Wegebau in Deutschland.
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Abschaffung der Hand- und Zugdieste wäre ein Fehler

13. November 2025
In einigen Vorarlberger Gemeinden wird derzeit über die Abschaffung der „Hand- und Zugdienste“ diskutiert. Der Vorarlberger Gemeindeverband spricht sich klar gegen eine generelle Abschaffung dieser Regelung aus.

Die „Hand- und Zugdienste“ seien ein gelebter Ausdruck von Gemeinschaft und Solidarität in vielen Gemeinden, sagte Präsident Walter Gohm laut einem Bericht auf ORF Vorarlberg. 

Rund ein Drittel der Vorarlberger Gemeinden nutzt diese Möglichkeit der Gemeinschaftsarbeit bzw. Abgabe. Damit könne ein wichtiger Beitrag zur Pflege von Wanderwegen, öffentlichen Flächen oder dem Gemeindewald geleistet werden. 

Gemeinschaft schaffen

„Gerade in kleineren Gemeinden wird so nicht nur Arbeit geteilt, sondern Gemeinschaft geschaffen“, sagt Gohm. Besonders in ländlichen Regionen, wie dem Großen Walsertal oder dem Bregenzerwald, habe man positive Erfahrungen mit dieser Regelung gemacht. Im dicht besiedelten Rheintal sind die Hand- und Zugdienste hingegen kaum noch bekannt.

Lochau führt die Regelung wieder ein

Die Bodenseegemeinde Lochau will die „Hand- und Zugdienste“ nach 90 Jahren wieder einführen (auch wenn ein erster Anlauf aus „formalen Gründen“ wieder zurückgezogen werden musste). Will man der Gemeinde nicht für vier Stunden zur Verfügung stehen, soll jeder Haushalt jährlich 40 Euro bezahlen. Haushalte mit Personen über 60 Jahre zahlen 20 Euro, über 70-Jährige sind ausgenommen.

„Es ist wichtig, dass die Leute sehen, welche Dienstleistungen eine Gemeinde erbringt“, sagt Frank Matt (Grüne), Bürgermeister von Lochau. Wenn es um die Erhaltung von Wegen und Straßen gehe, gebe es derzeit keine guten alternativen Möglichkeiten, ist Matt überzeugt.

Bartholomäberg: „Ein Akt der Solidarität“

In Bartholomäberg sind erstmals acht statt sechs Stunden Arbeit gefordert. Die Alternative: 105 Euro. Bürgermeister Martin Vallaster (ÖVP) kann die Diskussion um Abschaffung nicht verstehen: „Unser Gemeindebauhof hat vier Mitarbeiter bei 2.400 Einwohnern.“ 

Er würde jeder Gemeinde empfehlen, die „Hand- und Zugdienste“ einzuführen. „Ich bin seit 35 Jahren Bürgermeister. In dieser Zeit hatte ich nicht zwei Anfragen, wo sich jemand für eine Abschaffung ausgesprochen hat“, sagt Vallaster. Die Einwohnerinnen und Einwohner würden es nicht als Zwang, sondern als Akt der Solidarität bezeichnen.Es helfen viele auch lieber im Ort mit, so ein anderr ORF-Beitrag: „Wenn man es nicht mehr macht, bleibt alles liegen – das geht nicht“, sagt Peter Dona aus Bartholomäberg. „Daheim lässt man den Dreck auch nicht liegen, das kann man in der Öffentlichkeit auch unterstützen“, sagt Johannes Bitschnau, der ebenfalls in Bartholomäberg wohnt.

Politische Debatte

Dennoch gibt es Kritik: SPÖ und Grüne auf Landesebene fordern im Landtag die Abschaffung dieser aus 1935 stammenden Praxis. „Was damals als Pflichtdienst gedacht war, wirkt heute wie ein Rückfall in vordemokratische Zeiten“, heißt es im Antrag der Abgeordneten Mario Leiter und Reinhold Einwallner.

Interessant: In Lochau, wo ein grüner Bürgermeister regiert, stimmten auch die grünen Gemeindevertreter für die Einhebung – im Widerspruch zur Landespartei. Bereits 2005 waren SPÖ und Grüne mit einem ähnlichen Antrag gescheitert. Die Hand- und Zugdienste seien keine Zwangsverpflichtung, sondern eine faire Form, sich für das Gemeinwohl einzubringen, betont der Gemeindeverband. Ob und in welcher Form die Dienste umgesetzt werden, entscheidet jede Gemeinde selbst. 

Nicht nur in Österreich

Hand- und Spanndienste, in Österreich Hand- und Zugdienste, in der Schweiz corvées communales für gemeinschaftliche Aufgaben, in Deutschland zeitgemäßer auch (verpflichtende) Gemeindedienste genannt, sind Naturaldienste zur Verminderung barer Gemeindeabgaben. Die Dienste verpflichten die Gemeindebürger zu bestimmten körperlichen Arbeiten, die unter dem historischen Begriff Frondienst zusammengefasst werden können. Sie beruhen in Deutschland auf dem Preußischen Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 und in Österreich auf dem jeweiligen Landesrecht und deren Gemeindeordnungen.
Auch heute sind in Deutschland Hand- und Spanndienste, geregelt von strengen Bestimmungen im Grundgesetz und durch kommunalrechtliche Vorschriften in Deutschland, möglich.
Die corvées communales, sogenannte (verpflichtende) gemeinschaftliche Aufgaben sind im Kanton Freiburg in einigen Gemeinden an einigen Tagen pro Jahr verpflichtend, wie zum Beispiel in Châtillon oder Auboranges. Verpflichtet sind je nach Gemeindevorschrift entweder Hauseigentümer oder die gesamte erwachsene Bevölkerung. Wer sich nicht beteiligt, muss eine zusätzliche Abgabe leisten.
Quelle // Wikipedia