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Konsolidierungspfad der Gemeinden bis 2026

Der Aufschwung kommt: In ihrer Prognose von Mitte Juli geht die Österreichische Nationalbank (OeNB) davon aus, dass nach dem realen BIP-Rückgang von 6,3 Prozent im Jahr 2020 das Bruttoinlandsprodukt 2021 und 2022 um 3,9 bzw. 4,2 Prozent wachsen und sich 2023 nach den Nachholeffekten der beiden Vorjahre mit 1,9 Prozent wieder in normaleren Sphären einpendeln wird.

Auch die Inanspruchnahme der Kurzarbeit (Mitte Juni 2021 rund 300.000 Personen) ebenso wie die Arbeitslosigkeit sind mittlerweile deutlich gesunken: Ende Mai 2021 lag die Arbeitslosenquote mit 7,7 Prozent oder 316.960 Personen (exkl. rund 50.000 Personen in Schulung) in etwa wieder auf Vorkrisenniveau. Der Höchststand im Mai 2020 lag bei gut 473.000 arbeitslosen Personen (neben den 1,3 Millionen in Kurzarbeit).

Weiterhin sind vor allem Personen, die über einen Lehrabschluss oder lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen, besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen. Diese beiden Personengruppen hatten im Mai 2021 einen Anteil von knapp 30 bzw. 45 Prozent. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen ist sukzessive im Steigen begriffen und lag im Mai 2021 bereits bei fast 100.000. Den bundesländerweise niedrigsten Wert bei der Arbeitslosenquote verzeichnete im Mai 2021 Oberösterreich (4,6 Prozent), den zweithöchsten Kärnten (7,6 Prozent) und den weiterhin mit Abstand höchsten Wien (12,8 Prozent).

Gemeindepaket II gibt Konsolidierungspfad vor

Der Aufschwung kommt, dennoch werden Bund, Länder und Gemeinden mehrere Jahre ihre Budgets konsolidieren müssen. Am stärksten der Bund, gefolgt von den Ländern – und auch die Gemeinden, deren Haushalte vor allem 2020 stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, werden entlang der bis 2026 fixierten jährlichen Zuwächse der Gemeinde-Ertragsanteile (+1,0/+1,5/+2,0/+2,0/+2,0 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr) in den kommenden fünf Jahren bei den Ermessensausgaben sparen müssen.

Bei den Pflichtausgaben, die wohl deutlich über diesem Ertragsanteile-Wachstum zulegen werden, wird es vor allem darauf ankommen, dass mit der nun kommenden Verlängerung des Finanzausgleichs um zwei Jahre (bis Ende 2023) auch die im FAG-Paktum vereinbarten Deckelungen von 3,2 Prozent bei den jährlichen Ausgabensteigerungen im Gesundheitsbereich und 4,6 Prozent bei der Pflege halten.

Einmal mehr ist nun im Zuge der heuer noch zu finalisierenden FAG-Verlängerung auf eine Finanzspritze des Bundes zu drängen, um die ausgefallenen Anteile (Beiträge) der Sozialversicherungen bei der Krankenanstaltenfinanzierung zu ersetzen, die ja mit dem Aufkommen gedeckelt und in der Pandemie ebenfalls eingebrochen sind. Denn sonst würde der Bund die Länder und die kofinanzierenden Gemeinden mit dieser coronabedingten Lücke alleine lassen.

Symbolbild Finanzspritzen
Einmal mehr ist nun im Zuge der heuer noch zu finalisierenden FAG-Verlängerung auf eine Finanzspritze des Bundes zu drängen, um die ausgefallenen Anteile (Beiträge) der Sozialversicherungen bei der Krankenanstaltenfinanzierung zu ersetzen, die ja mit dem Aufkommen gedeckelt und in der Pandemie ebenfalls eingebrochen sind. Foto: Butch - stock.adobe.com 

Ebenfalls drängt der Gemeindebund seit Monaten darauf, dass im Zuge der FAG-Verlängerung auch eine Übergangslösung für die Finanzierung vor allem der Personalkosten der bestehenden Ganztagsschulen im Bildungsinvestitionsgesetz kommt (u. a. durch eine Nutzung der 20-prozentigen Restmittel aus der alten 15a-Vereinbarung und eine temporäre Flexibilisierung der Schlüssel) – und dass darüber hinaus ab dem FAG 2024 eine nachhaltige und tragfähige Finanzierungslösung für den gesamten Bildungsbereich kommt, wo es auch diverse Kompetenzfragen (zum Beispiel zum Umfang der Schulerhalterschaft) zu klären gilt.

Die Wirkungsweise des Gemeindepakets II

Die frischen Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro sind den Gemeinden bei Vorliegen dieser KOMMUNAL-Ausgabe bereits vollständig ausgezahlt worden – 400 Millionen als Vorschüsse und 100 Millionen Euro über den Strukturfonds – und sichern damit das Ertragsanteile-Wachstum 2021 ab.

Die „Liquiditätsmilliarde 2021“, die dafür konzipiert wurde, große Teile der Löcher aus 2020 zu stopfen (Rückführung der überzogenen Giro-Konten etc.) und 2021 einen dramatischen Einbruch der kommunalen Investitionen zu verhindern, wird 2021 jeweils als Sonder-Vorschuss den Monatsvorschüssen zu Quartalsende zugeschlagen. Es handelt sich dabei um ganz normale Vorschüsse auf die Gemeindeertragsanteile 2021, die weder ein „Mascherl“ haben noch buchhalterisch anders zu behandeln wären, und sie wirken sich auch auf die Finanzkraft des Jahres 2021 aus. Ja, die Liquiditätsmilliarde soll auch dabei helfen, die Mittel des Kommunalinvestitionsgesetzes (KIG 2020) abzurufen, sie stellt aber keinerlei politischen Auftrag dazu dar, Investitionen zu tätigen.

An dieser Stelle ist auch darauf hinzuweisen, dass der Forderung des Gemeindebundes nach einer KIG-Verlängerung im Juni vom Gesetzgeber nachgekommen wurde: Nunmehr sind KIG-2020-Projekte (Investition, Sanierung und Instandhaltung) förderfähig, wenn damit bis spätestens 31. Dezember 2022 begonnen wird.

Wie erfolgt die technische Abwicklung der Liquiditätsmilliarde?

Anlässlich der nun verbesserten Konjunkturdaten hat sich die Frage ergeben, ob die Rückführung dieser 2021 ausgezahlten Sonder-Vorschüsse schneller als bis 2026 erfolgen könnte. Um dies zu beantworten, muss man etwas ausholen: Die Verankerung der - oben angeführten - jährlichen Zuwachsraten der Gemeinde-Ertragsanteile bis 2026 im Finanzausgleichsgesetz fußt zum einen auf den vereinbarten 1,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln (davon eine Milliarde rückzahlbar) aus dem Gemeindepaket II und zum anderen auf den zum Zeitpunkt der Einigung Ende 2020 vorliegenden Steuerprognosen.

Da sich diese Steuerprognosen zwischenzeitlich verschlechtert (weiterer Lockdown), aber nun wieder verbessert haben, geht das BMF aktuell davon aus, dass die Rückführung bei gleichzeitiger Wachstumsgarantie der Gemeindeertragsanteile bis 2026 dauern wird, so sich die Prognosen nicht noch weiter deutlich verbessern.

Technisch ist der Ablauf vereinfacht gesagt wie folgt: 2021 wurden/werden den einzelnen Gemeinden die zusätzlichen Ertragsanteile und die Sonder-Vorschüsse zur Liquiditätsstärkung überwiesen, was zum Wachstum von +12,5 Prozent 2021 gegenüber 2020 führt (womit die Ertragsanteile 2021 gut 2,6 Prozent über jenen des Vorkrisenjahres 2019 liegen und im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2026 um 1,6 Prozent wachsen werden).

Im März 2022 wird die Zwischenabrechnung je Gemeinde (Aufrollung des Jahres 2021) dann aber stark negativ ausfallen, weil ja die 2021er-Ertragsanteile der Gemeinden weitaus höher ausfallen, als der kommunale Anteil an den gemeinsamen Steuereinnahmen 2021 ausmachen würde.

Dementsprechend wird der Bund 2022 und auch in den Folgejahren die Zwischenabrechnungen der Gemeinden so weit ausgleichen (mit weiteren Vorschüssen aus der Einkommensteuer), bis das gesetzlich garantierte Ertragsanteile-Wachstum unter Berücksichtigung der jeweils aktuellen Steuereinnahmen im jeweiligen Jahr eintritt. Jede Gemeinde wird somit genau ihren Anteil an der Liquiditätsmilliarde über die Jahre zurückzahlen, so sich nicht große Veränderungen vor allem bei der lokalen Einwohnerzahl ergeben.

Selbstverständlich wird diese Wachstumsgarantie des § 13 Abs. 4 FAG 2017, die nunmehr Planungssicherheit (bei der Budgetierung der Ertragsanteile) und einen Konsolidierungspfad liefert, im Rahmen der bis Herbst 2023 zu finalisierenden Gespräche über den Finanzausgleich ab 2024 zu evaluieren sein, es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass der Bund auf die vereinbarte Rückführung der Liquiditätsmilliarde verzichten wird.

Weitere Unterstützung für kommunale Investitionen gefragt

Wahrscheinlicher – weil auch im Sinne des Wirtschaftsaufschwungs, Arbeitsmarkts und der gemeinsamen Steuereinnahmen – ist es jedoch, dass die Gemeinden mit zusätzlichen Mitteln für Investitionen unterstützt werden: Dies könnte durch eine Aufstockung des aktuellen KIG 2020 aus Bundesmitteln erfolgen oder auch durch ein neues Kommunalinvestitionsgesetz 2022, das sich aus wesentlichen Teilen des österreichischen Anteils (3,5 Milliarden Euro) an den Zuschüssen der Europäischen Union aus der Aufbau- und Resilienzfazilität speist. Schließlich ist es auch im Sinne der Bürger, dass die Gemeinden rasch wieder auf ihr Investitionsniveau des Vorkrisenjahres 2019 (ohne Wien fast drei Milliarden Euro) zurückkommen können, um auch weiterhin die notwendige kommunale Infrastruktur, die sich in der Krise bewährt hat, bereithalten zu können. 

Reformbedarf auch abseits der Pandemie

Auch abseits der Pandemie und der großen Zukunftsbereiche wie Klimaschutz, Breitbandausbau oder Pflege gibt es Finanzierungslücken und Reformbedarf. Nachfolgend zwei Bereiche, die ebenfalls als Lehre aus der Krise dringend angegangen werden sollten:

  • Es braucht endlich Bewegung im Bereich der Umsatzsteuer: Seit Jahren ist das Problem der Umsatzsteuerpflicht bei Gemeindekooperation (außerhalb von Gemeindeverbänden) ungelöst, was interkommunale Zusammenarbeit unökonomisch macht und damit hemmt. Des Weiteren ist es nicht nachvollziehbar, dass die seit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 bestehende Forderung nach einem Vorsteuerabzug bei Schulbauten, die von Errichtungsgesellschaften an Gemeinden vermietet werden, nach wie vor nicht umgesetzt ist.
  • Es ist eine tragfähige und realitätsnahe Finanzierung des Schülertransports im Gelegenheitsverkehr durch den Bund erforderlich: Angesicht der für den ländlichen Raum seit Jahren unrentablen Tarifsätze des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sind immer weniger Bus-Unternehmen bereit, den Schülertransport zu übernehmen. Obwohl die Gemeinden nicht zuständig sind, müssen sie hier für den Bund mit eigenen Mitteln in die Bresche springen, um das System der Schülertransporte, das sehr einseitig auf den Linienverkehr ausgerichtet ist, auch im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten. 

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