„New Ways of Working und neue Arbeitswelten“: Mitarbeiterzufriedenheit und ihre optimale Unterstützung stehen im Mittelpunkt des Top Managements. Heute will man durch neue Bürowelten nicht nur die Mitarbeitereffizienz steigern, sondern auch die Bindung des Personals an das Unternehmen und Innovation fördern.
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Neue Wege im Facility Management

Die zwei Welten des Facility Managements (FM) kollidieren: Das FM, das sich klassisch rein um die Technik kümmert, bleibt in der Kostensenkungsspirale. Das FM, das sich mit den neuen Trends (Arbeitswelten und Digitalisierung im Betrieb) beschäftigt, wird immer wichtiger für das Top-Management und darf weiter investieren.





Der 10. IFM Kongress an der TU Wien gab in vieler Hinsicht Grund zum Feiern. Bei den meisten FM-Veranstaltungen klagt die Branche, dass nur Kosteneinsparung im Fokus steht – was nicht der Fall sein muss, wie der Kongress aufzeigte. Die Digitalisierung ändert nicht nur das Kerngeschäft. Im Bereich Immobilien bedeutet das einerseits neue Arbeitswelten und andererseits Effektivitätssteigerung im Betrieb.

Neue Arbeitswelten zur Mitarbeiterbindung und -motivation



Als 2007 der erste IFM Kongress stattfand, lag das Hauptaugenmerk im FM noch auf der Kosteneinsparung. Heuer wurde schon beim ersten Block „New Ways of Working und Neue Arbeitswelten“ deutlich, dass sich dieser Schwerpunkt gewandelt hat.



Die Mitarbeiterzufriedenheit und ihre optimale Unterstützung stehen im Mittelpunkt des Top-Managements, wie Klaus Schierhackl, Vorstand der ASFINAG AG, aufzeigte. Heute will man durch neue Bürowelten nicht nur die Mitarbeitereffizienz steigern, sondern auch die Bindung des Personals an das Unternehmen und Innovation fördern.



Zusätzlich soll auch die Mitarbeitergewinnung unterstützt werden. „Der neue zentrale Bürostandort soll das Arbeitsklima und die interne Kommunikation fördern und die neue Unternehmenskultur verkörpern.“



Andreas Rohregger von General Electrics Global Properties nutzt die neuen Arbeitswelten ebenfalls, um Innovation voranzutreiben und als Teil des Change-Managements. „General Electric zeigt damit die neue innovative Kultur. Arbeit ist kein Ort, Arbeit ist eine Erfahrung.“, so Rohregger.



Bernhard Huppmann, Partner Deloitte GmbH, geht noch einen Schritt weiter. Er geht mit seinem neuen Standort „auf die Mitarbeiter“ zu. „Wir verlegen den Standort dorthin, wo unsere Mitarbeiter leben.“ Seine Ziele sind vor allem optimaler Ausgleich zwischen der persönlichen Arbeitswelt und der Standortfrage sowie eine funktional aufgebaute Arbeitswelt statt konventioneller Strukturen. „Nicht die Mietkosten stehen im Vordergrund, sondern die Mitarbeiter-Bindung. In den letzten zwei Jahren ist die Fluktuation in diesem Bereich bei Null.“



Diese Statements zeigen, dass FM heute mehr ist als Kosteneinsparung. Es hilft das volle Potenzial der Mitarbeiter zu nutzen, und den Vorgesetzten den Aufwand durch Mitarbeiterwechsel wesentlich zu verringern.



Zugleich steigt aber der Bedarf nach Services. Die höhere Belegung im Büro durch die neuen Arbeitswelten und die neue Nutzung (sprich man geht ins Büro um zu kommunizieren und nicht um konzentriert zu arbeiten) benötigen Services rund um die Uhr. Wie kann FM das ohne Mehrkosten ermöglichen?

Digitalisierung bedeutet nicht nur Effizienzsteigerung, sondern neuartige Prozesse



Digitalisierung, sprich neue, effektivere Prozesse im Betrieb durch den Einsatz neuer Technologien, sind ein geeigneter Lösungsansatz. Das zeigte die Podiumsdiskussion mit Wolfgang Gleissner von der BIG, Claus Stadler von UBM Development AG und Bernd Hanke von Deutsche Bahn DB Station & Service AG.



Vor allem DB Service setzt schon verstärkt neue Technologien ein. Die Deutsche Bahn unterstützt barrierefreies Reisen. Es gibt jetzt eine Bahnhof live-App, wo Kunden in Echtzeit sehen können, welche Aufzüge funktionieren. Das geht nur mit neuen Technologien wie Sensortechnik und Internet of Things (IoT).



In Berlin wird gerade Machine Learning bei Kamerasystemen eingesetzt, um Personen automatisch zu erkennen. Freiwillige unterstützen die Optimierung des Systems, indem sie auch einen GPS-Empfänger bei sich tragen und so das System erkennt, wann die Person im Gebäude war und ob sie erkannt wurde. Hanke meint, „ohne diese Technologie kann DB Service die verlangte Verfügbarkeit von 97 Prozent nicht erfüllen. IoT und Artificial Intelligence (AI) ermöglichen das Ziel mit vertretbaren Mitteln zu erreichen.“



Wobei gerade die kleinen, aber feinen Innovationen schon verfügbar sind. Nicht nur Proptech-Unternehmen können Neuerungen liefern, viele Innovationen gibt es schon, man muss sie nur nutzen.

Einige Beispiele gefällig?



Ein Einbruchsensor kann auch verwendet werden, um die Öffnung des Schaltkastens im Allgemeinbereich von Mietshäusern zu überprüfen. Wenn der Schaltkasten nicht geöffnet wurde, kann der FI-Schalter auch nicht überprüft worden sein.



Das neue Vergabegesetz. Auch mit einem weiteren Vorurteil wurde aufgeräumt. Michael Fruhmann vom BKA machte deutlich, dass das neue Vergabegesetz eindeutig das Bestbieterprinzip unterstützt. Weitere Neuerungen betreffen die Notwendigkeit, dass alle Ausschreibungsunterlagen elektronisch schon zu Beginn des Verfahrens verfügbar sind. Auch hier zeigt die Digitalisierung in Form der E-Vergabe, die ab Oktober 2018 im Oberschwellenbereich verpflichtend aber auch in anderen Bereichen anwendbar ist, ihre Auswirkungen. Die technische Struktur wird Herausforderungen stellen.

Es gibt noch einen Unterschied zwischen Eigentum und Miete



IFRS 16 ändert die Regeln. Mit dem neuen IFRS-16-Standard zur Leasingbilanzierung kommt eine weitere drastische Veränderung auf die „Mieter“ zu. Marius Dreisbach von PwC Österreich machte deutlich, dass der neue Rechnungslegungsstandard den Unterschied zwischen Miete und Eigentum fast verschwinden lässt, da nun Firmen, die diesem Standard unterliegen, auch das Nutzungsrecht in ihren Anlagenspiegel aufnehmen müssen. Erste Unternehmen ändern daher schon ihre Strategie und setzen auf Eigentum.



Die guten weltwirtschaftlichen Aussichten von Valentin Hofstätter, Leiter Market Strategy & Quant Research, Raiffeisen Bank Int. AG, mit einem relativ hohen weiteren Wirtschaftswachstum und zumindest für ein Jahr geringen Zinsaussichten rundeten einen positiven Tag ab.

Co-working und Well-Being sind die nächsten Trends im FM



Am Tag 2 des Kongresses referierten Pat Turnbull und Chris Hood, beides Experten für Arbeitsplatzstrategie, die eine Amerikanerin, der andere Brite. Sie postulierten, dass Co-Working kein kurzfristiger Trend sei. Da immer mehr Personen Einzelunternehmer sind, bietet ihnen diese Büroform nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern auch Möglichkeit, sich zu vernetzen. Und diese Büroform wächst äußerst stark.



Gerade Start-ups nutzen diese Büroform gerne, da sie ihnen ein Sorglos-Paket bietet und sie sich auf den Aufbau ihres Unternehmens konzentrieren können. Laut Chris Hood haben „45 Prozent der Nutzer schon Aufträge durch das Netzwerk erhalten und 39 Prozent haben aus dem Netzwerk Mitarbeiter gefunden. Es fördert das Netzwerk und erhöht die Produktivität.



Die Büros sind einfach, aber bieten eine Community, die gemeinsam Probleme löst.“ Die beiden Vortragenden zeigten, dass auch in den USA immer mehr auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter Wert gelegt wird und sogar eigene Standards dafür schon entwickelt wurden. Er umfasst die Bereiche Luft, Wasser, Licht, Ernährung, Fitness, Komfort und „Mind“. Denn Arbeitsplätze nehmen Einfluss auf die Produktivität (bis zu sieben Prozent Steigerung sind möglich), die Mitarbeiterzufriedenheit, die Abwesenheitsquote und die Gesundheitskosten und ermöglichen Vernetzung.



Danach hatte die Wissenschaft das Wort. Julia Ayuso Sanchez und Sergio Vega Sanchez von der Technischen Universität Madrid validierten die Aussagen ihrer Vorredner, dass natürliches Licht am Arbeitsplatz und Grünpflanzen die Performance von Mitarbeitern verbessern können. Zwei Vorträge aus der Schweiz beschäftigten sich mit dem Gesundheitswesen und der Bedeutung von Sicherheit in diesem Bereich. Sie stellten auch neue Catering-Modelle vor, die nicht nur besser Patientenwünsche erfüllen, sondern auch Kosten und Abfall sparen können.

Viel mehr Möglichkeiten



Der 10. IFM Kongress zeigte, dass die Vorstände und Geschäftsführer FM heutzutage viel mehr als Möglichkeit sehen, neue Mitarbeiter einfacher anwerben zu können und bestehende an das Unternehmen zu binden und ihre Leistungsfähigkeit zu steigern, als es rein auf Kosteneinsparung zu reduzieren.



Auch zeigte sich, dass Digitalisierung nicht nur durch PropTech möglich ist, sondern viele Lösungen schon jetzt zur Effektivitätssteigerung eingesetzt werden können. Die Betonung liegt auf Effektivität, sprich auf die Nutzung neuer Technologien, um neue Abläufe zu ermöglichen. Das bringt nicht nur dem Dienstleister Vorteile, sondern auch dem Kunden.



Reine Effizienzsteigerung reicht nicht mehr, sonst endet man im Kostenwettbewerb ohne Differenzierung zu den anderen Anbietern. Damit die Facility-Manager diese Möglichkeiten nutzen können, müssen sie aber ihren Komfortbereich verlassen und sich mit den Themen neue Arbeitsplatzwelten und Digitalisierung beschäftigen und nicht nur die Technik und Kostensenkung im Fokus haben.



Diese Schlussfolgerung gilt für das FM im privatwirtschaftlichen, ebenso wie für jenes im kommunalen Bereich. Auf letzteren konzentrierte sich das FM Forum Styria in Graz, das sich als steirische Fachtagung für kommunales Facility Management darauf spezialisierte, wie man kommunale Immobilien nachhaltig bewirtschaften könne.

FM Forum Styria zeigt Nutzen auf



Anlass für das erstmalig stattfindende FM Forum Styria war das 20-Jahr-Jubiläum der Gebäude- und Baumanagement Graz GmbH (GBG), die das Forum ausrichtete und mit dem Veranstaltungsort bereits ein Statement setzte: Die Volksschule Algersdorf in Graz ist ein moderner Neubau, bei dem die aktuellsten Erkenntnisse aus dem FM von Anfang an berücksichtigt und genutzt wurden.



Die Fachtagung versteht sich als Plattform für Wissenserweiterung, Vernetzung und Erfahrungsaustausch im kommunalen Facility-Management. Anhand erfolgreicher Umsetzungsbeispiele zeigt sie praxisnah den enormen Nutzen von intelligent angelegtem Facility Management auf. Vier programmatische Themenblöcke beleuchteten das Grazer Investitionsprogramm für den Pflichtschulausbau (GRIPS), neue Finanzierungsformen und Investitionsmodelle, den Bereich Energie sowie den nachhaltigen Umgang mit Leerstand.



Wie steuerliche Rahmenbedingungen die Nutzung von Immobilien beeinflussen erklärte Alexander Enzinger von der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Rabl & Partner. Steuerliche Sonderregelungen für das Rückgängigmachen von Ausgliederungen, ebenso wie für Gemeindefusionen und weiters die Umssatzsteueroption bei der Vermietung von Gebäuden stellten die zentralen Knackpunkte dar. Enzinger stellte klar, dass die über lange Zeit beliebte Ausgliederung des FM von öffentlichen Einrichtungen oftmals gar nicht mehr sinnvoll ist, da durch diese Konstellation Umsatzsteuer fällig wird. Generell rät er den Kommunen, sobald sie Immobilien bewegen an das Steuerrecht zu denken. Es ist wahrscheinlich, dass dadurch Steuern fällig werden, sodass die beabsichtigten wirtschaftlichen Einsparungseffekte um bis zu 100 Prozent verloren gehen können. Ein gutes Beispiel dafür sind die Gemeindefusionen. Bei denen gehen nämlich nicht etwa die zusammengelegten Gemeinden in der größten auf, sondern sämtliche Gemeinden werden zu einem neuen Rechtsträger übertragen. Das bedeutet folglich, dass die Immobilien aller involvierten Gemeinden mittels Übertragungsakt „bewegt“ werden.



Welche Chancen die Digitaliserung für die Stadtentwicklung bietet, veranschaulichte Baudirektor Bertram Werle von der Stadt Graz anhand des Demonstrationsprojekts „Smart-City Waagner-Biró“ Auf dem ehemaligen Industrieareal entsteht Österreichs erstes Smart-City-Leitprojektmit etlichen Premieren. Erstmals wird hier etwa ein lokales Energienetz auf Quartiersebene realisiert. Genauso innovativ ist die erstmalige Umsetzung multimodaler Möbilitätslösungen in Form von Umsteigeknoten, an denen öffentlicher Verkehr, Carsharing, Fahrradabstellplätze, Taxi und Leihwagenangebote zur Verfügung stehen. Dieses Angebot heißt „tim“ – „täglich.intelligent.mobil“.

Vernetzungen zwischen städtischen Systemen werden zu weiteren Innovationssprüngen und neuen Anwendungen führen, zeigt sich Werle überzeugt. Im Zuge der Digitalisierung werden das Mobilitätsverhalten, das Wohnverhalten und der Umweltzustand sichtbar gemacht werden können, und geht es um den Gebäudebetrieb, ist das FM jener Bereich, den die Digitalisierung entscheidend verändern wird, bzw. es bereits tut.



Der Vorstandsvorsitzende der Facility Management Austria (FMA), Peter Kovacs, der gleichzeitig bei der Stadt Wien Leiter Objektmanagement MA34 ist, erörterte aus Sicht der bevölkerungsreichsten Gemeinde des Landes, welchen Beitrag kommunales FM leisten kann. Er verwies unter anderem auf die Leitfäden und Richtlinien, die auf der Homepage der FMA (teilweise auch für Nichtmitglieder kostenlos) downloadbar sind, zum Beispiel der Richtlinie GEFMA FMA 190 zur Betreiberverantwortung oder den Leitfaden zur Dokumentaion bei Objektiübergabe.

Kaindorf forciert Nachhaltigkeit



Im Themenblock Energie präsentierte sich die Ökoregion Kaindorf als ein Best Practice-Beispiel, wie es auch kleinen Gemeinden möglich ist Nachhaltigkeit zu forcieren. Mit einer Vielzahl an Projekten gelang es einerseits, die Ökoregion als Marke zu etablieren, und andererseits, Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen.Das Zauberwort dazu heißt Veranschaulichung.



Eine Fülle von Vorträgen, Exkursionen, und Bildungsevents, das Errichten von Musterhäusern, die sich hinsichtlich ihres Energiebedarfs unterschieden, Sportveranstaltungen wie das 24-Stunden-Radrennen, oder Initiativen wie das Humusaufbauprojekt sind öffentlichkeitswirksam und haben das ökologische Selbstbild der Bevölkerng geprägt. Das Projekt BikeLane, bei dem Schüler dazu animiert werden, den Schulweg per Rad zurückzulegen, ist so erfolgreich, dass es bereits von zahlreichen Gemeinden übernommen wurde.

Grazer Projekt für Kinder und Jugendliche



Ein weiteres Vorzeigeprojekt zur Nutzermotivation, das sich an Kinder und Jugendliche richtet, ist das von der Stadt Graz initiierte „Energiesparen macht Schule“. Dabei erstellen die Schüler Temperaturlandkarten ihrer Schulen, und diese erlauben es wiederum den Schulwarten, die Heizsysteme zu optimieren. Toller Anreiz: 30 Prozent der direkt nachweisbaren Energieeinsparungen fließen direkt zu den Schulen zurück. Auch in Form von Cash. Soetwas motiviert!



Beim Thema Energiekosten stellt Horst Pachler vom Zentralen Energieeinkauf Haus Graz die Vorgehensweise der Stadt vor. Der Clou: Anstatt eines dauerhaft gleichbleibenden, zu einem Stichtag festgesetzten Energiepreises wird der Strombezug ähnlich wie bei einem Fonds in Tranchen beglichen, für die der jeweils aktuelle Marktpreis gilt.



Richtig futuristisch mutet der Lokalaugenschein beim Science Tower Graz an. Das Hochhaus auf den ehemaligen Waagner-Biró-Gründen ist mit modernster Technik ausgestattet und zeigt was FM in Zukunft bedeuten könnte. Es umfasst Weltneuheiten wie besonders gehärtetes, nur 3 mm dickes Dünnglas oder durchsichtige Energiegläser mit Grätzel-Technologie. Trivial gesagt sind das transparente PV-ähnliche Elemente, die nach dem Prinzip der Photosythese Strom produzieren. Es gibt sie in Grün, Orange und Rot. Im Fall des Science Tower-Graz sind die roten Gläser verbaut, denn das derart gefilterte Licht begünstigt das Pflanzenwachstum, und das ist bedeutsam, denn die obersten Etagen werden extensiv begrünt und mit zahlreichen Beeten bepflanzt. Das autarke Gebäude der Zukunft ist in Graz bereits Realität. Ein beeindruckendes Beispiel für das künftige Handlungsfeld von Facility Management ...