Bauer mit Tablet im Stall
Da es aufgrund der Eigenheiten der österreichischen Topographie zu starken regionalen Unterschieden in den Bewirtschaftungsformen kommt, müssen für die Landwirtschaft Konzepte erarbeitet werden, die auf die regionalen Gegebenheiten und Bedürfnisse abgestimmt sind.
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Strukturwandel in der österreichischen Landwirtschaft

Spätestens seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 müssen sich die heimischen Landwirtinnen und Landwirte dem internationalen Wettbewerb stellen. Das ist nur einer von vielen Gründen dafür, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich seit Jahren konstant abnimmt. Zählte die Statistik Austria bei der Agrarstrukturerhebung 1990 noch über 280.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, so fiel diese Zahl bei der Erhebung 2016 mit 162.000 Betrieben fast nur noch halb so hoch aus.

Die österreichische Landwirtschaft ist von einer großen räumlichen und strukturellen Differenzierung geprägt. Als Gebirgsland hat die Topographie einen wesentlichen Einfluss auf die regionalen Bewirtschaftungsformen, so dass es innerhalb der österreichischen Bundesländer strukturelle Unterschiede gibt und die Landwirtschaft als kein homogener Wirtschaftssektor betrachtet werden kann.

Eine Entwicklung lässt sich jedoch in allen Bundesländern beobachten: die beständige Abnahme von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Da die betriebliche Gesamtfläche in Österreich zwischen 1990 und 2016 jedoch nur von 7,6 auf 7,3 Millionen Hektar zurückging, [1] resultiert dies in einer Zunahme der durchschnittlichen Betriebsfläche in allen Bundesländern (siehe Abbildung).

Durchschnittliche Gesamtfläche pro land- und forstwirtschaftlichem Betrieb nach Bundesländern in Hektar, 1990–2016

Durchschnittliche Gesamtfläche pro land- und forstwirtschaftlichem Betrieb nach Bundesländern in Hektar
Quelle: Statistik Austria (2018a): Agrarstrukturerhebung 2016 – Land- und forstwirtschaftliche Betriebe und deren Gesamtfläche. Darstellung IHS.

Österreichweit lässt sich – wie auch in anderen europäischen Ländern – neben der sinkenden Anzahl von Betrieben eine abnehmende Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft hinsichtlich Wertschöpfung und Beschäftigung feststellen. Dabei werden große regionale Unterschiede sichtbar.

Während beispielsweise zwischen 1990 und 2016 im Burgenland die Beschäftigung in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben um fast 50 Prozent zurückgegangen ist, ist sie in Salzburg und Tirol im selben Zeitraum weitestgehend stabil geblieben. [2]

Dabei ist zu beachten, dass der Prozess der rückgängigen Beschäftigung im Landwirtschaftssektor in manchen Bundesländern schon früher eingesetzt hatte und dass es auch innerhalb der Bundesländer unterschiedliche Verläufe gibt.

Gründe für Betriebsaufgaben

Unsicherheiten aufgrund des Klimawandels, mangelnde gesellschaftliche Anerkennung, Wachstumsdruck, keine Hofnachfolge, hoher bürokratischer Aufwand, Abhängigkeit von Weltmarktpreisen und steigende Betriebskosten sind Herausforderungen für landwirtschaftliche Betriebe und einige der Gründe dafür, dass immer mehr Betriebe aufgegeben werden. [3][4]

Ein Vergleich von Einnahmen und Ausgaben land- und forstwirtschaftlicher Betriebe zwischen 1995 und 2020 zeigt, dass die Ausgaben im Betrachtungszeitraum durchschnittlich deutlich stärker als die Einnahmen gestiegen sind (siehe Abbildung unten).

Insbesondere die Kosten für Bauten und Maschinen haben sich in den letzten Jahren überdurchschnittlich erhöht. Das setzt viele Betriebe unter einen enormen Kostendruck und hat zur Folge, dass auch die Markteintrittskosten für mögliche neue MitbewerberInnen immer höher werden.

Agrarpreisindizes 1995–2020, 1995 = 100

Agrarpreisindizes 1995–2020
Quelle: Statistik Austria (2021): Agrarpreisindizes (Verkettungsindex). STATcube. Darstellung IHS.

Ein Charakteristikum der landwirtschaftlichen Beschäftigung ist der hohe Anteil (82 Prozent in Österreich im Jahr 2016) der familieninternen Arbeitskräfte [5], wobei der Großteil der Betriebe als Nebenerwerb bewirtschaftet wird. Damit das weiterhin möglich ist, sind diese Arbeitskräfte auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten in ihrer Umgebung angewiesen. Wenn diese Aussicht nicht besteht – wie es zum Beispiel derzeit in Tourismusgebieten der Fall ist –, dann sind viele LandwirtInnen dazu gezwungen, ihre Betriebe zu schließen.

Ein weiteres Problem ist die starke Abhängigkeit der Betriebe von öffentlichen Förderungen, welche für viele die Haupteinnahmequelle sind. 2019 flossen über 2 Milliarden Euro an EU-, Bundes- und Landesmitteln an die österreichische Land- und Forstwirtschaft und ihre Interessensvertretungen. [6]

Dabei ist die Höhe der öffentlichen Gelder unter anderem an die Größe der Fläche des landwirtschaftlichen Betriebes gekoppelt. Hohe Investitionen sind somit für kleine Betriebe schwieriger zu bewerkstelligen. Gleichzeitig ist die Größe der Betriebsfläche aber nicht das einzige Förderkriterium; kleinere Betriebe erhalten durchschnittlich je Hektar Landfläche sogar mehr Förderungen, da sie häufiger in benachteiligten Gebieten (insbesondere in Berggebieten) angesiedelt sind und somit oft höhere Ausgleichszulagen empfangen.

Zudem sehen sich die landwirtschaftlichen Betriebe immer mehr mit dem Preisdruck großer Handelsunternehmen und einer starken Marktmacht von zuliefernden Unternehmen (Saatgut, Pflanzenschutzmittel etc.) konfrontiert. Bei den aktuellen Fördersätzen und den auf dem Markt erzielbaren Preisen lohnt sich die landwirtschaftliche Tätigkeit für viele Betriebe kaum noch.

Vor- und Nachteile des Strukturwandels

Nimmt man nun ein volkswirtschaftliches Standardwerk zur Hand und wendet den dort angeführten Analyserahmen auf diese empirische Beobachtung an, so ist die Entwicklung der abnehmenden Betriebsanzahl durchaus positiv zu beurteilen.

In der Theorie sollten ineffiziente Betriebe vom Markt verschwinden und nur die produktivsten überleben. Zudem sollten sogenannte Skaleneffekte eintreten. In kleinen Betrieben fällt der Anteil der Fixkosten relativ hoch aus, Investitionen wie Traktoren oder Melkanlagen werden nur teilweise ausgelastet. Wachsen nun die Betriebe, so sinken die durchschnittlichen Produktionskosten, weil unter anderem die Auslastungsrate steigt. Dies wiederum kann in niedrigeren Preisen für die KonsumentInnen resultieren, solange es zu keiner zu starken Marktkonzentration kommt.

Legt man das klassische Lehrbuch zur Seite und widmet sich den betroffenen ländlichen Gegenden und den dort lebenden Menschen, so zeigt sich, dass die gesellschaftlichen Funktionen der Land- und Forstwirtschaft weit über die Produktion von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen hinausgehen.

Die landwirtschaftlichen Betriebe tragen nicht nur zur Ernährungssicherheit bei, sondern sichern vor allem im ländlichen Raum Arbeitsplätze, leisten einen Beitrag zur Infrastrukturerhaltung und Mindestbevölkerungsdichte, übernehmen sozial-kulturelle Funktionen, tragen zur Erhaltung der Kulturlandwirtschaft bei und bieten verschiedene kommunale Dienstleistungen an. [7]

Auch hinsichtlich des Klimawandels, von dessen Auswirkungen sie stark betroffen sind, spielen die landwirtschaftlichen Betriebe eine zentrale Rolle. Einerseits tragen sie mit klimaschädlichen Emissionen dazu bei, andererseits bewirtschaften und pflegen sie bedeutende Kohlenstoffsenken wie Wälder und Grünflächen und leisten mit der Produktion von erneuerbaren Energien einen Beitrag zur Energiewende. Die Bereitstellung von öffentlichen Gütern – wie beispielsweise die Erhaltung von Biodiversität und Grundwasserschutz – rückt dabei immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Eine wesentliche Frage ist in diesem Zusammenhang, ob größere Betriebe diese öffentlichen Güter genauso gut und vielleicht sogar besser zur Verfügung stellen können. Auch die Frage nach einer Diversifizierung der Produktion von Agrargütern und Nebentätigkeiten in Abhängigkeit zur Betriebsgröße wäre eine spannende Forschungsfrage.

Die Landwirtschaft in Österreich hängt umfangreich von den ihr gesetzten politischen Rahmenbedingungen ab; insbesondere von der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) und vom österreichischen Landwirtschaftsgesetz. Zu ihren Zielen gehören u. a. die Erhöhung der Produktivität sowie der Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung einer angemessenen Lebensgrundlage für die landwirtschaftliche Bevölkerung durch Erhöhung ihrer Einkommen, die Stabilisierung der Märkte, die Versorgungssicherheit der Bevölkerung sowie angemessene Preise für VerbraucherInnen. [8]

Eng damit verbunden sind auch die Ziele für die Entwicklung des ländlichen Raumes, wozu die Erhaltung der ländlichen Lebensweise und der Erhalt von Arbeitsplätzen zählen. Das Ziel der Produktivitätssteigerung kann durch die Vergrößerung von Betrieben erreicht werden; jedoch sind der Erhalt von ländlichen Arbeitsplätzen und die ländliche Lebensweise in Gefahr, wenn immer mehr Kleinbetriebe zur Aufgabe gezwungen sind. Derzeit verhandeln die Organe der EU noch über die genaue Ausgestaltung einer künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik.

Fazit

Durch die Multifunktionalität der Landwirtschaft hat die Schließung von Betrieben nicht nur Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft, sondern verändert auch die sozialen und räumlichen Strukturen in den einzelnen Regionen.

Da es aufgrund der Eigenheiten der österreichischen Topographie zu starken regionalen Unterschieden in den Bewirtschaftungsformen kommt, müssen für die Landwirtschaft Konzepte erarbeitet werden, die auf die regionalen Gegebenheiten und Bedürfnisse abgestimmt sind.

In vielen Regionen wird es dennoch nicht möglich sein, den Trend der Betriebsschließungen aufzuhalten. Dort sollten regionalspezifische Konzepte ausgearbeitet werden, die eine anschließende Abwanderung der Bevölkerung verhindern. So könnten in einigen Regionen Maßnahmen gesetzt werden, welche die Umwandlung alter Betriebsgebäude in Wohnraum oder Kultureinrichtungen erleichtern oder erst ermöglichen. Die alten Gebäude bieten neben ihrer Ästhetik oft Platz für mehrere Wohneinheiten – werden diese genutzt, so kann günstig Raum für Menschen geschaffen und gleichzeitig der stetig voranschreitende Flächenverbrauch in Österreich etwas eingedämmt werden. Dies wäre eine Möglichkeit, ländliche Regionen besonders für junge Menschen wieder attraktiv zu machen.

Während einige Herausforderungen vor allem Kleinbetriebe betreffen, sind andere Entwicklungen eine gemeinsame Herausforderung für alle landwirtschaftlichen Betriebe. Dazu gehört zum Beispiel, dass der Sektor auf die Digitalisierung vorbereitet werden muss. Ein flächendeckender Zugang zu Hochgeschwindigkeitsinternet wird für die Landwirtschaft nötig sein, um bei den Entwicklungen im Bereich der Sensor-, Roboter- und Satellitentechnik mithalten zu können. Zudem wird nur eine Anpassung des Fördersystems das Erreichen von sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit ermöglichen.

Fußnoten

[1] Statistik Austria (2018a): Agrarstrukturerhebung 2016 – Land- und forstwirtschaftliche Betriebe und deren Gesamtfläche.

[2] Statistik Austria (2018b): Land- und forstwirtschaftliche Arbeitskräfte in Österreich 1951–2016.

[3] Machold, I., und Groier, M. (2020): Landwirtschaftliche Kleinbetriebe in Österreich zwischen Nachhaltigkeit und Globalisierung. In: Austrian Journal of Agricultural Economics and Rural Studies, Vol. 29.22, S. 186–191.

[4] Landwirtschaftskammer Österreich (2016): Agrarischer Ausblick Österreich 2025 - Ergebnisse des Strategieprozesses, August 2016.

[5] Statistik Austria (2018c): Familieneigene und familienfremde Arbeitskräfte 2013 und 2016 nach Geschlecht.

[6] Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (2020): Grüner Bericht 2020. Die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft.

[7] Sinabell, F. (2003): Die Multifunktionalität der österreichischen Landwirtschaft – eine ökonomische Annäherung. In: Penker, M., und Pfusterschmid, S. (Hrsg.): Dokumentation der 11. ÖGA-Jahrestagung an der Karl-Franzens-Universität Graz, 27. und 28. September 2001. Wien: Facultas Verlag, S. 245–252.

[8] Artikel 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union