwerpunkte der Investitionen

Die jüngste Finanzbedarfserhebung in Österreich - die letzte liegt 10 Jahre zurück - hat überdies ergeben, daß sich die Schwerpunkte der Milliarden-Investitionen der österreichischen Gemeinden auf die Bereiche Sozialhilfe (von der Jugendbetreuung bis zu Altenwohnungen), Renovierung und Umbauten von Kindergärten und Schulen, Krankenhäuser, alle Bereiche der Verwaltung bis hin zum Bereich „Straßen" (Dorf-, Verkehrsflächen- und Platzgestaltung, Beleuchtungen etc.) verlagern. Hoher Finanzbedarf ist auch in den kommunalen Betrieben und Unternehmungen (vom Fuhrpark bis zu maschinellen Ausstattungen) gegeben.
Hier wird deutlich sichtbar, daß die Gemeinden auch die wirtschaftspolitische Vereinbarung einhalten, wonach die Investitionstätigkeit verstärkt zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen soll und zuletzt etwas vernachlässigte Bereiche wie die Verbesserung der Standortqualität und des Umweltschutzes wieder forciert werden sollen.

Die Entwicklung nach Bundesländern

Große Unterschiede gibt es bei der Investitionsentwicklung in den verschiedenen Bundesländern. Im Burgenland (offenbar eine Auswirkung des Ziel-1-Fördergebietes) und in Vorarlberg liegen die nominellen Steigerungen gar weit über 100 Prozent. Kärnten liegt mit 110 Prozent Steigerung mit an der Spitze und im „Mittelfeld" bewegen sich Oberösterreich und Niederösterreich. In Steiermark und Tirol und vor allem in Salzburg weisen die Zuwachsraten kein so kräftiges Plus aus und liegen zwischen 20 und 35 Prozent.

Umgelegt auf die Bevölkerungszahl ergibt sich folgende Reihung der Pro­Kopf-Investitionen in den einzelnen Bundesländern:

  • Vorarlberg: 35.309,-
  • Oberösterreich: 34.882,-
  • Salzburg: 25.208,-
  • Kärnten: 24.950,-
  • Niederösterreich: 22.321,-
  • Tirol: 19.584,-
  • Burgenland: 16.721,-
  • Steiermark: 16.527,-

Änderungen bei der Finanzierung

Bei den früheren Finanzbedarfserhebungen ergab sich über Jahre hinweg eine Drittelfinanzierung der Investitionen durch Eigenmittel, Zuschüsse und Darlehen. In den nächsten Jahren ist hier eine deutliche Verlagerung von den öffentlichen Krediten zu den Kapitalmarktfinanzierungen zu erwarten.
Der Anteil der Eigenmittel sinkt mit abnehmender Gemeindegröße, bleibt bei den größeren Gemeinden aber konstant und die Zuschüsse steigen mit der Abnahme der Finanzkraft. Infolge der Neustrukturierung der Förderungen im Bereich des ehemaligen Öko-Fonds verlieren die öffentlichen Darlehen stark an Bedeutung und Leasing wird als Finanzierungsform für Kommunen immer beliebter. Der Anteil der durch Leasing finanzierten Investitionen beträgt insgesamt 13 Prozent und macht bei jenen Investitionsarten, die leasingfähig sind, bereits knapp 25 Prozent aus. Diese Entwicklung zeigt sich übrigens bei allen Gemeinden unabhängig von der Größe.

Gesamtübersicht der kommunalen Investitionen bis 2001
Gesamtübersicht der Investitionen nach den kommunalen Bereichen.


Dieses umfangreiche Datenmaterial wurde im Rahmen einer Pressekonfe­renz von Mag. Nicolaus Drimmel (in Vertretung des am Arlberg eingeschneiten Generalsekretärs Dr. Robert Hink) für den Österreichischen Gemeindebund und Generalsekretär Dr. Erich Pramböck für den Österreichischen Städtebund gemeinsam präsentiert und bildet die wichtigste Grundlage für die Analyse über den Ausbaustand, die Schwerpunkte und den Nachholbedarf der kommunalen Infrastruktur in Österreich.
Sie ist des weiteren eine wichtige Orientierungshilfe für die österreichische Wirtschaft und die Kreditwirtschaft, die ihre Produkte und Dienstleistungen auf diesen enormen Bedarf der nächsten Jahre rechtzeitig abstimmen können. KOMMUNAL wird in den nächsten Ausgaben alle Details der umfangreichen Studie veröffentlichen, insbesonders die Aufteilung der Investitionen in die diversen Bereiche, Gemeindegrößen und Bundesländer.