Mikroplastik lässt sich aus Regenabfluss herausfiltern
Ohne es zu merken, nimmt jeder von uns pro Woche bis zu fünf Gramm Mikroplastik mit der Nahrung zu sich. Das entspricht dem Gewicht einer Kreditkarte. Diese Aussage der weltweit tätigen Umweltstiftung World Wide Fund For Nature (WWF) schockiert, auch wenn die ermittelten Werte von Person zu Person variieren, abhängig von Region und konsumierten Produkten. Im Auftrag des WWF hatte die University of Newcastle (Australien) – nach Auswertung von mehr als 50 Studien unterschiedlicher Herkunft – entsprechende Berechnungen durchgeführt und im Juni 2019 veröffentlicht.
Schädlichkeit von Mikroplastik ist nicht erforscht
Die Plastikkrise ist ein globales Problem, das neben Umwelt und Natur uns Menschen direkt betrifft, auch in Österreich. Inwieweit die Aufnahme von Mikroplastik schädlich für die Gesundheit ist, ist derzeit noch nicht erforscht. Ob und welche Wirkung Kleinstpartikel aus Plastik, sogenanntes Nanoplastik, entfalten, wenn wir diese aufnehmen, ist bislang nicht bekannt.
Klar ist jedoch, dass Mikroplastik Chemikalien enthält. Für den Menschen relevant und potenziell gesundheitsgefährdend sind laut einer Pilotstudie des österreichischen Umweltbundesamtes und der Medizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2018 Partikel kleiner als 10 Mikrometer (0,01 mm), denn sie könnten über die Atmung in den menschlichen Körper gelangen und Barrieren, wie etwa die Haut oder Organe, überwinden.
Herkunft: auch von Autoreifen
Der Europäische Wirtschaftsdienst zitiert in der Zeitschrift „EUWID, Wasser und Abwasser“ am 21.4.2020 das österreichische Umweltbundesamt mit dem Hinweis, dass Mikroplastik auf verschiedenen Wegen in die Umwelt gelangt: Werde es Produkten wie Kosmetika, Reinigungsmitteln oder Farben direkt zugesetzt, gelange es häufig mit dem Spülwasser in die Kanalisation, erklärte die Behörde.
In der Menge weitaus bedeutsamer seien Mikroplastikpartikel aus Abrieb oder Zerfall, etwa durch Reifenabrieb, der in Österreich nach Angaben des Umweltbundesamts mit rund 6.800 Tonnen jährlich die größte Quelle für Mikroplastik darstellt. Es folgen Emissionen bei der Abfallentsorgung, der Faserabrieb bei der Textilwäsche, der Abrieb von Farben, Verwehungen von Kunstrasenplätzen und die Freisetzung auf Baustellen.
Und weiter heißt es bei EUWID: „Einer Umweltbundesamt-Studie aus dem Jahr 2015 zufolge entstehen im gesamten EU-Verkehr jährlich geschätzt mehr als 500.000 Tonnen Mikroplastik durch Reifenabrieb. Im Vergleich dazu würden in der EU jährlich rund 50.000 Tonnen Mikroplastik als bewusster Produktzusatz verwendet. Die Qualität von Reifen und Straßen, der Verkehrsfluss oder das Gewicht von Fahrzeugen beeinflussten die Menge an freigesetztem Abrieb.“
Rückhalt: Wenig durch Sedimentation?
Bei kombiniertem Reifen- und Straßenabrieb (engl.: tyre and road wear particle TRWP) gilt eine Dichte von 2 g/cm³ als wahrscheinlich. Um diese zu eliminieren, ist die Sedimentation gut geeignet. Allerdings hat reiner Reifenabrieb (engl.: tyre wear particle TWP) eine geringere Dichte, z. B. Standardreifengummi 1,1 g/cm³, falls er ohne Verbindung zu mineralischen Partikeln vorkommt. Daher ist ein Rückhalt durch Sedimentation in Regenklärbecken nicht zu erwarten. Und für eine wirkungsvolle Flotation, das Aufschwimmen innerhalb der unterirdischen Becken, müssten die TWP-Abriebteilchen statt 1,1 g/cm³ weniger als 1 g/cm³, also eine geringere Dichte als Wasser, haben.
Hinzu kommt, dass die TWP im Durchschnitt nur eine Größe von rund 20 Mikrometer (0,02 mm) haben. Bei ihrer Entstehung spielt u. a. die Fahrzeuggeschwindigkeit eine Rolle. Schon 1974 wurde in den USA festgestellt: Je höher das gefahrene Tempo, desto kleiner die Partikel. Für die Fraktion 0-20 Mikrometer haben Forscher an der westfälischen Fachhochschule in Münster/Deutschland aktuell durch Filter Erfolge erzielt: So gelang es, mit einer durchströmten Granulat-Schüttung von 15 cm immerhin 42 % des sehr feinen Mikroplastik-Materials zurückzuhalten.
Filtertyp: je nach Gewässer
„Schwimmende Partikel mit geringerem Durchmesser als 100 Mikrometer (0,1 mm) oder mit einer Dichte nahe an 1 g/cm³ kann man nicht mehr mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand durch mechanische Verfahren aus dem Regenwasser entfernen“, sagt Heinz Schnabl, Vertriebsleiter der Mall GmbH Austria. „Hier ist die Filtration das wirtschaftlichere und sicherere Mittel.“
Er empfiehlt das Produkt ViaFil für die kombinierte Behandlung und Versickerung bei kleinen Anlagen. Bei großen Objekten werden ViaGard-Filter eingesetzt, von oben nach unten durchflossen mit eigenem Sedimentationsraum vor dem Filter- und Adsorptionselement. Sie sind speziell auf den Rückhalt von Schwermetallen, abfiltrierbaren Stoffen und Mineralölkohlenwasserstoffen ausgelegt, auch von stark verschmutzten Verkehrsflächen.
Das gereinigte Wasser kann danach direkt versickert werden, z. B. in unterirdisch eingebauten CaviLine-Versickerungstunneln. Alternativ darf der Regenwasserablauf des Filters in Oberflächengewässer abgeleitet werden, z. B. in die Donau.
Der Schutz der Gewässer, in die eingeleitet werden soll, ist in Österreich gewährleistet durch die Qualitätszielverordnungen QZV Chemie OG für Oberflächengewässer und QZV Chemie GW für das Grundwasser. Mit ihnen werden die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt. Das Ziel ist, eine Verschlechterung des Zustands der Gewässer zu vermeiden. Welche Maßnahmen im Einzelfall zu treffen sind, um die Ziele zu erreichen, und welche Bewilligung der Behörden erforderlich ist, beschreiben die Regeln der Technik, hier speziell ÖNORM B 2506 mit ihren Teilen 1 bis 3.