Die Gigabit-Verordnung schreibt auch digitale Kartenportale vor, in denen Leitungen, Leerrohre, Trassen, geplante Baustellen und Genehmigungen sichtbar sind.
© The little Hut - stock.adobe.com

Der Tiefbauatlas und die neue EU-Gigabit-Verordnung

Seit 12. November 2025 verpflichtet die neue EU-Gigabit-Verordnung ­Österreichs Gemeinden zu digitalen Genehmigungsverfahren mit strikten Fristen. Der im Regierungsprogramm angekündigte Tiefbauatlas könnte die Lösung sein – doch fehlende Zuständigkeiten und eine zersplitterte Datenlandschaft verhindern bislang die Umsetzung.

Mit der EU-Verordnung 2024/1309 setzt die Europäische Union einen wichtigen Schritt zur Beschleunigung des Ausbaus von Gigabit-Netzen. Ziel dieser neuen Regelung ist es, die Schaffung moderner elektronischer Kommunikationsinfrastrukturen effizienter, schneller und kostengünstiger zu gestalten. Die Verordnung ist seit dem 12. November 2025 unmittelbar in Österreich anwendbar. Die neuen Vorgaben haben auch Auswirkungen auf die Verfahren und Abläufe innerhalb der Gemeinden.

Neue digitale Pflichten für Gemeinden

Klar ist, dass Gemeinden verstärkt digitale Anforderungen erfüllen müssen. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung, sämtliche Informationen zu Genehmigungsbedingungen, Verfahrensabläufen und möglichen Ausnahmen elektronisch zur Verfügung zu stellen. Ebenso müssen Anträge digital eingebracht und deren Bearbeitungsstand online abgerufen werden können. 

Für die Gemeinden bedeutet dies, dass bereits eine Antragseinreichung per E-Mail grundsätzlich ausreicht und dass einfache Statusmeldungen wie „eingereicht“, „in Bearbeitung“ oder „abgeschlossen“ den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Gemeinsam mit der Eingangsbestätigung, der nach spätestens zwanzig Arbeitstagen notwendigen Vollständigkeitsmitteilung sowie dem abschließenden Bescheid wird damit der verpflichtende Informationsfluss gewährleistet.

Dadurch entsteht ein erhöhter organisatori­scher Druck auf die zuständigen Stellen, da Fristen präziser eingehalten und Dokumente rascher geprüft werden müssen. Ergänzend dazu werden die Gründe für mögliche Fristverlängerungen gesetzlich genau definiert werden müssen, wobei dies nur in klar begründbaren Ausnahmefällen zulässig sein wird.

Auch bestehende Ausnahmen von Genehmigungsverfahren werden im Zuge der Umsetzung überprüft und aktualisiert, was ebenfalls Auswirkungen auf Gemeindeverfahren haben kann. Dies betrifft beispielsweise anzeigepflichtige, jedoch genehmigungsfreie Bauarbeiten, bei denen die Mitgliedstaaten eine vorherige Mitteilung an die zuständige Behörde verlangen dürfen. Ebenso werden die bestehenden Ausnahmekataloge im Zusammenhang mit gebäudeinterner physischer Infrastruktur und Glasfaserverkabelung evaluiert und gegebenenfalls angepasst, insbesondere wenn der Ausbau für Eigentümer:innen unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde.

Von besonderer Bedeutung für Gemeinden ist die in der Verordnung verankerte Genehmigungsfiktion. Sie sieht vor, dass eine Genehmigung automatisch als erteilt gilt, wenn die Behörde nicht innerhalb der vorgesehenen Frist, in der Regel vier Monate, entscheidet.

„Einmal aufgraben, mehrfach nutzen“ – bessere Koordination von Tiefbauarbeiten

Die Verordnung schreibt außerdem digitale Kartenportale vor, in denen Leitungen, Leerrohre, Trassen, geplante Baustellen und Genehmigungen sichtbar sind. Diese Anforderungen rücken den im Regierungsprogramm vorgesehenen Tiefbauatlas erneut in den Mittelpunkt. Er wird zum zentralen Instrument, um die verpflichtende Zusammenarbeit rechtlich abzusichern und digital abzuwickeln.

Künftig sollen über den Tiefbauatlas geplante Tiefbauprojekte angezeigt und dadurch besser koordiniert werden. Sobald Projekte oder Änderungen im System erfasst werden, erhalten die relevanten Stakeholder automatische Benachrichtigungen. Besonders interessant ist der geplante Glasfaserkataster als Bestandteil des Tiefbauatlas. In der Theorie deckt der Tiefbauatlas also genau jene Funktionen ab, die die EU-Verordnung fordert. Dieses digitale Tool wäre also nicht nur für Netzbetreiber, sondern auch für Gemeinden ein wichtiges Werkzeug, um ihre neuen Pflichten effizient umzusetzen.

Der Tiefbauatlas als Schlüsselwerkzeug – theoretisch bereit, praktisch problematisch

In der Praxis ist der Tiefbauatlas jedoch noch weit von einer flächendeckenden Nutzung entfernt. Besonders die dezentrale Datenlandschaft in Österreich wird hier zum Problem. Informationen über Leitungen und Tiefbauprojekte liegen verteilt bei Bund, Ländern, Gemeinden und privaten Netzbetreibern, welche die Informationen in unterschiedlichen Datenformaten und unterschiedlicher Qualität speichern und pflegen. Eine vollständige, einheitliche Datengrundlage existiert nicht. 

Auch wenn es den politischen Willen gibt, einen Tiefbauatlas zu etablieren, bleibt die Umsetzung bislang aus, unter anderem weil sich keine eindeutige Zuständigkeit finden lässt. 

Hinzu kommen lange Genehmigungsverfahren, die den Ausbauprozess oft monatelang verzögern. Laut der neuen EU-Gigabit-Verordnung müssen Genehmigungsverfahren nun innerhalb fixer Fristen abgewickelt werden. Ein digitales Tool könnte auch hier für Erleichterungen sorgen. Fehlende Informationen für Genehmigungen oder formelle Hürden könnten von einer KI sofort erkannt und an die zuständigen Stellen gemeldet werden, mit der Aufforderung, die Informationen zu ergänzen oder anzupassen. Dies könnte personelle Ressourcen entlasten und die Abstimmung zwischen den Behörden vereinfachen. 

Damit der Tiefbauatlas seine Rolle im Rahmen der Gigabit-Verordnung tatsächlich erfüllen kann, braucht es in den kommenden Jahren einige Veränderungen. Es benötigt eine klare Anweisung zur Datenmeldung aller relevanten Infrastrukturbetreiber, mit der staatlichen Unterstützung diese Daten in bester Qualität zu melden. Weiters wird eine einheitliche technische Basis mit hochwertigem, vollständigem Datenmaterial benötigt. Abschließend muss eindeutig festgelegt werden, wer für die Verwaltung des digitalen Tiefbauatlas verantwortlich ist.

Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können Gemeinden wirklich von einer besseren Koordination profitieren. Somit gibt es weniger Baustellen, geringere Kosten und einen deutlich schnelleren Ausbau moderner Netze.

Insgesamt zeigt sich, dass die EU-Gigabit-Verordnung nicht nur den technischen Netzausbau, sondern auch die Verwaltungsverfahren wesentlich modernisiert. Gemeinden stehen vor der Aufgabe, ihre internen Abläufe stärker zu digitalisieren, Fristen konsequenter zu verwalten und neue rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Während einige Vorgaben, wie die elektronische Antragstellung, leicht umzusetzen sind, erfordern andere Änderungen, insbesondere die Genehmigungsfiktion und die Überarbeitung bestehender Ausnahmeregelungen, tiefere strukturelle Anpassungen. 

12. November 2025: Seit diesem Datum ist die EU-Verordnung 2024/1309 unmittelbar in Österreich anwendbar.

4 Monate Frist: Entscheidet die Behörde nicht innerhalb dieser Frist, gilt die Genehmigung automatisch als erteilt (Genehmigungsfiktion).

20 Arbeitstage: Innerhalb dieser Frist muss die Gemeinde eine Vollständigkeitsmitteilung zum Antrag versenden.

E-Mail genügt: Anträge können einfach per E-Mail eingereicht werden, aufwendige Portale sind nicht zwingend erforderlich.

Schlagwörter