Nach Gesundheit und dem Sicherheitsempfinden ist die Zufriedenheit mit dem eigenen Wohnort einer jener Faktoren, die über die wahrgenommene Lebensqualität entscheiden
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Dorf - du wunderbare Lebenswelt

8. Dezember 2021
Die Österreicherinnen und Österreicher sind mit ihrem aktuellen Wohnort sehr zufrieden. Jedoch hat der ländliche Raum enorm an Beliebtheit gewonnen. Das zeigt die vierte Auflage des ADEG Dorfleben-Reports®.

Ländliche Regionen sind während der Pandemie die attraktivsten Wohngegenden

Die Corona-Pandemie hat einen enormen Turbo für den ländlichen Raum gebracht: Immer mehr Menschen schätzen die Regionen, immer mehr Menschen zieht es aufs Land und ins Grüne, immer mehr Menschen bevorzugen die regionale Herkunft von Produkten, immer mehr Menschen freuen sich über die kurzen und schnellen Wege vor Ort und immer mehr Menschen genießen das Daheimsein und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer Gemeinde.

Kurz gesagt: Der ländliche Raum erlebt eine regelrechte Renaissance und diese Entwicklung gilt es jetzt als Chance in den Gemeinden aktiv zu nutzen. Gemeinden, die sich hier als prosperierende Kommunen und Regionen beweisen wollen, müssen über eine attraktive Infrastruktur verfügen.  

Lebenswelt Dorf

Fest steht: Der Wohnort ist für die Lebensfreude und Lebensqualität von zentraler Bedeutung.

Nach Gesundheit (83 Prozent) und dem Sicherheitsempfinden (72 Prozent) ist die Zufriedenheit mit dem eigenen Wohnort (67 Prozent) einer jener Faktoren, die über die wahrgenommene Lebensqualität entscheiden. Könnten die Österreicherinnen und Österreicher frei wählen, würden insgesamt 63 Prozent einen Wohnort im ländlichen Raum bevorzugen.

Das Leben am Land ist also entgegen jeglicher Abwanderungstendenzen äußerst beliebt. Die Wohnkosten (70 Prozent), das Sicherheitsempfinden (70 Prozent) und die gelebte Nachbarschaftshilfe (66 Prozent) sind jene Faktoren, die für eine ländliche Region stehen. Im Gegensatz dazu sprechen die öffentliche Verkehrsanbindung (78 Prozent), das Kulturangebot (73 Prozent) und die Nähe zum Arbeits- bzw. Ausbildungsort (68 Prozent) für die Stadt.

Insbesondere für die Entwicklung ländlicher Räume sind diese Daten wesentlich, zeigen sie doch deutlich die Bedürfnisse der Menschen, die für ländliche Entwicklungsprozesse immer als Basis herangezogen werden sollten. Aber das ist nicht alles.

Das Land als Lebensraum der Zukunft?

Der ländliche Raum ist besonders vom Phänomen einer alternden Gesellschaft betroffen. Wenn wir alle erfreulicherweise immer älter werden und zugleich die Geburtenrate niedrig bleibt, ist ein höheres Durchschnittsalter der Wohnbevölkerung die unvermeidbare Folge. Dieser Effekt verstärkt sich überall, wo vor allem jüngere Frauen vom Land in die Stadt abwandern. Doch bedeutet das im Umkehrschluss, dass ländliche Regionen als Lebensraum für junge Menschen unattraktiv sind? Nein!

„Es geht ums Prinzip der möglichst frühzeitigen Einbindung von Teens und Twens. Denn jene, die das Dorfleben in diesem Alter verliert, darf man nicht erst in ihrem Pensionsalter zurückgewinnen“, interpretiert Politikwissenschaftler Peter Filzmaier die Ergebnisse des Reports.

Ein Punkt, der auch für Gemeindebund-Vizepräsidentin Sonja Ottenbacher, Bürgermeisterin im Salzburger Stuhlfelden, wichtig ist: „Es geht eben nicht nur um die Infrastruktur, sondern auch um die vielfältigen persönlichen Kontakte, die das Dorf zum ‚Sehnsuchtsort‘ der Menschen machen. Klar, Infrastruktur, Wohnen, Arbeit ist wichtig, aber die Einbindung in Vereine und andere Institutionen oder auch der tägliche Kontakt mit dem Kaufmann, der Kauffrau, ist fast noch wichtiger.“

Next Generation & Wertewandel

So wie die Gesamtbevölkerung schätzt auch die Generation der 18- bis 30-Jährigen den ländlichen Raum als Lebensmittelpunkt. Die stärksten Argumente für ein Leben am Land sind mit 63 Prozent das typisch österreichische Lebensgefühl, mit 62 Prozent die gefühlte Sicherheit sowie – mit jeweils 58 Prozent – die Nachbarschaftshilfe, die Erholungsmöglichkeit und die Kosten für das Wohnen. Von besonderer Bedeutung ist für 80 Prozent der nächsten Generation der Dorfbewohnerinnen und -bewohner aber auch ein nachhaltiges Leben. 

Warum Junge am Land leben wollen

Ganze 83 Prozent empfinden die Reduktion der Lebensmittelverschwendung als ­wichtig, 82 Prozent möchten damit die heimische Landwirtschaft unterstützen, 80 Prozent ist das Tierwohl ein Anliegen und ebenfalls 80 Prozent empfinden einen Nahversorger mit regionalen Produkten als wichtig in ihrer Region.

„Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein sind bei den jungen Menschen besonders hoch ausgeprägt. Kein Wunder, machen sie sich doch Gedanken über ihre Zukunft. Der Klimawandel ist daher ein zentrales Thema. Die junge Generation setzt verstärkt auf die Regionalität beim Konsum und beschäftigt sich mit den Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Allerdings ist es hier wichtig, zwischen der Einstellung und dem tatsächlichen Verhalten zu unterscheiden“, unterstreicht Karin Scaria-Braunstein von der Universität Graz.

ADEG Dorflebenreport
Politikwissenschaftler Peter Filzmaier, ADEG-Vorstandssprecher Brian Beck, Gemeindebund-Vizepräsidentin Sonja Ottenbacher, Soziologin Karin Scaria-Braunstein von der TU Graz und ADEG-Kaufmann Markus Haferl präsentierten die vierte Auflage des Dorfleben-Reports.

Über den Report

Die in Kooperation mit dem Gemeindebund erstellte Publikation behandelt die Lebenswelt in Österreichs Dörfern. Den Kern der vierten Ausgabe bildet eine Umfrage, die 2021 vom MARKET-Institut repräsentativ unter 2.000 Befragten durchgeführt wurde. Die Stichprobe umfasst die österreichische Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren. Zudem wurde für die implementierte Jugendstudie die Stichprobe der 18- bis 30-Jährigen auf 869 Personen aufgestockt. 

Der ADEG Dorfleben-Report® 2021 steht unter www.adeg.at/unternehmen/presse-medien/dorflebenreport zur Verfügung.