Frau Mursch im Gespräch

„Apotheken sind Gesundheits-Nahversorger“

14. Juli 2017
Die Apothekerkammer hat erstmals in ihrer 70-jährigen Geschichte eine Präsidentin. KOMMUNAL hat bei der Kommunalmesse in Salzburg die Gelegenheit beim Schopf gepackt und der neuen Frau Präsidentin ein paar Fragen gestellt.

Frau Präsidentin, auf die Apothekerkammer  wie auch auf die gesamte Gesundheitsbranche in Österreich scheinen diverse kräftige Veränderungen zuzukommen. Wie planen Sie, die Apotheker durch diese stürmischen Zeiten zu bringen?

Die Apothekerschaft hat ein umfassendes und vor allem sinnvolles Angebot für eine verbesserte Gesundheitsversorgung. Wir spielen als kompetente und vertrauensvolle Berater eine wichtige Rolle für die Österreicherinnen und Österreicher – das beginnt bei der Prävention, geht über die Früherkennung, die Beratung über Wechselwirkungen bei Kranken, sei es akut oder chronisch Kranken, bis hin zum Ansprechpartner bei allen Gesundheitsfragen.

All das sehr niederschwellig, man kommt einfach zu uns in die Apotheke und wir diskutieren auf Augenhöhe respektvoll die gegebenen Fragestellungen. Die neuen Wege im Gesundheitswesen sollten die Apotheken als erste Anlaufstellen stärken und somit die Gesundheitsversorgung, darunter fällt auch die Arzneimittelversorgung, verbessern.



Wie beurteilen Sie das Interesse von Drogeriemärkten, Supermärkten und Online-Plattformen, auch rezeptfreie Medikamente verkaufen zu wollen? Wie will die Kammer damit umgehen?

Arzneimittel haben erwünschte Wirkungen, aber auch Nebenwirkungen. Unser Credo lautet: Nur soviel wie nötig, aber so wenig wie möglich an Medikamenten. Denn viele Menschen nehmen eher zuviele Arzneimittel ein, hier ist besonders die Information über Wechselwirkungen sehr bedeutsam, weil eine umfassende Beratung die Anzahl der eingenommenen Arzneimittel reduzieren kann.

Weise wäre es in diesem Sinn, den guten, etablierten und verlässlichen Vertriebsweg Apotheke zu stärken und nicht eine Ausfransung der Vertriebswege zu forcieren. Denn die Einnahme von zu vielen Medikamenten – noch dazu ohne apothekerliche Beratung bezüglich Wechselwirkungen – führt zu vermehrten Arzneimittel-Nebenwirkungen, die im schlimmsten Fall zu einer Hospitalisierung führen können. Für uns als Kammer steht die Arzneimittelsicherheit der Bevölkerung an erster Stelle.



Wie sehen Sie die Rolle der Apotheken vor allem im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung in den ländlichen Gebieten?

Die Apotheken sind vielerorts die letzten Nahversorger. Bei uns in Neuzeug in Oberösterreich mit 1800 Haushalten gibt es neben der Apotheke nur noch zwei Banken und ein Lebensmittelgeschäft, und das ist in vielen Orten so.

Die Apotheken sind echte Gesundheits-Nahversorger und übernehmen in manchen Gemeinden auch die Postpartnerschaften für die Bewohner. Die Hälfte der 1400 Apotheken ist auf dem Land oder in Kleinstädten. Schon jetzt sind die Apotheken auf dem Land wichtige Arbeitgeber und für die Bürgermeister beliebte Frequenzbringer im Ort. Gemeinsam mit den Ärzten vor Ort können wir die Bevölkerung umfassend versorgen.



Abschließend ein Themenwechsel: Sie sind

die erste Frau an der Spitze der Kammer, auch bei den Landesverbänden sind meines

Wissens fast nur Männer in den Führungspositionen. Und das, obwohl bei „den Apothekern“ gerade die Frauenqoute sehr hoch ist - brechen hier Ihrer Ansicht nach neue Zeiten an?

Die Apotheke ist weiblich, da haben Sie recht. Jede zweite Apotheke wird von einer Frau geleitet, und wir bieten mit unseren Teilzeitmodellen attraktive Frauenarbeitsplätze an.

Ich freue mich sehr, dass mit mir noch dazu zum 70. Geburtstag der Österreichischen Apothekerkammer erstmals eine Frau an der Spitze dieser wichtigen Standesvertretung steht.

Ich bin aber nicht allein auf weiter Flur. Mit Mag. Susanne Ergott-Badawi ist eine zweite Frau ins Präsidium der Österreichischen Apothekerkammer eingezogen und in allen Bundesländern bekleiden Frauen auch Spitzenpositionen.