In einer Pressekonferenz stellte Präsident Romeder das Härteausgleichsmodell für Gemeinden vor.
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Bürde der Steuerreform in letzter Sekunde entschärft

10. Dezember 1993
Im letzten Moment gab es eine Einigung über einen Härteausgleich von einer Milliarde Schilling aus Mitteln von Ländern und Gemeinden zum Ausgleich für die Verluste durch die Steuerreform. Nur der Bund zahlte nicht mit, dafür sollte es noch im Dezember gesetzliche Maßnahmen geben. Für KOMMUNAL damals allerdings noch wichtiger: Durch den Tod Ali Richters übernahm Bürgermeister Walter Zimpers „Nö. Zeitschriftenverlags GmbH“ die Produktion und Herausgabe des Mediums. Die Vision unseres Chefs damals ist und heute noch Vorschrift: „Wir empfinden die Beauftragung als große Herausforderung und werden uns dieser Aufgabe mit großem Eifer widmen.“

KOMMUNAL 20/1993

Am 1. Jänner 1994 tritt die 2. Steuerreform in Kraft. Grundsätzlich ist der Österreichische Gemeindebund, erklärte Präsident Franz Romeder, bereit, dieselbe mitzutragen, soll doch dadurch eine Belebung der Wirtschaft erfolgen.
Größten Unmut löste die Abschaffung der Gewerbesteuer bei allen Gemeindemandataren aus. In den letzten Monaten und Wochen wurde daher intensivst über einen vertretbaren Härteausgleich verhandelt. Nunmehr liegt das Ergebnis vor:
Länder und Gemeinden stellen aus Mitteln der Mehrwertsteuer für Importe, wofür der Fälligkeitstermin vorgezogen wurde, 1 Milliarde Schilling zur Verfügung.
Der Rest der zusätzlich anfallenden Mehrwertsteuer wird nach den gesetzlichen Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes verteilt. Es gab ein hartes Ringen um das Ergebnis, wobei die Positionen aller Beteiligten zeitweise sehr weit auseinander waren.
Zum größten Bedauern der Gemeindevertreter lehnte der Bund jeden Beitrag seinerseits zu diesem Härteausgleich ab, sodaß Gemeinden und Länder gemeinsam eine Lösung suchten.

Länder und Gemeinden solidarisch

Die Gemeinden erhalten nunmehr für die Jahre 1994 und 1995, also bis zum Ende des jetzigen Finanzausgleichs, insgesamt 1 Milliarde Schilling als Härteausgleich , wobei ausgehend von 1,2 Milliarden Schilling aufgerechnetem Verlust für beide Jahre im Jahre 1994 90 Prozent und 1995 ca. 70 Prozent abgegolten werden sollen.
Die gesetzlichen Maßnahmen erfolgen im Dezember, sodaß die Gemeinden in der Lage sind, am Beginn des kommenden Jahres unter fixen Vorgaben ihre Budgets zu erstellen.

,,Können wir damit leben?"

Österreich-KOMMUNAL sprach über die neue Situation mit dem Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes, Franz Romeder.

Österreich-KOMMUNAL: Hat dieser Härteausgleich Positives für die Gemeinden gebracht?

Romeder: Die Gemeinden müssen und können mit diesem Härteausgleich leben. Wäre es nicht im letzten Moment gelungen, diese Übereinkunft zu erzielen, wären viele Gemeinden in Österreich in größere finanzielle Schwierigkeiten gekommen. Hartes Verhandeln machte sich bezahlt.

Wirtschaftliche Katastrophe verhindert

Österreich-KOMMUNAL: Was würde eine starke finanzielle Beeinträchtigung der Gemeindebudgets insgesamt bedeuten?

Romeder: Das wäre für manche Gemeinden eine wirtschaftliche Katastrophe, da sie ihre Aufgabe im Interesse ihrer Bürger nicht befriedigend erfüllen können. Grundsätzlich darf ja bemerkt werden, daß die Gemeinden Österreichs die größten Auftraggeber und Arbeitsplatzsicherer sind, also gesamt­ wirtschaftlich eine ganz besondere Aufgabe zu erfüllen haben. 70 Prozent aller öffentlichen Aufträge werden von den Gemeinden erteilt. Das sind mehr als 40 Milliarden Schilling jährlich. Die Gemeinden sind gerne bereit, mit Bund und Ländern mitzuhelfen, in Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession durch entsprechende Auftragsvergaben gegen zusteuern. Nur müssen sie finanziell in der Lage sein, dies auch zu tun. Wenn der Gesetzgeber den Gemeinden die Basis entzieht, können sie diese gesamt­ wirtschaftliche Verantwortung nicht wahrnehmen. Wir glauben aber, daß mit der Erhöhung der Kommunalabgabe (früher Lohnsummensteuer) und dem gegebenen Härteausgleich Vorkehrungen getroffen wurden, daß die Gemeinden auch in Zukunft ihre Aufgaben im Interesse der Menschen und der Gesamtwirtschaft erfüllen können.
Bemerkt werden darf, daß durch die Ausweitung der Kommunalsteuer auch viele Gemeinden Mehreinnahmen aufweisen. Im Jahre 1995 wird der neue Finanzausgleich (ab 1. Jänner 1996) neu verhandelt. Hier sind die Gemeinden - vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund - besonders gefordert, mit Argumenten und Härte dafür zu sorgen, daß sie finanziell abgesichert bleiben.

Wasserbaumittel fließen stärker

Österreich-KOMMUNAL: Die Gemeinden können sich in jüngster Zeit über die Vergabe zusätzlicher Förderungsmittel im Wasserbau freuen. Was sagt dazu der Gemeindebundpräsident?

Romeder: Ab dem heurigen Jahr gibt es neue Bundesrichtlinien für die Vergabe von Förderungen betreffend Abwasserbeseitigungs- und Wasserversorgungsanlagen. Die Höhe der Förderungsmittel wurde für den laufenden Finanzausgleich ebenfalls festgeschrieben. Die vorgesehenen und vereinbarten Mittel konnten im heurigen Jahr in zwei Vergabesitzungen bewilligt werden.
Nunmehr fand am 30. 11. 1993 eine dritte Sitzung statt, bei der zusätzlich neben den bereits vergebenen 3,8 Milliarden Schilling 2,3 Milliarden Schilling Rückflüsse aus offenen Darlehen vergeben werden konnten. Damit war es möglich, die bis Ende 1992 eingereichten Förderungsanträge grundsätzlich einer positiven Erledigung zuzuführen.
Allein letztere Vergabe löst ein Investitionsvolumen von mehr als 7 Milliarden Schilling aus, womit der Rezession wie notwendig entgegengesteuert werden kann. Damit werden die Gemeinden in die Lage versetzt, ihre Umweltpolitik, die sie immer vertreten haben, fortzuführen. Trotz mancher Enttäuschung in diesem Jahr können wir nunmehr feststellen, daß sich vieles doch zum Positiven gewendet hat, sodaß wir mit Selbstbewußtsein in das nächste Jahr gehen können.