Change-Prozesse im öffentlichen Bereich
Es ist lohnend, mediative Strategien einzusetzen, also Handlungsoptionen zu entwickeln, mit denen alle Seiten gut leben können.
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Change-Prozesse im öffentlichen Bereich

Napoleon Bonaparte bemerkte, dass nur, was zu Ende gedacht ist, auch ein Ergebnis bringt. Dieser Spruch kann gut auf Veränderungsprozesse im öffentlichen Bereich gemünzt werden: Welche Vorarbeiten und Voraussetzungen braucht es, einen solchen Prozess von Anfang bis Ende durchzudenken, dementsprechend zu planen und dann auch effektiv, also ohne gröbere Störungen, umzusetzen. Die Wirtschaft setzt sich schon seit vielen Jahren mit Veränderungsprozessen in Unternehmen auseinander, aber wie sieht das im öffentlichen Bereich aus, kann hier das Wissen aus der Wirtschaft 1:1 auf Gemeinden und Städte übertragen werden?

Im öffentlichen Bereich können Veränderungsprozesse ganz plötzlich kommen, wie z. B. die Flüchtlingskrise 2015 gezeigt hat. Sie können aber bereits lange geplant sein, wie große Infrastrukturprojekte, Energieversorgungsprojekte oder Dorf- und Stadtentwicklungspläne, die Ansiedlung von neuen Betrieben oder großflächige Ansiedlungen von neuen Bürgern. Ob überraschend oder geplant, jeder kennt sicherlich genügend Beispiele, wie solche Projekte scheitern können.



Aber was braucht man, dass sie gelingen?

Komplexität ist im öffentlichen Bereich höher



Sie brauchen definitiv mehr, weil die Komplexität des Veränderungsprozesses im öffentlichen Bereich ungleich höher ist als in der Wirtschaft, also einem Unternehmen und andere hierarchische Ordnungen herrschen.



Veränderungsprozesse in Städten und Gemeinden betreffen mehr oder minder jeden Bürger, jeder ist auf gewisse Weise beteiligt oder betroffen, was die Umsetzung höchst anspruchsvoll macht. Veränderungsprozesse machen Angst, schüren Emotionen oder Misstrauen; in manchen Situationen können auch Verschwörungstheorien auftreten. Es können sich Bürgerinitiativen bilden, die das Projekt verhindern wollen, die Gesellschaft kann durch unterschiedliche Interessen bezüglich des Projektes gespalten werden.



Dazu kommt, dass der öffentliche Bereich in jedem Fall ein Spannungsfeld von unterschiedlichen Interessen ist und deshalb Konflikte als normal zu betrachten sind. Hier dürfen nicht einzelne Interessen gegeneinander ausgespielt werden, hier gilt es mit Allen gemeinsame Ziele zu finden. Jede beteiligte oder betroffene Gruppe hat andere Interessen und gibt diesen öffentlich, machtpolitisch oder unterschwellig Ausdruck. Wenn es nicht gelingt einen Interessenausgleich herzustellen, ist mit großen Vertrauensverlusten in die Politik zu rechnen. Wozu das führen kann, weiß jeder.



Damit der Veränderungsprozess gelingen kann braucht man:


  • Eine gründliche Analyse (Projektumfeld- und Stakeholderanalyse)

  • Vertrauensbildende Maßnahmen

  • Gewährleistung von Transparenz

  • Effiziente Kommunikations- und Informationswege

  • Perspektivenwechsel

  • Wissen um die Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten und Betroffenen


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Das alles muss die Politik zulassen und initiieren! Durch diesen Weg verlassen die politisch Verantwortlichen auch das übliche Schema von Gewinnern und Verlierern und erweitern damit demokratiepolitische Möglichkeiten.

Welche Möglichkeiten der Umsetzung stehen den politisch Verantwortlichen zur Verfügung?



Es ist lohnenswert, mediative Strategien einzusetzen, also Handlungsoptionen zu entwickeln, mit denen alle Seiten gut leben können. Hilfreich können dabei Instrumente aus Kommunikation, Konfliktmanagement und die Grundlagen von Mediationsprozessen sein. Das sollte durch Instrumente aus dem Prozess- und Projektmanagement, vor allem dem agilen Projektmanagement, der Organisationsentwicklung und der Gruppendynamik ergänzt werden. Interkulturelle Kompetenz, Wissen über Verhaltensökonomie und Komplexität sind hilfreich.



Wenn es Widerstände gibt, wenn der Prozess ins Stocken gerät ist es notwendig, adäquate Interventionsformen zur Hand zu haben und diese auch richtig einsetzen zu können.

Die Bürger mitnehmen

Weil das Gelingen eines Veränderungsprozesses im öffentlichen Bereich voraussetzt, dass alle Interessengruppen in die Lösungsfindung involviert werden und damit zufrieden sind, gilt es auch die Bevölkerung, also den einzelnen Bürger mitzunehmen und das kann mit einem der zahlreichen Bürgerbeteiligungsmodelle funktionieren.



Die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger an der Veränderung partizipieren und gestalten zu lassen, ist eine hervorragende vertrauensbildende Maßnahme, die gleichzeitig die Übernahme von Verantwortung gegenüber dem Prozess durch die Bürger veranlasst und die Entscheidungsfindung für die politisch Verantwortlichen erleichtert.



Eine gemeinsam getragene Entscheidungsfindung, bedeutet auch, dass ausreichend informiert und kommuniziert wird und erfüllt damit die Voraussetzungen für Transparenz und verfolgt auch einen starken demokratiepolitischen Ansatz.



Die Schlussfolgerung ist, dass wer Wandel und Veränderung gut gestalten will, den Meinungsaustausch fördern und den Diskurs sicherstellen muss.



Was die Politik dafür bekommt, ist Vertrauen von der Bevölkerung und Gemeinschaft in der Gesellschaft.