Symbolbild Gemeindefinanzen
Für weiterhin stabile Gemeindefinanzen müssen die Gesetzgeber daher künftig deutlich mehr Bewusstsein für die Auswirkungen auf Gemeindeebene entwickeln.
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Große Investitionen, solide Gebarung

Die Statistik Austria hat die Daten zur Haushaltsgebarung der Gebietskörperschaften veröffentlicht. Die Zahlen zeigen, dass die Gemeinden trotz stagnierender Ertragsanteile und steigender Aufgaben und Ausgaben vor allem im Bereich der Pflege auch 2017 wieder sehr solide Haushaltsergebnisse erbracht haben.

Dies lässt sich im überaus investitionsintensiven Haushaltsjahr 2017 nicht zuletzt auch an der abermaligen realen Senkung der kommunalen Finanzschulden (im Folgenden wird die Gemeindeebene ohne Wien behandelt) dokumentieren.

Ausgeglichene Maastricht-Ergebnisse nicht in allen Bundesländern

Dass der Befund einer sehr soliden Gebarung nicht noch besser ausfällt liegt daran, dass es die Gemeinden nicht in allen Bundesländern geschafft haben, 2017 landesweise ausgeglichene Maastricht-Ergebnisse zu erreichen (nur die Gemeinden Niederösterreichs, Salzburgs und der Steiermark konnten landesweise Maastricht-Überschüsse erreichen).

Der 2017 erstmals nach 2010 bundesweit wieder leicht negative ESVG-Haushaltssaldo der Gemeinden ohne Wien (-79 Millionen Euro oder -0,021 Prozent des BIP) führt jedoch im Sinne des Österreichischen Stabilitätspakts zu keiner Sanktionsrelevanz, wie von Statistik Austria bereits festgestellt wurde, da Mehrkosten aus dem Flüchtlingsbereich herausgerechnet werden können.

Um nun vorweg eine grobe Einordnung vorzunehmen: Die Budgets der Bundes-, Landes- und Gemeindeebene zusammen betragen insgesamt rund 190 Milliarden Euro. Davon macht mit rund 62,5 Prozent der Bundeshaushalt den Löwenanteil aus.

Gemeinden verantworten nur kleinen Teil des Gesamtschuldenstands

Die Länderbudgets kommen insgesamt auf etwa 25,4 Prozent (darunter Wien mit rund 7,1 Prozent). Die Gemeindeebene ohne Wien verantwortet einen Anteil von etwa 12,1 Prozent (darin enthalten sind die Gemeindeverbände mit etwa 1,3 Prozent) am gesamtstaatlichen Haushaltsvolumen.

Dass die Gemeinden sparsam haushalten und seit Jahrzehnten mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte und nach dem Prinzip Kreditfinanzierung nur für Investitionszwecke wirtschaften, zeigt sich auch darin, dass die Gemeinden ohne Wien trotz ihres Budgetvolumens weniger als drei Prozent des öffentlichen Schuldenstandes zu verantworten haben.

Hohes Ausgaben- und Investitionsniveau

Das Hauptaugenmerk im Jahr 2017 lag klar auf den Bereichen Kinderbetreuung und Schulen.

Sowohl die Ausgaben (+5,5 Prozent gegenüber 2016) als auch die Investitionen (+26,3 Prozent) legten in der Gruppe 2 am stärksten zu. Seinen Niederschlag fand dies auch bei den Ausgaben für Personal, die im Bereich Unterricht und Erziehung um 4,8 Prozent zulegten. Auch der 2,9-prozentige Zuwachs an Gemeindepersonal gegenüber 2016 dürfte stark aus diesem Bereich kommen.

An dieser Stelle darf angemerkt werden, dass mittlerweile nur noch jeder 13. Gemeindebedienstete pragmatisiert ist. Die Investitionen der Gemeinden ohne Wien erreichten mit 2017 knapp 2,5 Milliarden Euro ein bisher nicht dagewesenes Niveau.

Einnahmen steigen leicht, Finanzschulden sinken

Rund die Hälfte der Gemeindeeinnahmen werden durch eigene Gemeindeabgaben, die 2017 rund 3,52 Milliarden Euro (+3,2 Prozent) ausmachten sowie Ertragsanteile, die 2017 aufgrund der in diesem Jahr voll wirksam gewordenen Steuerreform 2015/2016 (Lohnsteuer-Tarifreform) stagnierten, abgedeckt.

Drei Viertel des Zuwachses (104 Millionen Euro) der gemeindeeigenen Abgaben kam von der Kommunalsteuer, die um 3,9 Prozent gegenüber 2016 zulegte, der Rest vor allem durch höhere Einnahmen aus Interessentenbeiträgen (+5 Prozent).

Der Beitrag der Grundsteuer B am Abgabenwachstum ist leider seit Jahren ähnlich gering wie die Chance einer Reform der latent verfassungswidrigen Einheitswerte. Die andere Hälfte der kommunalen Einnahmen setzt sich grob gesagt aus Gebühren (diese stiegen 2017 um 2,7 Prozent auf 2,015 Milliarden Euro), Einnahmen aus Leistungen und wirtschaftlicher Tätigkeit sowie aus Vermögens- und Finanztransaktionen (wie Veräußerungen, Rücklagenentnahmen oder Darlehensaufnahmen) zusammen.

Gesamtausgaben der Gemeinden

Freie Finanzspitze stieg um ein Drittel

Die Einnahmen der Gemeinden ohne Wien stiegen laut den Rechnungsabschlüssen 2017 um 1,8 Prozent auf rund insgesamt 20,7 Milliarden Euro.

Geringfügig höher (+1,9 Prozent) fiel das Wachstum der Gesamtausgaben aus. Die sogenannte Freie Finanzspitze (Saldo der laufenden Gebarung abzüglich Tilgungen), ein Indikator für den Investitionsspielraum der Gemeinden, stieg gegenüber dem eher einnahmenschwachen Jahr 2016 um gut ein Drittel auf 617 Millionen Euro an.

Der Transfersaldo der Gemeinden mit der Landesebene ist weiterhin stark negativ, blieb jedoch der Höhe nach 2017 weitgehend stabil. Einen gewissen Anteil daran, dass diese Schere nicht bereits noch weiter aufgegangen ist, hat wohl der seit 2011 existierende Pflegefonds, der 2017 mit einem Volumen von 350 Millionen Euro anteilig durch rund 235 Millionen an Bundesmitten dotiert wird.

Bereits seit 2011 konnten die Gemeinden ihre Finanzschulden kontinuierlich reduzieren.  Trotz hohem Ausgaben- und Investitionsniveau erreichten die Gemeinden ohne Wien auch im Haushaltsjahr 2017 eine reale Senkung des Finanzschuldenstandes (2016 rund 11,14 Milliarden Euro) um 0,9 Prozent oder gut 100 Millionen Euro. Alles in allem haben die Gemeinden somit auch 2017 sehr solide und stabilitätsorientiert gewirtschaftet.

Ausgewählte Finanzdaten der Gemeinden

Fazit und Ausblick 2019

Trotz der gegenüber 2017 verbesserten konjunkturellen Lage und Arbeitsmarktsituation und damit einhergehend steigenden Ertragsanteilen sowie der nach wie vor investitionsfreundlichen Zinsenlage ist das Jahr 2018 aber dennoch kein Selbstläufer - nicht zuletzt aufgrund der Kostenfolgen aus dem Pflegeregress-Verbot und der weiterhin stark wachsenden Sozial- und Gesundheitsausgaben. Bereits ab 2019 werden sich gemäß den aktuellen Prognosen sowohl die Dynamik des BIP-Wachstums als auch jene der Ertragsanteile (der Familienbonus vermindert die Gemeindeertragsanteile um jährlich rund 140 Millionen Euro) wieder abschwächen und auch weitere Steuersenkungen (ein KöSt-Halbierung würde die Gemeinden jährlich eine halbe Milliarde Euro an Ertragsanteilen kosten) stehen im Raum.

Im Gegensatz zu Bund und Ländern haben die Gemeinden nicht die Möglichkeit, ihre Einnahmen nach Belieben zu steuern, und auch ausgabenseitig besteht aufgrund des sehr hohen Anteils an Pflichtausgaben und gesetzlicher Ko-Finanzierung kaum Spielraum.

Für weiterhin stabile Gemeindefinanzen müssen die Gesetzgeber daher künftig deutlich mehr Bewusstsein für die Auswirkungen auf Gemeindeebene entwickeln und die Gemeindebünde rechtzeitig und partnerschaftlich in geplante gesetzliche Maßnahmen einbinden, auch wenn Gemeindebund und Städtebund mit dem Bund und den Ländern (noch) keine 15a-Vereinbarungen über den Stabilitätspakt hinaus abschließen können.  

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