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Wie Klimawandelanpassung die Verkehrssicherheit erhöhen kann
Dass der Verkehr das globale Klima durch den Ausstoß von Treibhausgasen anheizt, ist weithin bekannt. Doch welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf den Verkehr und die Verkehrssicherheit? Und was können Gemeinden tun, um mit diesen Veränderungen umzugehen?
Vom Wind umgeworfene Bäume, die Straßen blockieren. Überflutete Unterführungen, die von der Feuerwehr abgesichert werden müssen. Durch Steinschlag beschädigter Straßenbelag, der ersetzt werden muss. All diese durch Wettereignisse und Naturgefahren hervorgerufenen Szenarien sind für Gemeinden nichts Neues. Doch der fortschreitende Klimawandel führt dazu, dass solche Extremwetterereignisse immer häufiger und in höherer Intensität vorkommen. Mit welchen Schäden und anderen Auswirkungen müssen Gemeinden in Zukunft öfter rechnen?
Eine unvollständige Aufzählung der Folgen des Klimawandels für den Verkehr
Sturmschäden, wie etwas umgeknickte Stromleitungen und herabfallende Dachziegel, können häufiger auftreten. Tunnel können überflutet werden und so die Benutzung unmöglich machen. Starkregenereignisse können Straßenbaumaterial ausspülen und Straßenbeläge einsacken lassen. Durch den Rückgang von Gletschern und Permafrost wird Geröll locker und gefährdet darunter liegende Straßen, Schienenstrecken und Wanderwege. Zwar bedeutet der immer weniger werdende Schneefall einen geringeren Aufwand für den Winterdienst, jedoch kann schwerer Nassschnee zu mehr Schäden an der Verkehrsinfrastruktur führen.
Hitze ist ein weiteres Problem für den Verkehrssektor. Sie kann zur Bildung von Spurrillen in Asphalt und Aufwölbungen oder Brüchen in Beton führen. Elektronische Bauteile können sich überhitzen und der Kühlbedarf für Betriebsgebäude und Verkehrsmittel steigt an. Der Schienenverkehr ist zudem von Gleisverwerfungen, also durch Hitzeeinwirkung verformten Gleisen, betroffen.
Mehr Straßenverkehrsunfälle an Hitzetagen
Die Statistik Austria veröffentlichte im Juli ihre Statistik über Straßenverkehrsunfälle des Jahres 2024. An Tagen mit Temperaturen von mindestens 30 °C kam es zu einem Anstieg der Unfälle mit Personenschaden um 13 %! Auch in den Jahren 2020 bis 2022 kam es laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) während Hitzewellen verstärkt zu Verkehrsunfällen. Diese Zahlen zeigen eindrücklich, dass der Einfluss des Klimawandels auf die Verkehrssicherheit nicht unterschätzt werden darf.
Bei vielen Personen führt Hitze zu einer geringeren Leistungsfähigkeit, Schwächeanfällen, einem höheren Aggressionslevel oder Atembeschwerden. Kein Wunder also, dass 6 von 10 der vom KFV Befragten angeben, wegen der Belastung durch Hitze bereits einmal eine Aktivität im Freien abgesagt oder abgebrochen zu haben. Die Zunahme von Hitzetagen könnte einen negativen Einfluss auf die aktive Mobilität der Bevölkerung, sowie den Sommertourismus in Österreich, haben. Wer geht schon gerne in gleißender Sonnenstrahlung zu Fuß zum Kindergarten, um sein Kind abzuholen? Oder fährt bei 34 °C mit dem Fahrrad auf wärmeabstrahlendem Asphalt zur Buschenschenke?
Lösungsansätze für Gemeinden
Gemeinden steht eine Vielfalt an Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung, deren Umsetzbarkeit von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängt. So können etwa Entwässerungssysteme für Straßen redimensioniert werden, um in kurzer Zeit große Mengen an Niederschlag aufnehmen zu können.
Beim Straßenbau gibt es die Möglichkeit, hellere Oberflächenmaterialien und hitzebeständigen Asphalt oder Beton einzusetzen. Hänge und Böschungen können z. B. durch die Pflanzung von Gehölzen stabilisiert werden. Um Wasserversickerung zu ermöglichen und Wärmeabstrahlung zu reduzieren, können Entsiegelungsprojekte umgesetzt werden. Denkbar sind hier etwa die Verschmälerung von Straßenabschnitten oder der Einsatz von wasserdurchlässigen Rasengittersteinen auf Parkplätzen.
Zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität in Wartebereichen des öffentlichen Verkehrs können Beschattungs- und Begrünungsmaßnahmen getroffen werden. Die Errichtung von Wartehäuschen, Pergolen oder die Pflanzung von Bäumen führt zu angenehmen Temperatursenkungen.
Die Stadt Graz hat sogar bei bereits bestehenden, hoch gewachsenen Platanen eine neue Bushaltestelle geplant und errichtet. Auch entlang von Straßen-, Schienen-, Rad- und Fußwegen können hitzeresistente und standortangepasste Arten gepflanzt werden. Direkt in öffentlichen Verkehrsmitteln können Sonnenschutzfolien an den Gläsern angebracht werden, etwa im Gemeinderufbus. Des Weiteren sollten Informations- und Frühwarnsysteme eingerichtet bzw. immer wieder reevaluiert werden. Die Gemeindebevölkerung muss rechtzeitig vor herannahenden Gefahren gewarnt werden – sowohl im digitalen als auch im analogen Raum. Hinweise zu korrekten Verhaltensweisen während extremer Wetter- oder Naturereignisse können Leben retten und Sachschäden verhindern!
Klimawandelanpassung funktioniert am besten, wenn sie ein fest integrierter Bestandteil der Planungsprozesse in der Gemeinde ist. Bei jeder Entscheidung sollte mitbedacht werden, welche Handlungsmöglichkeiten mit dem Ziel der Klimawandelanpassung kompatibel und welche eher kontraproduktiv sind. Wer langfristig die Zersiedelung in Grenzen hält, Ortskerne wiederbelebt, Wohnbauten in maßvoller Dichte errichten lässt und Grünflächen schützt, der oder die macht seine oder ihre Gemeinde zukunftsfit!
Quellen:
Wissenschaftliche Studie: Gössling, S., Neger, C., Steiger, R. et al. Weather, climate change, and transport: a review. Nat Hazards 118, 1341–1360 (2023). https://doi.org/10.1007/s11069-023-06054-2
Wissenschaftliche Studie: Matulla, C., Hollósi, B., Andre, K. et al. Climate Change driven evolution of hazards to Europe’s transport infrastructure throughout the twenty-first century. Theor Appl Climatol 133, 227–242 (2018). https://doi.org/10.1007/s00704-017-2127-4
Wissenschaftliche Studie: Palin, E. J., Stipanovic Oslakovic, I., Gavin, K., Quinn, A.. Implications of climate change for railway infrastructure. WIREs Clim Change. 2021; 12:e728. https://doi.org/10.1002/wcc.728
Zweiter Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2): S. Peer, W. Streicher, G. Wagner et al. (2025). Built environments and mobility. In "Second Austrian Assessment Report on Climate Change (AAR2) of the Austrian Panel on Climate Change (APCC)". [D. Huppmann, M. Keiler, K. Riahi, H. Rieder (eds.)]. Austrian Academy of Sciences Press, Vienna, Austria | doi: 10.1553/aar2-ch3 | url: https://aar2.ccca.ac.at/chapters/3
Die Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel Teil 2 – Aktionsplan Handlungsempfehlungen für die Umsetzung (2024, Kapitel 12 - Aktivitätsfeld Verkehrsinfrastruktur inkl. Aspekte der Mobilität): Die Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel | Teil 2 – Aktionsplan Handlungsempfehlungen für die Umsetzung
Bericht des BMK: Verkehrsinfrastruktur im Klimawandel - Warum wir die Verkehrsinfrastruktur klimafit gestalten müssen (2022, erarbeitet vom Umweltbundesamt): Verkehrsinfrastruktur im Klimawandel
Pressemitteilung der Statistik Austria (2025-07): Mehr Verkehrstote im Juli und August
Bericht des KFV (2023): Kurzbericht-Sommergefahren-1.pdf
Stadt Graz, Teil eines Tagungsbandes für dieREAL CORP 2025: CORP2025_34.pdf