Wienfluss bei Purkersdorf
Beschattete und strukturierte Gewässer sind auch in Trockenperioden Lebensraum für viele Wasserorganismen.

Fließgewässer

Gemeinden helfen klimawandelgeschädigten Bächen

Die immer stärker spürbaren Auswirkungen des Klimawandels haben sich im Sommer 2022 auch an den Fließgewässern in Österreich gezeigt. Bilder ausgetrockneter Flüsse und großer Mengen toter Fische haben eine breite Öffentlichkeit schockiert.

Gewässer und Wasserhaushalt in der Landschaft sind von den Auswirkungen des Klimawandels stark betroffen. Seit 1880 ist die Lufttemperatur in Österreich um fast zwei Grad Celsius angestiegen. Damit ging auch eine Erwärmung der Gewässer einher.

Geänderte Temperaturen können zum Beispiel bei Fischen Stress verursachen, der sich durch verändertes Verhalten bei praktisch allen ­Lebensvorgängen vom Ablaichen bis zur Nahrungsaufnahme äußert.

Bei Überschreitungen von Temperaturgrenzwerten in den jeweiligen Fischregionen versuchen Fische in kühlere Bereiche auszuweichen. Ist das nicht möglich, kann ein Anstieg der optimalen Wassertemperatur über den Toleranzbereich hinaus tödlich sein.

Im Zuge einer Studie des BAW (Bundesamt für Wasserwirtschaft, Anmerkung) Scharfling wurden beispielsweise Verschiebungen der Wassertemperaturen in Fließgewässern mit größerem Gefälle festgestellt. Diese Temperaturverschiebung in höher gelegene Gewässerabschnitte bewirkt, dass im Jahr 2017 ein Fisch im Mittel 42 Kilometer flussauf schwimmen musste, um die im Jahr 1984 vorliegenden Temperaturverhältnisse vorzufinden.

Die Folgen von Trocken- und Dürreperioden

Eine Häufung von Trocken- und Dürreperioden belastet neben der Ökologie auch den Stoffhaushalt sowie die Nutzbarkeit von Fließgewässern. Die Auswirkungen reichen von der Wasserentnahme über die Freizeit- und Erholungsnutzung bis zur Einleitung von geklärtem Abwasser und beeinflussen damit auch die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Siedlungstätigkeit. 

Kleinräumig auftretende Starkregen und Gewitterzellen führen zu räumlich begrenzten Überschwemmungen und Sturzfluten, die häufig mit Bodenabschwemmungen und Verschlammungen einhergehen. 

Extreme Wetterereignisse mit intensiven Niederschlägen können zudem großräumig Hochwasser mit starken Überflutungen verursachen. Vor allem an kleineren Fließgewässern und in ihren Einzugsgebieten ist durch an die jeweilige Situation angepasste Maßnahmen am Ufer, im Gewässer selbst und in der Nutzung eine Einflussnahme durch die Anrainergemeinden möglich.

Maßnahmen am Ufer

Gewässerorganismen reagieren sensibel auf zu hohe Temperaturen, zu wenig Sauerstoff und fehlende Einstandsmöglichkeiten. Gehölzgürtel – oder bei kleineren Gewässern auch Hochstaudenfluren – ­bewirken eine Abkühlung der Wassertemperatur.

Bei einem Abfluss von 100 l/s (Liter pro Sekunde, Anmerkung) durch eine beschattete Gewässerstrecke von rund 400 Metern kann die Wassertemperatur um bis zu zwei Grad Celsius abgesenkt werden. Wurzeln von Ufergehölzen bieten dabei Einstand und wichtigen Lebensraum für Fische, Krebse und Kleinlebewesen. 

Hautzendorfer Graben
Grün allein ist nicht genug. Wenn Ufergehölze fehlen, erwärmen sich kleine Gewässer im Sommer enorm. Ein Überleben ist nur für wenige Wasserorganismen möglich.

Gewässerpflegekonzepte sind Grundlage für Entwicklung und Erhaltung des Uferbewuchses sowie gewässertypischer Strukturen. Maßgeblich für den Erfolg ist die Umsetzung und Pflege im Zuge der Gewässerbetreuung durch entsprechend geschultes Personal.

Gewässerrandstreifen mit extensiver ­Nutzung – oder noch besser gewässerbegleitenden Gehölzen – sind Puffer gegen den Eintrag von Nährstoffen aus landwirtschaftlich genutzten Flächen, verbessern die Beschattung und wirken sich positiv auf die Biodiversität aus. Besonderes Augenmerk ist auf die Einhaltung geltender Beschränkungen für die Lagerung von Grünschnitt und Kompost sowie für Düngung und Pflanzenschutzmaßnahmen im Uferbereich zu richten. 

Maßnahmen im Gewässer

Strukturierungsmaßnahmen fördern die Ausbildung von tieferen Bereichen in der Gewässersohle. Damit entstehen Einstandsmöglichkeiten für Wasserorganismen in Phasen mit besonders niedrigem Wasserstand. Bereiche bei Einmündungen aus Zuflüssen werden von Fischen gerne aufgesucht, da diese oft kühler sind. Insbesondere hier sind Strukturelemente besonders wirksam.

In einigen Gewässern werden bei längeren Trockenperioden zur Erhaltung der Durchgängigkeit von Organismenwanderhilfen wie Beckenpass oder Umgehungsbach Anpassungen der Beckenübergänge bzw. Ein- und Ausstiegsbereiche an eine geringere Wasserführung notwendig werden.

Anpassung von Nutzungen

Aufgrund von geringeren Abflüssen und einer damit verbundenen verminderten Grundwasserneubildung kann eine Beschränkung von Wasserentnahmen sowohl aus dem Grundwasser als auch dem Fließgewässer nötig werden. Um derartige Einschränkungen zu vermeiden, ist dafür Sorge zu tragen, Niederschlagswasser möglichst lange im Einzugsgebiet zu halten. So kann die Neubildung von Grundwasser gefördert und  damit eine ausreichende Wasserführung unserer Fließgewässer gesichert werden.

Begrünte Abflussmulden in natürlichen Geländesenken sowie die Anlage von Feuchtflächen in der Landschaft tragen dazu bei, im Falle von Starkregenereignissen Abschwemmungen und Stoffeinträge in Gewässer zu vermindern. Im Landschaftsraum verteilte Feuchtflächen wirken zudem wie ein Schwamm in der Landschaft. Sie halten kleinere Hochwässer zurück, gleichen Engpässe bei Niedrigwasser aus und haben einen hohen Biodiversitätsnutzen.

Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Bäche, Flüsse und Seen sind nicht aufzuhalten und bereits sichtbar. Anpassungsmaßnahmen bei der Bewirtschaftung der Gewässer und ihres Umfelds können mithelfen, diese abzumindern. Jede Anrainergemeinde an einem Fließgewässer kann hier einen wertvollen Beitrag leisten.