Fotos: Roland Schuller
Natürlich ging's um die Finanzen
Vor über 2100 BürgermeisterInnen, Gemeindemandataren und Gemeindebediensteten legten in der Halle 5 des Klagenfurter Messegeländes Vertreter der Gemeinden, der Länder und des Bundes ihre Standpunkte dar. Es wurde deutlich, dass es noch erhebliche Gegensätze gibt, aber sie wurden in Klagenfurt weder kleingeredet noch aufgebauscht, sondern sachlich und konstruktiv behandelt.
Zum ersten Mal in seiner Amtszeit konnte Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer bei der größten kommunalpolitischen Veranstaltung der Republik keinen amtierenden Bundespräsidenten begrüßen. Und er stellte zu dieser „Tragikomödie“ gleich fest: Die Gemeinden tragen nachweislich keine Schuld und trotz falscher Verdächtigungen werde es den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern auch am 4. Dezember gelingen, tausende Ehrenamtliche für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl zu motivieren. Ihnen sei zu danken. Inakzeptabel sei die Forderung nach einer Abschaffung der Briefwahl: „Auf Grund einer technischen Panne ein demokratisches Grundrecht einzuschränken, das wäre beschämend, ein politisches Armutszeugnis.“
Die Liste der Ehrengäste war dennoch lang und eindrucksvoll. Neben den Rednern des Tages begrüßte Präsident Mödlhammer u. a. Diözesanbischof Alois Schwarz, für die Mitglieder der Landesregierungen Kärntens Landeshauptmann-Stellvertreterin Gabriele Schaunig, für die Vertreter der Landesparlamente die Landtagspräsidenten Reinhart Rohr (Kärnten) und Harald Sonderegger (Vorarlberg), weiters Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger und den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Christian Meidlinger sowie als internationale Gäste Präsident Andreas Schatzer (Südtiroler Gemeindenverband) und Präsident Roland Schaefer (Deutscher Städte- und Gemeindebund).
Flüchtlinge: Großartige Arbeit der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
Der Gemeindebund-Präsident erinnerte zunächst an den 62. Gemeindetag vor einem Jahr in Wien. Damals habe das Thema „Flüchtlingswelle“ alle anderen überschattet. Und man musste sich mit der Kritik von „Besserwissern“ auseinandersetzen, die den Gemeinden den „schwarzen Peter“ zuschieben wollten und meinten, dass hartherzige und ängstliche Bürgermeister die menschliche Lösungen verhindern. Heute beherbergen rund zwei Drittel der österreichischen Gemeinden Flüchtlinge und laut Flüchtlingskoordinator Christian Konrad „leisten die Bürgermeister großartige Arbeit“.
Eine groß angelegte Studie, so Mödlhammer, zeige auch, dass kleinere Einrichtungen in kleinen und mittleren Gemeinden mit ihrer funktionierenden Zivilgesellschaft besser und effektiver arbeiten als Großquartiere in den Ballungszentren.
Nächste große Aufgabe sei die Integration. Mödlhammer sprach sich nachdrück lich für die Heranziehung von Asylwerbern zu gemeinnützigen Arbeiten aus. Davon könnten sowohl die Gemeinden als auch die Flüchtlinge profitieren. Allerdings gebe es noch zu viele bürokratische Hürden.
Überhaupt, so der Gemeindebund-Präsident, setzen Bürokratie und Überregulierung dem Gestaltungswillen der Gemeinden zu viele unnötige Grenzen: „Wir sagen es klipp und klar: Dieses
Land braucht mehr Hausverstand, nicht immer mehr Paragraphen!“
Als eine der nach wie vor größten Herausforderungen bezeichnete Mödlhammer den Kampf um die Erhaltung und Stärkung der ländlichen Regionen als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum: „Wenn es nicht gelingt, diese Herausforderung zu bewältigen, dann wird das
Österreich von morgen nicht mehr das Österreich sein, das wir heute kennen und lieben.“
Dieser Kampf sei nur gemeinsam zu gewinnen und er sei sicher nicht ohne leistungsfähige, starke und gesunde Klein- und Mittelgemeinden zu gewinnen, die das Rückgrat des ländlichen
Raumes bilden.
Berechtigte Forderungen
„Starke und gesunde Gemeinden – das heißt vor allem finanziell gesunde Gemeinden“, leitete der Präsident des Gemeindebundes zum Thema Finanzausgleich über und führte einige der Hauptforderungen der Kommunen an.
- Der Finanzausgleich muss gerechter werden, die Schere zwischen den Gemeinden darf nicht noch weiter aufgehen, sie muss verkleinert werden. Dazu gehört die Abschaffung oder wenigstens eine weitere Abflachung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels.
- Der bedarfsorientierte Finanzausgleich darf kein Schlagwort bleiben, das setzt zunächst
eine Kompetenzreform, eine klare Zuteilung der Aufgaben voraus. - Die Finanzströme sind zu vereinfachen. Wer die Mittel braucht, etwa für die Kinder-Nachmittagsbetreuung, sollte sie auch direkt bekommen.
- Der vom Gemeindebund seit langem geforderte Strukturfonds für Abwanderungsgemeinden
muss aus Bundesmitteln dotiert werden, die Verteilung sollte auf Landesebene
erfolgen.
Abschließend betonte Präsident Mödlhammer, dass der Österreichische Gemeindebund im kommenden Jahr sein 70-jähriges Bestehen feiern wird. Es könne eine stolze Bilanz gezogen
werden, der Blick gehe allerdings nach vorne: „Die Gemeinden sind bereit und in der Lage, die
Herausforderungen von morgen anzunehmen und so wie bisher mit aller Kraft für die Bürgerinnen
und Bürger zu arbeiten!“
Der Landeshauptmann: Integrative Kraft der Gemeinden
Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser meinte, der 63. Österreichische Gemeindetag finde zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort statt. Nämlich am Schnittpunkt von drei großen Kulturen und bedeutender Verkehrs- und Wirtschaftsräume.
Bei der Vermittlung von Politik seien die Gemeinden am nächsten an den Bürgern, sie seien es, die die Menschen zum Mitgestalten animieren und zwar sehr erfolgreich. Diese integrative Kraft der Gemeinden sei gerade angesichts der großen Herausforderungen von heute sehr
wichtig.
Ausdrücklich dankte der Kärntner Landeshauptmann Finanzminister Schelling für die für das Land so wichtige Heta-Lösung. Hinsichtlich des Finanzausgleichs appellierte er an den Finanzminister: „Zaubern Sie am heutigen internationalen Tag des Lachens ein Lächeln auf die Gesichter der Gemeindetag-Teilnehmer.“
Die Bürgermeisterin: Partner Städte und Gemeinden
Die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt, Marie Luise Mathiaschitz, überbrachte auch die Grüße des Österreichischen Städtebundes. Die Partnerschaft zwischen den Städten und Gemeinden sei entscheidend für eine starke Verhandlungsposition und für den Erfolg. Sie forderte ebenfalls eine Kompetenzreform, um die Aufgaben und deren Finanzierung zusammenzuführen, sowie eine Verringerung der Transferzahlungen zwischen Ländern und Gemeinden. Die Städte und Gemeinden gestalten den unmittelbaren Lebensraum der Menschen in Österreich und brauchen dringend die Mittel für wichtige Maßnahmen.
Klagenfurt habe bewiesen, dass sich politisches Rückgrat auszahlt. Erstmals seit eineinhalb Jahrzehnten sei 2015 in allen Leistungsbereichen ein positiver Abschluss erreicht worden – und zwar ohne Einschränkungen für die Bürger.
Der Finanzminister: „Einstieg in den Umstieg“
Finanzminister Hans Jörg Schelling meinte einleitend, die Lösung des Heta-Problems werde international anerkannt, sie sei nicht nur für Kärnten gut, sondern auch für den Finanzplatz Österreich. Jene, die das Desaster der Hypo Alpe-Adria verursacht haben, sollten ja nicht
versuchen, nun daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Entscheidend sei, dass hoffentlich nie mehr eine solche Situation eintritt. Dafür sollten auch Regeln im Finanzausgleich sorgen.
Schelling würdigte die Leistungen der Gemeinden und der Bürgermeister: „Wäre ich zuständig, würde ich die Aufwandsentschädigungen erhöhen und die soziale Absicherung verbessern.“
Durchaus positiv äußerte er sich zum Wunsch der Gemeinden, die Mittel für Aufgaben wie
die Kinderbetreuung direkt, ohne Umweg über die Länder zu erhalten sowie zu einer stufenweisen
Auflockerung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels.
Ebenso sprach er sich für eine Kompetenzreform aus. Ein aufgabenorientierter Finanzausgleich setze voraus, dass Zuständigkeit und Verantwortung in einer Hand liegen. Das Motto „Einer bestellt und ein anderer zahlt“ dürfe nicht mehr gelten.
Die Umsetzung solcher Forderungen brauche allerdings Zeit. Es gelte, die gewachsenen Strukturen des Finanzausgleichs zu berücksichtigen. Diese stammen aus den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, inzwischen habe sich die Welt verändert. Daher müsse jetzt der „Einstieg in der Umstieg“ beschlossen werden!
So sollte etwa am Ende der Finanzausgleichsverhandlungen der Satz stehen: „Bund, Länder
und Gemeinden kommen überein, bis 2018 eine Aufgabenreform zu erarbeiten.“
Abschließend appellierte der Finanzminister: „Mehr Geld löst selten die Probleme der Zukunft.
Es geht nicht um Bund, Länder und Gemeinden, sondern es geht um die Zukunft unseres Landes.“
Standing Ovations für Mödlhammer
In seinen Schlussworten dankte Gemeindebund-Präsident den Rednern und allen, die zum Gelingen des 63. Österreichischen Gemeindetages beigetragen haben. Es werde der letzte Gemeindetag sein, den er als aktiver Präsident erlebt, und er danke allen, die ihn in den letzten 18 Jahren begleitet und unterstützt haben. Abschließend rief er allen Verantwortlichen zu: „Passt auf unsere Gemeinden auf!“
Der Präsident des Kärntner Gemeindebundes, Peter Stauber, erwiderte den Dank und würdigte
Mödlhammers „Engagement mit sehr viel Herz und Hirn“ Dieser wiederum war sichtlich gerührt, als sich die mehr als 2100 Teilnehmer spontan zu Standing Ovations erhoben. Und als
Überraschung gab es zum Abschluss noch eine echte Weltpremiere: „Wahre Freundschaft“,
gesungen vom „Österreichischen Bürgermeisterinnen-Chor“!
von Herbert Waldhauser, freier Journalist und Konsulent des Österreichischen Gemeindebundes