Marktstraße in Hohenems
Die neue Marktstraße in Hohenems – ein Ort der Begegnung und Ideen.
© Dietmar Walser

Die Marke „Stadt“ einmal anders

Elysium-Tartarus-Elysium: Keine Zugfahrkarte in die Antike. Vielmehr die Kürzestfassung der campbell’schen Heldenreise, die in der Kommunikation eine überragende Rolle spielt. Und ja, das klappt für Individuen wie für Organisationen. Vorzüglich.

Worauf wir hinauswollen? Dazu müssen wir ein bisschen ausholen, um zum Kern der Frage vorzustoßen: Was ist „die Heldenreise“? Das sind zuallererst die Erlebnisse und Taten unseres Helden – und das kann in unserem Fall auch eine Organisation, ja sogar eine Stadt sein –, die sich auf seiner Reise ereignen und durch typische Situationsabfolgen und Figuren gekennzeichnet sind.

So weit, so gut. Um diese graue Theorie aber mit einer Geschichte – wir wollen es Storytelling nennen – zu untermauern, sei auf die Heldenreise von Odysseus verwiesen. Sie kennen ihn sicher, den wackeren Helden aus dem Epos Homers, der den Kampf um Troja schlussendlich durch eine geniale Idee entscheidet.

Sein Abenteuer beginnt mit dem Aufbruch von Troja, von wo er nach Hause segeln will. Aber nein, die Götter haben etwas dagegen, weil Odysseus sich nicht immer gottesfürchtig gezeigt hat. Unser armer Protagonist durchstreift das Mittelmeer, schlittert von einer Prüfung in die nächste, bis er nach langen zehn Jahren endlich wieder zu Hause an Land gehen darf und nach einer finalen Prüfung seine geliebte Penelope in die Arme schließt. Ende gut, alles gut, will man meinen.

Star Wars und Stadtentwicklung

Der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell hat nun diese exemplarische Geschichte in eine allgemeingültige Heldenreise mit vielen Stationen umgedeutet. Christopher Vogler, der US-amerikanische Drehbuchautor und Publizist, brachte sie nach Hollywood, wo ein Genie namens George Lucas eine epochale Heldenreise – Star Wars – erschuf. Soviel dazu.

Was aber hat das alles mit der Markenpositionierung eines Unternehmens oder einer Stadt zu tun? Sehr viel, wie wir meinen. Aber dazu gehört natürlich ein ganzheitlicher Ansatz: Es ist immer schön zu wissen, wo man im Grunde steht und wohin man eventuell will. Um hier Klarheit zu erlangen, gibt es ja die Positionierung. Ganz im Sinne der Marke.

Um aber die Marke zu verstehen, ist es unabdingbar, sich mit der jüngeren, besonders aber auch mit der älteren Historie der Organisation zu beschäftigen. 

Storylistening und Storytelling

Und jetzt geht’s los. Nehmen wir den konkreten Fall an: Wir wollen die Marke einer Stadt entwickeln. Alle sind neugierig, was es mit dieser Entwicklung, die am Schluss in einer Positionierung gipfeln soll, auf sich hat.

Zu Beginn sind die Storylistener gefragt. Sie gehen der Geschichte der Stadt auf den Grund. Denn es ist von zentraler Bedeutung, die Kerngeschichte zu eruieren, den Schatz zu heben: Jede Geschichte ist ein Schatz, glauben Sie uns. Und jedes Individuum hat – wie auch jede Organisation – DIE eigene Geschichte. Und die ist spannend.

Überlegen Sie einmal: Wie gerne hören Sie Geschichten von anderen. Und warum sollten diese spannender sein als die Ihre? Na also.

Hohenems inspiriert

Die Stadt, von der wir reden, ist Hohenems, die jüngste ihrer Art in Vorarlberg: Hohenems ist ein Ort mit einer bewegten Geschichte. Erwähnt ist sie ab dem 12. Jahrhundert. In der Folge war Hohenems immer wieder ein wichtiges Rädchen in Europas Geschichte, im 17. Jahrhundert. wurde der Grundstein für die Ansiedlung jüdischer Familien gelegt, was bis heute eine besondere Atmosphäre zeitigt. Darüber hinaus wurden hier zwei Handschriften des Nibelungenliedes gefunden. Ein Meilenstein für die deutschsprachige Literatur.

Noch ein paar Inspirationen gefällig? Salomon Sulzers Kompositionen aus dem 19. Jahrhundert beeinflussen noch heute die Gottesdienste in zahlreichen Synagogen. Herz Lämmle Brettauer hatte Ende des 18. Jahrhunderts das erste Bankhaus in Vorarlberg gegründet. Nicht zu vergessen das erste Kaffeehaus Vorarlbergs, das im Jahr 1797 von Herz Jakob Kitzinger eröffnet wurde. Und übrigens: Im Jahr 1616 nahm in Hohenems die erste Buchdruckerei auf dem Gebiet des heutigen Vorarlbergs ihren Betrieb auf.

Hohenems hat also bis heute eine innovative, markante Geschichte. Diese Historie ist aber auch eine wechselvolle, die geprägt ist von Höhen und Tiefen, aus denen sich die Menschen immer wieder befreiten. Wie es sich für einen Helden gehört. Und wie es durch das neue Logo – die Leiter im Namen – symbolisiert wird. Mehr dazu später.

Logo von Hohenems
Die gelbe Leiter im Namen Hohenems symbolisiert die Kraft und den Innovationswillen des Kollektivs. Sich immer neu zu erfinden, aus Schwierigkeiten gestärkt hervorzugehen, die Sprossen zur Glückseligkeit zu erklimmen – das ist das Bild, das das neue Logo vermitteln soll. Jede einzelne Sprosse stellt eine Station in der wechselvollen Geschichte dar. 

Markenwert und Markenkern

Jetzt ist die Organisation am Zug: Was erwarten wir von der Marke? Im Prozess wurden – wenig überraschend – folgende Punkte als essenziell herausgearbeitet:

  • Die Tradition der alten Grafenstadt ist heute noch spürbar: Die Familie Waldburg-Zeil, der Palast, der Schlossberg, Schloss Glopper und andere Zeichen sind der lebende Beweis.
  • Die jahrhundertelange Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hohenems hat das Stadtbild ebenfalls geprägt. Erwähnt seien der jüdische Friedhof und das jüdische Museum.
  • In Anbetracht der lebendigen und wechselvollen Geschichte herrscht in Hohenems eine Kultur der offenen Diskussion in der Bevölkerung, die auch – als durchaus selbstbewusster Faktor – miteinbezogen wird. 
  • Eine neue Marktstraße – im Geiste der Tradition – fördert Tourismus und Handel in Hohenems.
  • Hohenems verfügt heute – auch geschichtlich bedingt – über zwölf Museen.

Damit hat sich die Stadt im Wettstreit mit den größeren Städten im Umfeld einen guten Startplatz verschafft: 

  • Als Markenwerte wurden „fantasievoll, kultiviert, begegnend, naturnah, spannend“ definiert. Auf dem Hintergrund der Heldenreise, die die Stadt bis dato hinter sich hat, eine gute, weil logische Entscheidung.
  • Der Claim: Hohenems inspiriert. Was, wenn nicht das: Immer wieder musste sich die Organisation mit dem Unwillen der Zeit auseinandersetzen. Die Lösung: Be inspired. Neue Wege, neues Glück.
  • Diesem zentralen Schritt folgte das Redesign des gesamten Corporate Designs und entsprechender Werbemittel aller städtischer Einrichtungen und Ressorts.
  • Die gesamte Stadtentwicklung und touristische Produktentwicklung orientiert sich heute an der Neuausrichtung der Marke.

Und wie das so ist in einer lebendigen Organisation: Der neue Markenauftritt führte und führt zu Diskussionen in der Stadt.

Mit zwei Worten: Die Stadt lebt. Let the Heldenreise begin again.