Digitalisierung in einer Großstadt
Die Markt- und Baurisiken der Glasfaser-Infrastruktur könnten durch Einbindung der Gemeinden, Entwicklung von geeigneten Garantiemodellen und Initiativen der öffentlichen Hand sowie der EU entschärft werden.
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Auf dem Weg zur Gigabit-Gesellschaft

2. April 2019
Die 2. Glasfaser-Finanzierungs-Enquete zeigte, dass neue Kooperationsmodelle zwischen privaten Geldgebern und der öffentlichen Hand der einzig gangbare Weg sind, um der Gigabit-Gesellschaft zum Durchbruch zu verhelfen.

Die Versorgung mit Glasfaser-Infrastruktur muss als Daseinsvorsorge betrachtet werden, so eine der Kernbotschaften bei der 2. Glasfaser-Finanzierungs-Enquete. Vor allem für den ländlichen Raum ist sie eine wesentliche Voraussetzung für das tägliche Leben.

„Der Backbone ist in Österreich bereits auf Glasfaserleitungen umgebaut worden, aber außerhalb der städtischen Gebiete mangelt es noch an der schnellen Glasfaser“, erklärte Igor Brusic, Netz-Experte in der "Action Group Gigabit Fiber Access" (AGGFA). Als Backbone bezeichnen Experten den Kernbereich eines Netzes, der kleinere Teilnetze verbindet. Vergleichbar sei das mit einer Autobahn, an der Bundes- und Landesstraßen angebunden sind. 

30 Millionen Euro für Infotech aus Oberösterreich

Wie im Zuge der Glasfaser-Finanzierungs-Enquete bekannt wurde, erhält das rasch wachsende oberösterreichische Breitbandunternehmen Infotech für den weiteren Glasfaser-Netzausbau ein Darlehen in der Höhe von 30 Millionen Euro.

„Dabei handelt es sich um die erste internationale Projektfinanzierung für Breitband und Glasfaser in Österreich“, gab Steffen Leiwesmeier, Head of Financing Digital Infrastructure bei der Hamburg Commercial Bank, im Rahmen der Finanzierungs-Enquete bekannt. Mehr als 30 Gemeinden im Innviertel sind im Projekt „Cybercity“ eingebunden und versorgen im Endausbau 20.000 Haushalte und Geschäftskunden mit Breitband-Anschlüssen. Leiwesmeier bezeichnete dies als Nukleus für weitere erfolgreiche Roll-outs in Österreich: „Hier haben vielen Hände erfolgreich zusammenwirkt – angefangen von der Infotech, den Landes- und Bundesbehörden, der Hamburg Commercial Bank bis zu kompetenten Beratern.“

Trennung von Infrastruktur, Betrieb und Dienstleistung ist notwendig

„Eine flächendeckende Glasfaser-Infrastruktur wird nur gemeinsam von öffentlicher Hand und privaten Investoren zu stemmen sein“, attestierte Thomas Hillebrand, Senior Advisor von PwC.

Die Lösung des Problems könnten sogenannte Public-Private-Partnership-Modelle (PPP) sein. „Es gibt kein perfektes Finanzierungsmodell für alle drei Ebenen. Deshalb ist die klare Trennung von Infrastruktur, Betrieb und Services notwendig, weil dadurch unterschiedliche Laufzeiten und somit unterschiedliche Typen von Investoren angesprochen werden“, ergänzte Hillebrand.

Die Markt- und Baurisiken der Glasfaser-Infrastruktur könnten durch Einbindung der Gemeinden, Entwicklung von geeigneten Garantiemodellen und Initiativen der öffentlichen Hand sowie der EU entschärft werden. Allen voran braucht es aber eine professionelle Koordination und klare Zuständigkeiten auf allen Ebenen.

EU-Regularien erfordern beträchtliches Know-how zur Digitalisierung

Grundsätzlich ist die Finanzierung von Glasfaserinfrastruktur unter Investoren gefragt, weil sie eine Art Monopol darstellen. Allerdings sind kleinteilige und langsam wachsende Netze über den Kapitalmarkt nicht finanzierbar, weil Anleger Groß-Projektfinanzierungen bevorzugen.

„Die Einhaltung von EU-Regularien wie zum Beispiel das Beihilfenrecht und die Maastricht-Konformität erfordert einen großen Aufwand und ein beträchtliches Know-how“, analysierte Stefan Resch, Director Projektfinanzierungen bei PwC Österreich. „Die Nutzung der Netze muss im Sinne eines Open Access-Modells zu gleichen Bedingungen an Betreiberunternehmen angeboten werden.

Für die Gemeinden im ländlichen Raum wird sich an der Finanzierungsfrage dadurch grundsätzlich nichts ändern, sodass auch andere Möglichkeiten der Finanzierung und Förderung in Betracht gezogen werden müssen“, forderte Nicolaus Drimmel, stellvertretender Generalsekretär des Österreichischen Gemeindebundes. Open Access-Modelle bieten Endkunden den Vorteil, aus einer Vielzahl von Anbietern und Diensten wählen zu können.