Zur Diskussion um Steuerautonomie
Ein Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern erhöht die Einkommen, führt zu niedrigeren Steuersätzen und verringert den Abstand zwischen reichen und armen Ländern. Zu diesem Schluss kommt die vom Thinktank „Agenda Austria“ herausgegebene Studie „Macht braucht Verantwortung“.
In Österreich können Länder und Gemeinden derzeit fast keine Steuern autonom festlegen – sie bekommen für die Erledigung ihrer Aufgaben Steuereinnahmen des Bundes gemäß einem fixen Verteilschlüssel zugewiesen, dem Finanzausgleich. Das wirke sich ähnlich aus wie Preisabsprachen bei Unternehmen: Die Leistungen, die der Bürger bzw. Kunde erhält, seien teurer als nötig. Soweit Agenda Austria.
Die Wirtschaftswissenschafter Christian Keuschnigg und Simon Loretz haben untersucht, wir gut die einzelnen Bundesländer für einen Steuerwettbewerb vorbereitet sind. Ergebnisse eines solchen Steuerwettbewerbs wären nach Ansicht der Autoren:
- Die Steuersätze würden in den Bundesländern im Schnitt um 1,5 Prozentpunkte sinken.
- Diese niedrigeren Sätze würden Österreich einen Standortvorteil gegenüber dem Ausland verschaffen. Steuerwettbewerb und Finanzautonomie würden die Einkommen in Österreich dauerhaft auf ein um 1,7 Prozent höheres Niveau heben.
- Der Wohlstand in den einzelnen Bundesländern würde sich angleichen, anstatt dass sich – wie oft vermutet wird – der Abstand vergrößert. Die Lebensverhältnisse würden ähnlicher.
Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer wären geeignet
Für einen Steuerwettbewerb würden sich am besten die Lohn- und Einkommen- sowie die Körperschaftsteuer eignen – über sie könnten die Länder nennenswerte Einnahmen erzielen. Ein konkretes Modell für mehr Steuerautonomie sollte also, so die Studie, wie folgt aussehen: Zunächst senkt der Bund seine Sätze dieser Steuern und lässt die Länder einen überall gleich hohen Zuschlag einheben. Über diese Einnahmen können die Länder dann auch frei verfügen. Derzeit holen sich die Länder das Geld zur Deckung ihrer Ausgaben hingegen vom Bund was nicht eben zum Sparen anregt.
Im Fall eines solchen einheitlichen Zuschlags würden aufgrund der unterschiedlich großen Steuerbasis in den Ländern (viele Gutverdiener oder nicht, viele oder wenige Unternehmen) die einzelnen Länder mehr oder auch weniger einnehmen als über den Finanzausgleich. Dies zeige, dass der Bund mit dem Finanzausgleich derzeit auf intransparente Weise und im Gießkannensystem umverteilt, da ja fixe Verteilschlüssel gelten.
Sobald die Länder einen einheitlichen Zuschlag einheben würden, wäre die Ausgangssituation für einen Wettbewerb geschaffen. Laut den Berechnungen der Studie sollte dieser einheitliche Satz für die Lohn- und Einkommensteuer bei etwa 7,3 Prozentpunkten liegen. Der Bund würde seinen Steuersatz so senken, dass die Summe aus seinem Satz und des Länderzuschlags den jetzigen Lohn- und Einkommensteuerstufen entsprechen.
Gleichzeitig käme es zu einem transparenten Finanzausgleich direkt zwischen den Ländern, der sich nach dem Wohlstand pro Kopf in den einzelnen Ländern richtet und nicht, wie jetzt, bloß nach der Einwohnerzahl. Konkret würde dann von Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg in die anderen Länder umverteilt, vor allem nach Kärnten und ins Burgenland.
Betrachtet man nur die Lohn- und Einkommensteuer, würden Wien, Niederösterreich und Vorarlberg mehr aus diesen Steuern einnehmen, als sie jetzt über den Finanzausgleich bekommen, die anderen Bundesländer weniger. Will jedes Bundesland die gleichen Einnahmen aus Lohn- und Einkommensteuer wie bisher erzielen, dann könnten Wien, Niederösterreich und Vorarlberg den Satz ihres Zuschlags senken, die anderen Länder müssten hingegen einen höheren Steuersatz einheben. Allerdings lägen die neuen Steuersätze nicht allzu weit von den alten entfernt.
Nun könnte ein Bundesland seine Aufschläge verringern, um Betriebe und Arbeitnehmer anzulocken. Die wegfallenden Steuereinnahmen würden entweder durch Zuzug oder Einsparungen kompensiert. Genauso gut könnten Länder mit einem konkurrenzfähigen Gesamtpaket ihre Zuschläge erhöhen, um etwa große Projekte zu finanzieren. Für die Steuerzahler ist, wie auch das Beispiel Schweiz zeigt, die Steuerbelastung nicht das einzige Kriterium für die Wahl des Betriebsstand- bzw. Wohnorts: Eine gute Verkehrsanbindung, eine verlässliche Gesundheitsversorgung, Kindergartenplätze usw. sind ebenfalls Faktoren.